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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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du versuchst, dem alten Knaben irgendwie Geld rauszuleiern …« Entgeistert schaute sie mit einem Ruck auf. »Oder …« Er holte tief Luft und fürchtete sich beinah davor, es auszusprechen. »Oder du schützt den Mörder.«
    Sie wandte den Blick ab.
    Und oh, diese Stille.
    Er lud sich ungefragt zum Duschen ein und schlüpfte in seine noch feuchten Kleider. Er konnte es kaum erwarten zu verschwinden. Inmitten der kabbeligen See seiner Wut und seiner Seelenqual beteuerte eine klägliche kleine Stimme: Es hätte ohnehin nicht funktioniert, Kumpel. Besser jetzt als später, oder?
    Stumm hasste er die Stimme und fühlte sich weiter schrecklich, als er auf den Ausgang zustapfte. Zu seiner Überraschung erwartete sie ihn mit geröteten Augen halb angezogen auf einem Sitzsack neben der Tür.
    »Hasse mich nicht.«
    »Tu ich nicht«, brummte er, ohne die Schritte zu verlangsamen, und meinte es ernst.
    »Dann sei nicht enttäuscht von mir.«
    Scharfsinnig .
    Mit einer Hand an der Tür hielt er inne und drehte sich um, ohne zu wissen, was er sagen sollte, doch er fühlte instinktiv, dass etwas gesagt werden musste. Auf der Suche nach einer Eingebung ließ er den Blick wahllos durch den Raum wandern, und dabei beschlich ihn der Eindruck, dass die Klinik zu aufgeräumt wirkte. Stühle und Sitzsäcke bildeten einen ordentlichen Kreis, Ausrüstung war verstaut worden. Weihrauchgestank schwebte wie ein Geist durch die Luft. Schließlich fiel ihm etwas ein.
    »Lügen liegt dir einfach im Blut.« Er zuckte mit den Schultern. »Kann dir keinen Vorwurf daraus machen. Du kannst nicht anders.«
    »Das stimmt nicht. Das ist nicht …«
    »Natürlich stimmt es. Schau.« Er klatschte mit einer Hand auf ein Poster an der Wand, das zwischen Dutzenden anderen hing. »Du hast sie wieder aufgehängt.«
    »Und?«
    »Also hast du es Glass nicht gesagt, oder? Letzte Nacht, deine große Beichte? Dein Neuanfang?«
    Mary verbarg das Gesicht.
    »Du hast die verdammte Routine abgespult. Rückführungen, Notizen machen … Verfickter unaufgestiegener Meister, der ganze Scheiß. Dasselbe wie jede Woche.«
    »Ich konnte es ihm nicht sagen!« Es war beinah ein Aufschrei. »Sein Gesicht! Er wäre so …« Ihr gingen die Worte aus, dann fasste sie sich erstickt. »Es ist das Einzige, worin ich gut bin«, flüsterte sie.
    »Wie ich schon sagte. Du kannst nicht anders.«
    Damit drehte er sich wieder der Tür zu.
    »Die Briefe!«, rief sie eindringlich. »Ich konnte den Bullen nicht Bescheid geben. Ich musste sie schicken!«
    Eine weitere Pause an der Tür, ein weiterer verzweifelter Ausbruch von Aufmerksamkeitsschwerkraft, die an seinem Rücken zog. »Warum?«
    »Es … es ist Karl.«
    Ja .
    Shaper spürte, wie er sich wieder umdrehte und die Arme vor der Brust verschränkte. »Ich höre.«
    »Er … oh Gott  …« Sie kämpfte mit sich, suchte nach einem Ausweg, bis schließlich ihre Schultern herabsackten, ihr Kopf nach vorn sank und sie sich geschlagen gab. »Ich hab dir doch erzählt, dass er Glass gehasst hat, oder?«
    »Ja.«
    »Tja, da ist noch mehr. Bei der … bei der Verhandlung. Ma hat mich am ersten Tag mitgenommen.«
    »War das nach der Sache in Soho? Als Karl diesen Typ umgebracht hat?«
    » Versehentlich . Ja.«
    Shaper zuckte mit den Schultern und schmeckte die widerliche Stimme des Mannes wie einen mentalen Reflux im Mund. »Die Wahrheit ist« , hatte er gesagt, »dass ich’s wahrscheinlich so oder so getan hätte, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätte   …«
    »Es war während der Eröffnungsplädoyers«, murmelte Mary. »Glass trat als Leumundszeuge auf. War die Idee meiner Mutter.«
    »Und Karl war darüber nicht glücklich?«
    »Nein, aber … Ich meine, was sollte schon groß dabei sein? Glass hat genau die richtigen Dinge gesagt. ›Er ist ein netter Junge, würde keiner Fliege was zuleide tun.‹ All so was. Dann allerdings wurde er irgendwie … exzentrisch. Du weißt ja, wie er sein kann. Er fing an, zu behaupten, Karl besäße ›Hellsicht‹ und … Fähigkeiten. ›Er ist zu wichtig, um ihn wegzusperren‹, hat er gesagt.« Mary seufzte. »War wohl seine Vorstellung von einem Alibi. Er hat es zwar gut gemeint …«
    »Aber es kam bei der Verhandlung nicht gut an?«
    »Nein.«
    Shaper stellte sich einen Richter mit hochrotem Kopf und wackelnden Wangen vor, der über Glass’ esoterischen Unsinn wetterte.
    »Na jedenfalls, mitten in alldem Tumult steht Karl auf und fängt zu schreien an. Sagt, dass er Glass hasst.

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