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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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Türspion verschwamm vor seinen Augen. Wie ein winziges Kaleidoskop wirbelte die kleine Öffnung vor Feuer und Blut, und er musste innehalten und durchatmen – die Augen zusammenkneifen, sich beruhigen, blinzeln und denken  –, bevor sich das Chaos legte und er ungehindert hindurchblicken konnte.
    Auf dem Flur befand sich ein Dämon.
    Oh Gott, nein, bitte nicht, Scheiße, nein   …
    Der Atem stockte ihm in der Kehle, sein Körper erstarrte.
    Er sah eine Gestalt – mehr oder weniger. Das vor giftigen Gasen und abstrakten Winkeln brodelnde Gesicht waberte und loderte, bald eine blaue Maske, bald eine Sturmhaube mit bleicher, klammer Haut hinter unregelmäßigen Schlitzen, bald ein Schild aus Fernsehrauschen.
    Reiß dich zusammen! Atme!
    Die Gestalt kratzte an der Tür, und Shaper wäre beinahe vom Spion zurückgesprungen, überwältigt von der Nähe der Erscheinung. Aber nein, er konnte sich nicht rühren, konnte den Blick nicht abwenden, konnte kaum denken. Ein letzter Splitter von Rationalität erhob verwirrt in seinem Schädel die Stimme – Karl ist in einer Zelle! Was soll das? Aber die Frage, die sich in seinem Mund verdichtete – Wer bist du?  – weigerte sich, über seine Lippen zu dringen. Erstarrt, gelähmt, wie der Rest seiner selbst.
    Die Gestalt schaukelte und krümmte sich in einem engen Radius, und erst als sie sich kurz aufrichtete, erhaschte Shaper einen flüchtigen Blick auf das, was sie bei sich trug.
    Es war ein trübes Licht. Eine schaurige Laterne aus knochigen Giebeln und geronnenen Seitenwänden, die keinen Sinn für seine Augen ergab und nur instinktiv abstoßend wirkte. An einer der bizarren, vorstehenden Konturen prangte eine klägliche Flamme, deren Schein träge Belichtungsschlieren über Shapers beeinträchtigte Sicht zog.
    Eine Kerze.
    Kaum hatte er sie gesehen, sank sie aus seinem schmalen Blickfeldtunnel und stieß mit einem leisen Pochen gegen das Holz neben dem Griff.
    Und im Schloss klickte etwas.
    Wie eine Bombenexplosion zuckte ein Ruck durch Shapers Körper. Ein Donnerschlag blanker Wut ließ das Eis in seinen Arterien zerspringen. Die Krankheit schrie entrüstet auf, und er konnte endlich die Arme heben, konnte mit den Fäusten heftig gegen die Tür trommeln.
    »Ich kann dich sehen , Pisser!«, brüllte er und hieb mit den Knöcheln auf das Holz ein, dass die Angeln nur so klapperten. »Verschwinde! Hau bloß ab!«
    Rings um ihn veränderte sich der Raum. Farben kehrten zurück, als bräche in seinem Gehirn ein Vulkan aus, der Rot- und Violetttöne an die Wände spie. Irgendwo raste Ziggy in blinder Panik über den Boden, ein Gewirr von trippelnden Füßen und hinterhergeschleiftem Schwanz. Shaper drosch immer noch auf das Holz ein. Seine Hände schmerzten, und er hatte das Gefühl, durch den grausamen Abgrund seiner Halluzinationen in den Tod zu stürzen.
    Irgendwann wagte er erschöpft einen weiteren Blick durch den Türspion.
    Ein schwarzer Schemen schlich wie Ruß im Wind die Treppe hinab und verschwand um die Ecke.
    Dann herrschte Stille. Das Geräusch seiner eigenen Atmung setzte nach und nach wieder ein, und er nahm das Rauschen von Blut in seinen Ohren wahr. Und …
    Ein Telefon?
    Und Shaper erwachte, stemmte sich keuchend vom Futon hoch und stolperte auf das Schrillen seines Mobiltelefons zu. Er brauchte eine ganze Weile, um die Orientierung zurückzuerlangen.
    Draußen herrschte Dunkelheit, stellte er fest. Der Wecker war nicht losgegangen, als er sollte, und sein Kopf beschwerte sich heulend über die chemische Unterversorgung. Wie er sah, versteckte sich Ziggy immer noch unter einem Stuhl. Shaper schloss die Augen und zwang sich, ruhiger zu werden. Er konzentrierte sich mühsam und drückte eine Taste auf dem Handy.
    Es war Canton.
    »Ich dachte mir, du würdest es wahrscheinlich gern wissen«, sagte der Bulle. »Wir mussten Karl laufen lassen.«
    Shaper starrte an die Innenseite der Tür und spürte die dumpfen Schmerzen in seinen Fäusten.
    Ach was , dachte er.
    »Ich ruf dich zurück«, sagte er und griff nach seiner Jacke.
    Er fuhr zu schnell. Rings um ihn protestierten Hupen. Er hatte sich eine so heftige Dosis von Aufputschmitteln verpasst, dass die Vorzüge seines üblichen Autopiloten eine Galaxie weit entfernt zu sein schienen. Er fuhr über rote Ampeln und raste holpernd über Temposchwellen hinweg. Durch seine Brust und seine Stirn pulsierte ein Pochen wie ein mächtiger Trommelwirbel.
    »Erzähl mir alles«, rief er barsch ins Handy.
    »Bis

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