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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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des Toten hatte sich Blut gesammelt, das an den Rändern bereits eintrocknete. Das Haar war am Hinterkopf verklebt.
    Bert erfasste die Umgebung mit einem raschen, geübten Blick. Das Dach war mäßig isoliert, die Temperatur hier drinnen nicht wesentlich höher als draußen. Dennoch hingen an zwei gespannten Leinen Wäschestücke. Hier und da waren Kartons abgestellt und ausrangierte Möbel.
    Die Bewohner des Hauses bemühten sich offenbar um eine gewisse Grundordnung. Es gab kein Durcheinander und keinen auffälligen Schmutz.
    Was hatte der Tote hier oben zu suchen gehabt?
    Wann war er heraufgekommen?
    Wer hatte ihn gefunden?
    Nicht nur sein ursprünglich beigefarbener Kapuzenpulli und das T-Shirt waren blutgetränkt. Auch die Jeans war über und über von Blut durchdrungen.
    Der Notarzt hatte die Leiche nicht komplett entkleidet. Das war auch nicht nötig, wenn er zu dem Entschluss gekommen war, einen nicht natürlichen Tod zu bescheinigen.
    Alles Weitere würde die Obduktion ergeben.
    » Eine erhebliche Verletzung am Hinterkopf.«
    Dr. Dreisam beugte sich tiefer über den Toten.
    » Eine Stichverletzung am Hals, die die Halsschlagader knapp verfehlt hat. Zwei Stichverletzungen im Bauch- und eine im Brustbereich, die ihm mit enormer Gewalt beigebracht wurden. Welche der Verletzungen tödlich war, kann ich unter diesen Umständen nicht sagen. Das ist Sache der Rechtsmedizin.«
    » Wann trat der Tod ein?«, fragte Rick.
    Dr. Dreisam schob die zurückgeklappte Kleidung des Toten notdürftig wieder an Ort und Stelle. Er erhob sich, streifte die dünnen Handschuhe ab und ließ sie in eine Tüte fallen, die er aus seiner Tasche gezogen hatte. Nachdenklich blickte er auf den Toten hinunter.
    » Die Totenstarre bildet sich gerade erst aus. Die extreme Kälte verlangsamt diesen Prozess. Ich würde sagen, vor etwa zwei, drei Stunden.«
    Bert schaute auf seine Armbanduhr. Vier Uhr fünfundvierzig. Es ging also um den schmalen Zeitraum von ein Uhr fünfundvierzig bis zwei Uhr fünfundvierzig. Was nichts über die Dauer des Sterbeprozesses aussagte und deshalb auch nichts über den Zeitpunkt der Tat.
    » Tatwerkzeug?«, fragte Rick.
    » Die Kopfwunde ist durch einen stumpfen Gegenstand verursacht worden. Die Einstiche rühren von einem Messer mit glatter Klinge her, ich schätze, etwa dreizehn, vierzehn Zentimeter lang. Doch da lege ich mich jetzt nicht fest. Auch das ist Sache der Rechtsmedizin.«
    Bert ließ seinen Blick über den glatten, leeren Betonboden gleiten. Vielleicht hatte der Täter die Tatwerkzeuge weggeschleudert und sie waren außerhalb des Lichtkreises gelandet. Zu einem Mord, der offenbar von heftiger Wut zeugte, passte das.
    Aber aus welchem Grund hatte der Täter überhaupt zwei unterschiedliche Tatwerkzeuge benutzt? Hätte es nicht ausgereicht, sein Opfer zu erschlagen?
    » Wieso zwei Tatwerkzeuge?«, fragte Rick da auch schon.
    » Um sicherzugehen, dass das Opfer wirklich sterben würde?« Bert sah dem Notarzt dabei zu, wie er die blutige Schere in einen Plastikbeutel fallen ließ und seine übrigen Sachen zusammenpackte. » Oder um es noch tiefer zu verletzen?«
    Dr. Dreisam verabschiedete sich.
    Wenige Minuten später war klar, dass keine der Tatwerkzeuge zurückgelassen worden war.
    » Der Schlag auf den Kopf ist wahrscheinlich zuerst erfolgt«, überlegte Rick. » Dann hat der Täter auf sein Opfer eingestochen.«
    » Voller Zorn«, sagte Bert.
    Rick nickte. Er leuchtete dem Toten mit einer kleinen Taschenlampe ins Gesicht. Die Stablampe hatte der Arzt wieder mitgenommen. Doch im Treppenhaus waren schon die Schritte der Kollegen von der Spurensicherung zu hören, die vernünftiges Licht mitbringen würden.
    Rick stellte sich an die Tür, um sie zu erwarten.
    Bert ging neben dem Toten in die Hocke.
    Bodo Breitner, dachte er.
    Es war ihm wichtig, dass der Tote einen Namen hatte. Er weigerte sich, ihn nur als Opfer eines Täters zu sehen.
    Bodo Breitners Leben war grausam beendet worden. Das war nicht umkehrbar. Aber eines konnten sie noch für ihn tun: ihm seine Würde lassen.
    Vorsichtig betastete er die Kleidung des Toten und zog aus der rechten Hosentasche einen Schlüsselbund hervor, den er neben sich ablegte.
    Bodo Breitner hatte einen durchtrainierten Körper gehabt.
    Kraftsport, dachte Bert. Vielleicht ist er auch gelaufen.
    Möglicherweise war er vor dem Angriff beim Sport. Oder er hatte vorgehabt, Sport zu machen. Die Jeans, die er trug, war lässig und weit genug geschnitten, um ihn nicht

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