Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
Vom Netzwerk:
ihm der Gedanke kam, dass niemand einem offiziellen Lover von Vince auch nur ein Haar krümmen würde, unabhängig davon, was er spielen mochte. Außerdem bemerkte ihn der Junge ohnehin frühzeitig, formte mit dem Mund die Worte »Er ist hinten raus« und ahmte mit einer Geste das Rauchen einer Zigarette nach. Der Junge wirkte merkwürdig angespannt, und Shaper vermutete, das Liebespaar habe einen Knatsch gehabt.Ohne die Schritte zu verlangsamen, schwenkte er in Richtung Hinterausgang – Vince konnte schwierig sein, wenn er sowohl pissen musste als auch angepisst war –, da fing doch ausgerechnet Celine Dion zu schnulzen an.
    Die Rückseite des Mutt grenzte an eine trostlose Zufahrt, in der spätnächtliche Raucher den Gestank von billigem Fusel und das Gejaule von Katern ertragen mussten, um keine Aufmerksamkeit auf die geschlossene Gesellschaft im Pub zu ziehen. Vinces wandschrankartige Gestalt versperrte weder den Ausgang, noch war sie in der Gasse zu sehen, doch Shaper vermeinte, die Stimme des großen Kerls ein Stück entfernt zu hören, und so trat er mit den Händen in den Taschen hinaus.
    Ein Nieselregen hatte wieder eingesetzt – jene spezielle, allgegenwärtige Feuchtigkeit Londons; eine Art extraschwerer Nebel –, und nach reiflicher Überlegung beschloss Shaper, dass er Vince eine wärmende Zigarette abschnorren würde. Seine persönliche Vorgeschichte mit dem Rauchen war lang und kompliziert. Letztlich lief sie auf die gewiefte Selbsttäuschung hinaus, es fiele ihm so leicht, damit aufzuhören, dass er es ohne Weiteres alle paar Wochen tun konnte.
    Er folgte der Stimme zur Ecke und kramte unterwegs auf der Suche nach einem Feuerzeug durch seine unzähligen Taschen, dann wurde er langsamer. Seine Miene verfinsterte sich.
    »Hör mal«, sagte Vince, »er war bloß neugierig, in Ordnung? Hat nichts zu bedeuten.«
    Shaper erstarrte.
    »Außerdem is’ er heut Nacht nich’ hier. Kannst dich also ruhig verpissen. Is’ nichts passiert.«
    Eine zweite, höhnische Stimme ertönte. »Das beurteile ich, klar? Und lass die verdammten Hände, wo ich sie sehen kann.«
    Shapers Nackenhaare richteten sich auf. So redete nur jemand mit Vince, der entweder sehr dumm oder übernatürlich selbstsicher war.
    Also bewaffnet .
    Vorsichtig schlich er näher zu der Ecke und bewegte sich seitwärts, um etwas sehen zu können. Er erblickte Vince, der über einem kleinen Mann in schwarzem Trainingsanzug und mit roter Wollmütze aufragte, dessen dralle Wurstfinger den Griff eines Messers fest umschlossen – eines albernen, verchromten Spielzeugs. Er hielt es im schlampigen Winkel eines enthusiastischen Amateurs halb erhoben. Erwartungsgemäß wirkte Vince nicht im Entferntesten eingeschüchtert.
    »Du sollst nur wissen«, sagte der Hüne und zündete sich lässig eine Zigarette an, »dass ich dir das Ding wegnehmen muss, wenn du nich’ aufhörst, damit rumzuwedeln. Und was werde ich wohl danach tun, hm? Ich geb es dir zurück. Falls du verstehst, was ich meine.«
    Der Wollmützenträger lächelte nur höhnisch und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch es gelang ihm nicht, seine Verunsicherung zu überspielen. Shaper entspannte sich ein wenig und beobachtete die Szene weiter, während seine Hand immer noch gedankenlos nach dem Feuerzeug suchte. Vince, das wusste er, hatte in seinem Leben noch nie geblufft.
    Dann erstarrte Shaper abermals.
    Ein kaltes, zahnloses »O« aus Metall hatte sich gegen seine Schädelbasis gedrückt.
    »Wenn das verfluchtes Schießeisen ist, was du suchst, ich blase dir Loch in Gesicht«, warnte eine Stimme mit schwerem russischem Akzent in merkwürdig hohem Tonfall.
    »Schon gut«, gab Shaper zurück.
    Die Pistole drängte ihn nach vorn.
    Beide Männer schauten von ihren Drohgebärden auf, als er um die Ecke schlurfte. Vince fuhr sich resignierend mit der Hand übers Gesicht, während ein breites Grinsen die Lippen des Wollmützenträgers teilte.
    »Na so was«, sagte der kleine Mann. »Wir haben gerade über Sie gesprochen, Mr. Shaper. Wie ich hörte, sind Sie heute Nacht gar nicht hier.«
    »Du hättest ruhig auf dem Scheißhaus bleiben können, Kumpel«, brummte Vince. »Jetzt steh ich wie ’n verfluchter Vollpfosten da.«
    »Hatte Lust, eine zu rauchen.« Ungerührt zuckte Shaper mit den Schultern. Er kannte dieses Spiel. Es hieß: Zeig keine Angst .
    »Dachte, du hättest aufgehört?«
    »War ein harter Tag.«
    »Jetzt is’ er noch härter, oder? Beschissener Zeitpunkt, es sich

Weitere Kostenlose Bücher