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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Bilder.
    Sie hingen an den Außen- und an eingezogenen Stellwänden, die nur knapp unter die Decke reichten. Standen gestapelt in Holzcontainern. Zeichnungen und Skizzen lagen in einem wüsten Durcheinander auf mehrere Tische verteilt.
    » Schau dich in aller Ruhe um«, sagte Thorsten zu Ilka, als wär er mit ihr allein. » Wenn du Fragen hast, beantworte ich sie dir gern.«
    Damit verschwand er hinter einer der Stellwände und ließ sie allein.
    In aller Ruhe, dachte Mike. Der hat Nerven.
    Ilka hatte sich an seinem Arm festgekrallt. Ihr Atem ging schnell und stoßweise. Fast meinte Mike, ihre Angst riechen zu können.
    » Es sind bloß Bilder«, raunte er ihr zu. » Bloß Bilder, Ilka. Sie können dir nichts tun.«
    Sie reagierte nicht auf seine Worte, und Mike wusste, dass er Schwachsinn geredet hatte.
    Jedes einzelne dieser Bilder verfügte über dämonische Kräfte.
    Landschaften. Häuserschluchten. Fabrikgelände.
    Menschen.
    Und immer wieder das eine Frauengesicht.
    Völlig unvermutet tauchte es in den Wolken auf. Zwischen Körpern und anderen Gesichtern. Auf dem Grund eines Sees.
    » Gott …« Ilka hielt sich die Hand vor den Mund. Ihre Augen waren weit aufgerissen. » Oh, mein Gott …«
    Sie ließ Mike los und machte einen Schritt in den Raum hinein, der riesig war und in dem sie augenblicklich schrumpfte. Vielleicht würde er sie beim nächsten Schritt vollständig verschlucken.
    Ilka bewegte sich, als hätte sie die Kontrolle über ihren Körper abgegeben, als würde sie nur von ihren Muskeln und Sehnen gesteuert. Still ging sie an den Wänden entlang, verharrte vor keinem der Bilder, nahm sie einfach in sich auf.
    Einfach, dachte Mike. Das Wort können wir ab jetzt aus unserm Wortschatz streichen.
    Nichts würde mehr einfach sein ab heute, falls es je einfach gewesen war. Alles würde zurückkommen.
    Ilkas Ängste.
    Ihre Albträume.
    Ihre Todesangst.
    Es war ihm nicht gelungen, sie zu beschützen. Das hier war über sie hereingebrochen wie eine Naturgewalt, gegen die man sich nicht wappnen kann.
    Mike war den Tränen nah. Er wünschte, er könnte die Augen zukneifen und die Bedrohung verschwinden lassen. Doch daran, dass so etwas möglich war, hatte er schon als kleiner Junge gezweifelt.
    Er atmete tief in den Bauch hinein, um bloß nicht zu kotzen. Nicht hier, nicht jetzt, nicht inmitten dieser Bilder, durch die ein Toter zu ihnen sprach, den er nicht hören, dem er keinen Platz in seinem Kopf einräumen wollte.
    Von irgendwoher vernahm er leise Geräusche. Thorsten Uhland schien in Papieren zu blättern. Die Geräusche hätten beruhigend sein können, aber das war nicht so.
    Sie waren hektisch und legten sich wie ein feiner Schmerz auf seine Nerven.
    Mikes Blick folgte Ilka.
    Bevor er sah, wie sie sich an die Schläfe fasste, wusste er, was geschehen würde.
    Sie gab einen wimmernden Laut von sich und sackte auf dem Fußboden in sich zusammen.
    *
    Thorsten Uhland erreichte Ilka gleichzeitig mit ihrem Freund. Er blickte in ihr kalkweißes Gesicht und wollte ihr behutsam den Schal abnehmen, den sie um den Hals geschlungen trug.
    » Sie braucht Luft«, sagte er leise.
    » Ich mache das!«
    Thorsten zog sich sofort zurück. Er hatte nicht vor, einem Verliebten in die Quere zu kommen und sich dabei eine blutige Nase zu holen. Fasziniert beobachtete er, wie Mike sanft den Kopf seiner Freundin anhob und sie von dem Schal befreite.
    » Ilka?«
    Ihre Augenlider zuckten, ihre schmalen Hände verkrampften sich.
    » Ilka …«
    Sie öffnete die Augen und versuchte, sich zu orientieren. Dann wollte sie sich aufrichten, schaffte es jedoch nicht. Sie stöhnte.
    Thorsten hatte das Gefühl, diese Szene schon erlebt oder eher gesehen zu haben, aber es gelang ihm nicht, sie einzuordnen. Das blasse Gesicht, die geschlossenen Augen, der auf dem Boden hingestreckte Körper, all das war ihm so vertraut, dass er es blind hätte zeichnen können.
    Zeichnen …
    In seinem Kopf schlugen Türen auf und zu, die ihn in immer andere Szenen führten. Eine Galerie von Gesichtern zog an seinem geistigen Auge vorbei. Und alles hatte mit dieser Situation zu tun.
    » Ein Glas Wasser«, sagte Mike. » Schnell.«
    Es dauerte eine Weile, bis die Aufforderung bei Thorsten angekommen war. Dann erhob er sich aus der Hocke und lief in die kleine Spülküche, die sich an den Eingangsbereich anschloss. Er goss Mineralwasser in ein Glas und kehrte zu Ilka und Mike zurück.
    Auf dem Weg dahin glitt sein Blick über die Bilderwand am Ende des Raums,

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