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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Ausdruck von Erstaunen, was Dora verunsicherte wie am ersten Tag. Nie wusste sie, woran sie mit dieser Frau war, die so gebrechlich und schutzbedürftig wirken konnte und im nächsten Moment mit einer erstaunlichen Kraft um sich schlug.
    Ihr war Hortenses direkte Art fast lieber, auch wenn sie sich vor der barschen, herrschsüchtigen Frau insgeheim fürchtete. Wofür sie sich schämte und was sie deshalb nicht einmal ihrem Mann eingestand.
    Von Hortense wurde man nicht überrascht. Man erwartete das Schlimmste und bekam es geliefert.
    Die beiden Damen waren lange außer Haus gewesen (jede für sich, wie immer, nie gingen sie zusammen aus) und beide erst spät zurückgekehrt. Normalerweise aßen sie eine Stunde früher zu Abend, manchmal zwei. Dora fragte sich, was sie so lange aufgehalten haben mochte.
    Die Taxis hatten sie im Abstand von einer Viertelstunde am Tor abgesetzt. Vielleicht hatten die Schwestern sich abgesprochen, doch Dora bezweifelte das. Sie wechselten kaum ein Wort miteinander, und wenn, dann gifteten sie sich an.
    Sie wunderte sich, dass Menschen überhaupt zusammenlebten, wenn sie einander doch so wenig ausstehen konnten.
    Mit ihren Geschwistern in einem Haus zu wohnen, war für sie selbst unvorstellbar. Jeder von ihnen lebte sein Leben und beäugte das der andern kritisch.
    Mord und Totschlag würde das geben, dachte sie, als sie das Esszimmer verließ, um in der Küche das Dessert vorzubereiten.
    Die Schwestern hatten ihre festen Gewohnheiten. Dazu gehörte auch, dass sie die Mahlzeiten, die in der Regel aus drei Gängen bestanden, gemeinsam einnahmen. Doch in letzter Zeit kam es häufiger vor, dass eine von beiden sich verspätete und die andere ohne sie mit dem Essen begann.
    Das machte die Arbeit für Dora nicht leichter, weil ihr die Zeit, die sie auf diese Weise länger in der Küche verbringen musste, für andere Aufgaben fehlte.
    » Wo bist du gewesen?«, hörte sie Emilia fragen.
    » Doppelkopf«, antwortete Hortense knapp.
    Sie spielte regelmäßig mit Freundinnen. Um Geld. Einmal im Jahr verprassten sie das, was sie zusammengespielt hatten, an einem Wochenende an der Mosel, wo sie wanderten, gut aßen und Weinproben kosteten.
    » So lange?«, hakte Emilia nach.
    » Und du?«, fragte Hortense, statt zu antworten.
    » War unterwegs.«
    Emilia konnte genauso einsilbig sein wie ihre Schwester. Und genauso wenig mitteilsam. Dora bezweifelte, dass irgendjemand wusste, was Emilia unternahm, wenn sie unterwegs war.
    Damit hatte sich das Gespräch erschöpft. Nach einer Weile hörte Dora die ersten Stuhlbeine über den Holzboden scharren, kurz darauf das Knarren der Treppenstufen.
    Sie ging ins Esszimmer, in dem nur noch Hortense am Tisch saß.
    » Brauchen Sie noch etwas?«, fragte sie.
    Hortense verneinte schroff.
    » Hatten Sie einen schönen Tag?«, wagte Dora sich vor.
    Ein misstrauischer Blick aus den wässrigblauen Augen traf sie und verwandelte sich in leise Verachtung. Dora fing an zu schwitzen, und daran waren nicht nur die Wechseljahre schuld.
    » Verzeihung. Ich wollte nicht neugierig sein.«
    Hortense legte das Besteck auf den Teller und tupfte sich den Mund mit ihrer Serviette.
    » Sie dürfen abräumen«, sagte sie kühl, erhob sich und verließ das Zimmer.
    Die Serviette war aus blütenweißem Stoff, gestärkt und geplättet. Man hätte sie gut und gern noch einmal benutzen können. Doch Hortense hatte sie gefaltet und auf ihrem Teller abgelegt, auf dem Reste von Fisch und Sahnemeerrettich verschmiert waren.
    Manchmal hasste Dora die Schwestern für ihr herablassendes Gehabe. Dann sehnte sie sich nach einem Job, wie andere ihn hatten, mit geregelter Arbeitszeit und netten Kollegen.
    Aber es war ein Glücksfall gewesen, diese Anstellung zu finden, noch dazu gemeinsam mit ihrem Mann. So etwas gab man nicht leichtfertig auf, erst recht nicht in Krisenzeiten wie diesen.
    Seufzend machte sie sich daran, den Tisch abzuräumen. Man konnte nicht alles haben. Je eher man das akzeptierte, desto besser gelang es einem, sich zu bescheiden.
    Was blieb ihr auch anderes übrig?
    *
    Mike hatte gehofft, Ilka wäre seinetwegen nach Bröhl gekommen, doch schon nach wenigen Minuten hatte sie ihm den wahren Grund genannt.
    Sie wollte sich mit Thorsten Uhland treffen, um Rubens Bilder zu sehen.
    Mike hatte seine Enttäuschung tapfer heruntergeschluckt. Er hatte sich in den Berufsverkehr eingefädelt, der selbst die Ausläufer einer so kleinen Stadt wie Bröhl an manchen Abenden bis in die Innenstadt

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