Der Bilderwächter (German Edition)
oder zwei aus der Wohnung lockte.
Die Eltern und Geschwister hatten keinen Kontakt zu dem Toten gehabt und wussten nichts über sein Privatleben. Die Ritterschwestern hatten kein einziges Gespräch mit ihm geführt. Seine Nachbarn kannten gerade mal seinen Namen.
» Wo, zum Teufel, hat dieser Typ gelebt?«, fragte Rick. » In einem parallelen Universum? Es ist ja fast so, als wär er unsichtbar gewesen.«
» Wir müssen bei Thorsten Uhland ansetzen«, überlegte Bert. » Es kann nicht sein, dass er so gar nichts über seinen Mitarbeiter zu sagen weiß.«
» Sehe ich genauso.« Rick nickte. » Vielleicht ist er heute ein bisschen zugänglicher. Wir könnten uns direkt in seinem Privatmuseum verabreden.«
Es ging darum, das erste Teilchen des Puzzles zu finden. Mit der Zeit würde sich dann eins ans andere fügen.
Rick nahm sein Handy und tippte eine Nummer aus seinem Notizbuch ein.
» Herr Uhland? Rick Holterbach hier. Wir möchten gern einen Blick auf Ruben Helmbachs Nachlass werfen … Können wir uns auf dem Anwesen der Ritters treffen? … Sehr schön, ja … Am besten gleich … Gut, sagen wir, in einer Dreiviertelstunde … Bis dann.«
Im nächsten Moment stand er schlüsselklimpernd an der Tür.
» Loss jonn!«
Bert mochte es, wenn der Kölner in Rick durchbrach. Schmunzelnd erhob er sich von seinem Schreibtischsessel und griff nach seinem Mantel. Kurz darauf fuhren sie durch das dichte Schneetreiben.
Mit der Dreiviertelstunde würde es vermutlich nichts werden.
*
Ich hatte mich gerade in eine höllisch enge Parklücke gequetscht, als mein Handy klingelte. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass es der Kommissar war, der anrief. Ich hatte seine Nummer noch nicht gelöscht. Das hatte uns schon ein paar Mal den Kopf gerettet.
Kurz überlegte ich, das Gespräch nicht anzunehmen, doch dann wurde mir klar, dass ich den Anruf schlecht ignorieren konnte. Wenn der Kommissar mich sprechen wollte, gelang es ihm auch, mich irgendwie zu erwischen. Ich würde das Problem also nur verschieben.
» Hallo, Herr Kommissar«, sagte ich.
» Hallo, Jette.« Er schien im Auto zu telefonieren. Die Verbindung war nicht besonders gut. » Wie geht es Ihnen?«
» Gut. Danke. Aber deswegen rufen Sie bestimmt nicht an.«
» Richtig. Ich habe gestern Morgen Ihre Freundin Merle getroffen, und das hat mich nachdenklich gestimmt.«
» Davon hat sie mir gar nichts erzählt.«
» Hat sie nicht?«
» Nein. Ich verstehe nicht …«
» In Köln ist ein Mann getötet worden, der in gewisser Weise mit den Ritters in Verbindung stand.«
Mir wurde schlecht.
» Jette? Sind Sie noch da?«
» Entschuldigung. Ja. Ich … das haut mich gerade ziemlich um.«
» Sagt Ihnen der Name Bodo Breitner etwas?«
» Nein.«
» Was wissen Sie über den Nachlass Ruben Helmbachs?«
Kälte kroch durch meine Adern. Eine Ahnung von etwas, das ich nicht wahrhaben wollte.
» Hat der Tod des Mannes damit zu tun?«
» Würden Sie bitte meine Frage beantworten, Jette?«
» Ich weiß nur, dass Ilka jetzt einige Entscheidungen treffen muss. Aber … wieso fragen Sie sie nicht selbst?«
» Das werde ich tun.« Er schwieg einen Moment lang und ich konnte im Hintergrund die Fahrgeräusche hören. » Jette?«
» Ja?«
» Sie wissen sicherlich, was ich Ihnen sagen will?«
Natürlich wusste ich das. Sein Anruf sollte mich davon abhalten, mich wieder in etwas einzumischen, was nur ihn etwas anging, seine Arbeit nämlich.
» Ich habe nicht vor, Detektiv zu spielen, Herr Kommissar. Erstens habe ich von dem Mord nichts gewusst, und zweitens geht mich der Tote ja auch gar nichts an.«
» Selbst wenn es so wäre – ich möchte keine Einmischung, Jette. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
Erst seine Hartnäckigkeit und seine Strenge machten mir deutlich, dass der Tote mich sehr wohl etwas anging. Weil er in irgendeiner Weise mit Rubens Nachlass und deshalb mit Ilka zu tun hatte.
» Durchaus«, sagte ich, und das Gespräch war beendet.
Ich hängte mir die Tasche über die Schulter und wählte Merles Nummer.
» Hi, Jette, Schätzchen. Sehnsucht nach mir?«
» Der Kommissar hat gerade angerufen.«
» Oh. Ich hab vergessen, dir von ihm zu erzählen.«
» Hab ich gemerkt.«
» Ich war so durcheinander wegen Claudio und Paulina und dann auch noch Ilka, die völlig fertig ist und …«
» Wer war Bodo Breitner?«, fragte ich, bevor Merle eine ihrer langen Opern erzählte.
» Er hat für Thorsten Uhland gearbeitet und Rubens Nachlass
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