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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Die Geschichte einer verbotenen Liebe, die Ruben unter dem Schleier der Verfremdung jahrelang vor der ganzen Welt ausgebreitet hatte.
    Unzählige Menschen hatten seine Bilder gesehen und bewundert, und niemandem außer Jette war aufgefallen, was doch klar auf der Hand lag.
    Ilka spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog. Sie bedeckte ihn mit beiden Händen, um ihn zu beruhigen.
    Der Nachlass würde den Hype um Ruben wieder aufleben lassen. Die Zeitungen würden wieder über ihn schreiben. Das Rätselraten über die junge Frau, die auch auf beinah jedem der bislang unbekannten Bildern auftauchte, würde wieder losgehen. Man würde die Geschichte von Ilkas Entführung wieder hervorkramen, Spekulationen anstellen, Rückschlüsse ziehen.
    Und sie selbst würde vom Strudel ihrer Erinnerungen erfasst und hinabgezogen werden in eine Tiefe, in der keine Freude mehr war, kein Licht und keine Luft.
    Ilka machte die Leselampe an und griff nach dem Buch, das neben ihr auf dem kleinen Nachttisch lag. Ein Gedichtband, den Mike ihr einmal geschenkt hatte, eine Sammlung von Gedichten unterschiedlichster Lyriker.
    Sie konnte sich in den Zeilen verlieren und alles vergessen, zumindest für kurze Zeit.
    Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
    die sich über die Dinge ziehn.
    Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
    aber versuchen will ich ihn.
    Ilka ließ das Buch sinken. Jedes Mal, wenn sie diese Strophe las, war ihr, als hätte Rilke beim Schreiben an sie gedacht. Als wollte er ihr Mut zusprechen. Und jedes Mal begriff sie, dass Aufgeben keine Lösung war.
    Sie hatte so oft in hoffnungslosen Situationen gesteckt, war so oft hingefallen und wieder aufgestanden – warum sollte es diesmal anders sein?
    Sie legte das Buch beiseite und löschte das Licht. Lag im Dunkeln wach und dachte nach.

In der Frühbesprechung hatte ein ruppiger Ton geherrscht. Einige der Kollegen konnten nicht miteinander, und manchmal reichte ein Funke, um die angestauten Aggressionen explodieren zu lassen.
    Es war Bert schon oft gelungen zu schlichten, doch heute hatte er nur noch den Wunsch gehabt, es so rasch wie möglich hinter sich zu bringen. Er hatte lange unter einem jähzornigen Chef gearbeitet und keine Lust mehr auf Psychospielchen.
    Das Klinkenputzen hatte gerade erst angefangen, es gab also noch keinen Grund, die Nerven zu verlieren. Rick dachte ebenso, und Bert war froh darüber. Die Zeit für Hektik und Nervosität würde ohnehin früh genug kommen.
    Kollegen würden die Nachbarn Bodo Breitners noch einmal genauer befragen und sich in der Straße umhören.
    Familie hatte der Tote in den vergangenen Jahren kaum gehabt. Die Eltern in einer kaputten Ehe gefangen, ein Bruder, eine Schwester, beide bereits aus dem Haus. Leere Weinflaschen in der Küche und im Flur, randvolle Aschenbecher überall.
    Bodo Breitners Sterben hatte keine sichtbaren Wellen geschlagen.
    » Die Eltern haben seinen Tod zur Kenntnis genommen und genau an der Stelle mit ihrem Leben weitergemacht, an der sie von uns unterbrochen wurden …«
    Behaupteten die Kollegen, die die Todesnachricht überbracht hatten. Selbst ihnen, die bereits einiges gesehen hatten, war die scheinbare Interesselosigkeit der Eltern unter die Haut gegangen. Die Mutter hatte sich schließlich widerstrebend bereit erklärt, ihren Sohn zu identifizieren.
    Auch dabei hatte sie keine Träne geweint.
    Bert hütete sich, daraus voreilige Schlüsse zu ziehen. Es gab Menschen, die nach innen weinten. Man sah ihnen nichts an, während in ihnen die Hölle losbrach. Für den Fall spielten diese Überlegungen im Augenblick keine Rolle.
    Rick war in Berts Büro gekommen, um kurz die nächsten Schritte zu besprechen. Sie tranken einen Kaffee zusammen und rekapitulierten das Wenige, das sie schon in Erfahrung gebracht hatten.
    Noch hatten sie kein Motiv entdeckt, das den Mord erklärt hätte. Der Tote war ein unauffälliger Mensch gewesen, der seine letzten Tage fast ausschließlich auf dem Anwesen der Ritters und in seiner Wohnung verbracht hatte.
    » Nichts Spektakuläres«, murmelte Rick. » Kein Haken, keine Kante, an der man ansetzen könnte.«
    » Er muss Freunde und Bekannte gehabt haben«, sagte Bert. » Jeder Mensch hat ein Umfeld. Besonders für junge Menschen sind soziale Kontakte lebenswichtig.«
    Ihm war durchaus bewusst, dass es mit seinem eigenen Umfeld im Augenblick ebenfalls nicht weit her war. Er konnte froh sein, dass er sich so gut mit Rick verstand, der ihn hin und wieder für ein Bier

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