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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Hause gefahren. Oder mit einem ziemlichen Brummschädel, was Mike ihm von Herzen wünschte.
    Zweitens: Er lag verletzt in Rubens Haus. Dann würde Mike einen Notarzt rufen.
    Drittens: Er war tot. In diesem Fall würde Mike rasch wieder verschwinden und mit den Mädchen die weiteren Schritte besprechen.
    Streng genommen hätte Ilka bereits den Notarzt verständigen müssen. Aber als sie nach Hause gekommen war, hatte sie ausgesehen, als wäre sie Graf Dracula persönlich begegnet.
    Ganz offensichtlich hatte sie unter Schock gestanden – kein Wunder, nach dem, was sie gerade erlebt hatte. Sie hatten dem, was sie erzählte, kaum folgen können, weil sie so leise gesprochen hatte, immer wieder unterbrochen von quälend langen Pausen.
    Mike wusste nur zu genau, was das in ihr auslösen musste, gerade mal zwei Jahre nach der Entführung.
    Seine Finger zerquetschten das Lenkrad beinahe. Er knirschte mit den Zähnen. Sah diesen Mistkerl vor sich und hatte große Lust, ihm das überhebliche Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln.
    Vor dem Anwesen der Ritters standen zwei Wagen, ein alter weißer Mercedes und ein dunkler Volvo, dessen Farbe im diffusen Licht der Laterne nicht erkennbar war. Schwarz, schätzte Mike, oder dunkelblau.
    Die letzten Meter fuhr er im Leerlauf. Er stieg aus, lehnte die Tür jedoch nur an, um kein Geräusch zu verursachen. Er betrachtete die Nummernschilder. Der Volvo trug ein Kölner Kennzeichen mit den Buchstaben T U.
    Thorsten Uhland.
    Er war also noch da.
    Erst in diesem Moment begriff er, was das bedeutete: Thorsten war nicht, wie er gehofft hatte, quicklebendig nach Hause gefahren.
    Ihm wurde kalt.
    Im Haus der Ritters war alles dunkel. Einzig in Rubens Haus und in dem Nebengebäude, das von dem Haushälterehepaar bewohnt wurde, brannte Licht.
    Perfekt.
    Neugierige Blicke konnte er jetzt nicht brauchen.
    Er hatte Glück. Das Tor war noch nicht verschlossen.
    Mike näherte sich Rubens Haus, jede Sekunde darauf gefasst, eine Stimme zu hören, die ihn aufhalten wollte.
    Doch nichts geschah.
    Es war sehr still, bis auf das eine oder andere ferne Verkehrsgeräusch, das abgeschwächt vom Fuß des Hügels heraufdrang.
    Als er noch etwa zehn Meter von seinem Ziel entfernt war, sah Mike, dass mit der Tür etwas nicht stimmte. Er kniff die Augen zusammen.
    Sie war nur angelehnt.
    Der gepflasterte, vom Schnee befreite Weg schluckte das Geräusch seiner Schritte. Dennoch bewegte sich Mike auf Zehenspitzen. Er hatte keine Ahnung, in welchem Zustand er Thorsten antreffen würde. Was, wenn er völlig durchgeknallt auf ihn lauerte?
    Unwahrscheinlich. Dennoch wäre ihm das weitaus lieber gewesen als die beiden übrigen Möglichkeiten, die er sich ausgemalt hatte.
    Als er an der Tür angelangt war, spürte er, wie die Härchen in seinem Nacken sich aufrichteten.
    Mike beobachtete, wie seine Hand die Tür aufschob. Das Licht blendete ihn.
    » Hallo«, sagte er leise und wünschte sich woandershin.
    Im nächsten Moment sah er ihn.
    Thorsten lag auf dem Rücken, den Kopf ein klein wenig zur Seite geneigt. Er hatte die Augen geschlossen und seine Gesichtszüge waren entspannt.
    » Hallo«, wiederholte Mike flüsternd.
    Er hatte absolut keine Lust, näher heranzugehen oder Thorsten gar anzufassen, um zu überprüfen, ob er noch lebte. Er hatte keine Lust, irgendwelche Entscheidungen zu treffen.
    Er hatte keinen Bock, überhaupt hier zu sein!
    Mike schluckte ein paar Mal trocken und schwer, dann trat er auf Thorsten Uhland zu und ging neben ihm in die Hocke.
    Er berührte ihn an der Wange. Die Haut war warm und wirkte gut durchblutet. Fast kamen ihm die Tränen, so froh war er. Alles in Ordnung. Ilka würde keine Schwierigkeiten bekommen.
    Aber wieso lag Thorsten immer noch so da?
    Wie lange konnte eine Ohnmacht dauern?
    Noch einmal überwand er sich und legte die Finger auf Thorstens Halsschlagader unter dem dünnen blauen Seidentuch, das er trug.
    Nichts.
    Er fühlte keinen Puls.
    Auf einmal war eine andere Stille im Raum. Eine Stille, in der er sein eigenes Blut durch die Adern rauschen hörte.
    Ihm wurde schwindlig.
    Voller böser Vorahnungen beugte er sich über Thorstens Handgelenk.
    Kein Puls.
    Thorsten Uhland war tot.
    *
    » Tot? Was soll das heißen – er ist tot?« Ilka hämmerte mit den Fäusten auf Mikes Brust ein. » Er kann nicht tot sein!« Sie schluchzte auf. » Du irrst dich! Mike! Sag, dass du dich irrst!«
    Mike wehrte sich nicht. Er beugte lediglich den Kopf zurück, damit Ilka nicht sein Gesicht

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