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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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der Kommissar. » Haben Sie auch nichts bemerkt?«
    Emilia schüttelte langsam den Kopf.
    Thorsten Uhland hatte der Mann geheißen, und nun war er tot. Sie konnte sich einfach keine Namen merken. Aber dass er tot war, würde sie nicht vergessen.
    Tot, dachte sie. So ein kurzes Wort, dabei dauert der Tod doch ewig. Das hatten sie in der Schule gelernt. Und in der Kirche.
    Der Tod währet ewiglich.
    Oder war es die Liebe?
    Durch Emilias Kopf zogen wie Nebelschwaden die Reste eines Traums. Sie fühlte Hortenses Blick auf ihrem Gesicht und weigerte sich, ihn zu erwidern.
    » Wann hat Merles Anruf Sie erreicht?«, fragte der Kommissar.
    Die liebe Merle, dachte Emilia. Was würden wir bloß ohne sie tun?
    » Gegen halb neun«, nahm Hortense ihr die Antwort ab. » Um die Zeit gehen wir üblicherweise zu Bett.«
    Nur dass wir nicht wirklich zu Bett gehen, dachte Emilia. Wir flüchten bloß voreinander.
    » Sie hat sich nach Ilka erkundigt«, richtete der Kommissar sich an sie.
    » Ja.« Emilia hatte das Wort probehalber ausgesprochen, und als sie merkte, dass sie das Kichern anscheinend erfolgreich unterdrückt hatte, traute sie sich an einen vollständigen Satz heran. » Ich habe aus dem Fenster geguckt und … den Wagen, den Merle mir beschrieben hat, nicht mehr gesehen. Ilka war wohl schon weggefahren.«
    » Aus welchem Grund, glauben Sie, haben Ilka Helmbach und Thorsten Uhland sich getroffen?«, fragte der ältere der anderen beiden Polizisten.
    Um zu überlegen, wie sie uns am besten Rubens Bilder wegnehmen können, dachte Emilia, hütete sich jedoch, es auszusprechen. Hortense hätte es gewiss wieder unpassend gefunden.
    » Nun«, sagte Hortense auf ihre unnachahmlich hochnäsige Art. » Es ging wohl um Fragen der Nachlassregelung.«
    Emilia verzog den Mund und äffte sie stumm nach.
    Aber nur kurz.
    Ein verstohlener Blick zeigte ihr, dass keiner der Männer es bemerkt hatte. Auch Hortense nicht. Die war vollauf damit beschäftigt, sich in der ungewohnten Aufmerksamkeit zu suhlen, die man ihr schenkte.
    Sie redeten weiter. Es ging um dies und das.
    Unwichtig.
    Alles, was zählte, war der tote Mann in Rubens Haus.
    Emilia schauderte. Ihr war schrecklich kalt, und sie sehnte sich nach ihrem Bett und einer schönen heißen Wärmflasche.
    *
    Birger hatte das Foto an eine Mitarbeiterin weitergegeben, um die Suche nach Ilka Helmbach zügig anlaufen zu lassen. Einer der unschätzbaren Vorteile des Medienzeitalters, dachte Bert, war die Möglichkeit, die Suche nach vermissten Personen schnell und unbürokratisch öffentlich zu machen.
    Weniger rasch kamen sie bei der Befragung der Schwestern Ritter voran. Die alten Damen waren aus dem Schlaf gerissen worden und schauten mit großen Augen in eine Welt, die sie zu verwirren schien.
    Während Hortense sich allmählich in den Griff bekam, wirkte Emilia noch immer ziemlich mitgenommen. Ihr sonst so lebhaftes Gesicht hatte eine ungesund graue Farbe und ihre Augen waren ohne Glanz.
    Bert war deshalb froh, als die Haushälterin mit einem Tablett das Zimmer betrat und Teetassen auf dem Tisch verteilte. Sie schien sich in aller Eile etwas übergeworfen zu haben, denn das Rot ihres Rocks biss sich mit dem Violett ihres Pullis, was ihr in der Aufregung vermutlich nicht aufgefallen war.
    » Danke, Frau Morgenroth«, sagte Hortense. » Das Einschenken übernehme ich.«
    Der Tee war heiß und stark, und für eine Weile hörte man nur das beharrliche Ticken der Wanduhr. Bert ließ den Blick durch das viel zu dunkle Wohnzimmer wandern.
    Es war penibel aufgeräumt und blitzsauber. Nichts, so schien es, konnte das Gleichgewicht in diesem Haus ins Wanken bringen.
    » Hervorragender Tee«, lobte Rick. » Schön heiß und so stark, dass er Tote zum Leben erwecken könnte.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, als ihm bewusst wurde, was er da gesagt hatte. » Verzeihung.« Er schwitzte vor Verlegenheit. » Das war äußerst unpassend.«
    Emilia fing an zu kichern. Sie wurde von einem missbilligenden Blick ihrer Schwester zum Schweigen gebracht.
    Die Situation war absurd.
    » Wir haben nichts gesehen und nichts gehört.«
    Emilia nickte heftig zu den Worten ihrer Schwester. Ihr Tee schwappte über und bildete eine Pfütze auf der Untertasse.
    » Dann würden wir uns gern noch mit dem Ehepaar Morgenroth unterhalten«, sagte Birger.
    » Sie finden beide in der Küche.« Hortense griff nach dem schwarzen Stock, der an ihrem Sessel gelehnt hatte, und erhob sich. Der silberne Knauf hatte die Gestalt

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