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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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an?«
    »Ich wollte bloß freundlich sein. Eigentlich … wollte ich mich für vorhin entschuldigen. Ich hoffe, ich bin nicht unhöflich rübergekommen.«
    Er konnte beinahe hören, wie ihr klar wurde, dass sie aus der Rolle gefallen war, und wie sie sich mental zurück auf Linie brachte. »Oh«, sagte sie. »Tja. Das … Danke. Aber machen Sie sich deshalb keine Gedanken. Es war eine Menge Anspannung im Raum – schlechte Energie, wissen sie? Und ich … habe yogisches Fliegen geübt, wenn Sie es schon wissen müssen. Gerade eben.«
    Shapers Kiefer mahlten. »Yogisches Fliegen.«
    »Yogisches Fliegen.« Fast ohne Scham.
    »Und was ist das?«
    »Also … man … man sitzt in gewisser Weise … und hüpft mit untergeschlagenen Beinen. Das hilft, die eigenen Energien zu kanalisieren. Man bewegt sich auf und ab, so lange man …«
    »Und tun Sie das allein?«
    »Wie bitte?«
    »Nichts.« Idiot. »Das … Sie machen das häufig, nicht wahr?«
    »Also, ich versuch’s, aber …« Die Stimme verstummte. Er stellte sich vor, wie sie blinzelte und sich besann. »Mr. Shaper, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber was wollen Sie? Es ist wirklich spät.« Ein nachträglicher Einfall: »Und woher haben Sie diese Nummer?«
    »Und hopsen Sie jede Nacht rum?« Er konnte nicht widerstehen.
    »Hören Sie, ich würde gern über die Technik mit Ihnen diskutieren, aber im Augenblick habe ich vor, gleich unter die Dusche zu springen« – oh Gott  – »und falls ich Ihnen nicht bei irgendetwas weiterhelfen kann, Mr. Shaper, würde ich …«
    »Dan«, unterbrach er sie. »Nennen Sie mich Dan.«
    »Was wollen Sie?«
    »Brunch. Lassen Sie uns zusammen Brunch essen.«
    »Was?«
    »Ich möchte Sie gern ausführen.«
    »Um … um über yogisches Fliegen zu reden?«
    »Nein. Gott , nein.«
    Ihre Stimme wurde ruhig. »Es geht um Glass, nicht wahr? Steckt er in Schwierigkeiten?«
    Shaper schüttelte den Kopf, noch nicht bereit, sich davon ablenken zu lassen. Er öffnete den Mund, um zu antworten, verspürte ein seltsames, angenehmes Kribbeln dabei, etwas so herrlich Gewöhnliches zu tun, wie zu plaudern, und …
    Und erstarrte mit finsterem Blick.
    Eines der Graffiti eines Penis mit Hoden war so fett – so gestaltlos –, dass es in seinen Augen anfing, zu einem Herzen zu werden, mit prallen Kammern, gesprenkelt mit weißen, borstigen Haaren.
    Überströmt von Blut.
    Aus einer verheerten Brust gerissen.
    »Äh …«, stammelte er.
    Bevor er es verhindern konnte, sah er vor sich die Leiche, das Blutbad, das Grauen … und saß dabei mit einer harpunengleichen Erektion auf einer Kloschlüssel. Die Götter der Selbstabscheu kackten ihm auf den Kopf.
    Jetzt schon? Er geriet in Panik und griff nach dem Pillenordner, um nachzudosieren.
    »Ich will ihm helfen«, platzte Mary hervor, ohne die Geräusche von Shaper wahrzunehmen, der eine Tablette schluckte. »Er … er ist so wichtig für uns. Für die ganze Welt. Bitte, was ist mit ihm los?«
    »Ich … Das kann ich echt nicht sagen.« Die Erinnerung an die Leiche verschwamm hinter seinen Lidern. Das tote Antlitz des Arztes wurde zu Glass’ Gesicht, der zerbrechliche Körper geplündert, das ruhige Lächeln zu einem stummen Schrei verzerrt.Eine zähe Flutwelle von Übelkeit türmte sich in Shapers Bauch auf.
    Die Krankheit, stärker und stärker …
    »Helfen Sie ihm?«, flüsterte Mary.
    »N-na ja, ich …«
    Nein .
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er lahm. Beschissener Feigling . »Ich bin noch nicht sicher.«
    Die Dosis machte sich bereits in seinen Adern bemerkbar, und Marys Stimme schien aus weiter Ferne zu ihm zu dringen. »Dann haben wir nichts mehr zu bereden.«
    Die Leitung war tot.
    Zurück im Pub, fand Shaper den Tisch verlassen vor, was seine Niedergeschlagenheit nur verstärkte. Er folgte den mürrischen Blicken einiger Stammgäste; halb in der Erwartung, zu sehen, wie es seine Gefährten auf der Theke miteinander trieben. Stattdessen stand Talvir in der Ecke, redete mit einem großen, kahlen Kerl und machte sich an der Jukebox zu schaffen. In all den Jahren, die Shaper schon herkam, hatte er nur einmal miterlebt, wie die alte Maschine benutzt worden war – von einigen bierbeschwipsten Burschen auf Kneipentour, die dachten, ein wenig Oasis wäre genau das, was dem Lokal fehlte. Shaper erinnerte sich noch daran, dass der Krankenwagen damals bewundernswert schnell eingetroffen war.
    Er wollte gerade los, um Tal vor einem ähnlichen Schicksal zu warnen, als

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