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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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langen Zug. Shaper hielt ihn nicht davon ab – er erkannte eine Demonstration eines Standpunkts, wenn er eine sah. Stattdessen widmete er sich einstweilen der Betrachtung der Male in Karls Armbeugen – typisches Markenzeichen des leidenschaftlichen Heroinjunkies.
    »Sie sind ’ne Spürnase, oder?«, fragte Karl und wischte sich Schaum von der geschürzten Spitze seiner Oberlippe. »Ein Schnüffler. Bohren in anderer Leute Angelegenheiten rum. Das merk ich gleich.« Er zeigte auf seine Augen und zwinkerte, als wäre damit alles erklärt. »Ein Parasit – das sind Sie. Welcher diesmal? Journalist? Anwalt? Ach, wen interessiert’s.« Wieder spuckte er aus. Ein zäher, beerenförmiger Pfropfen landete auf dem Boden. »Sie wollen wissen, was ich getan hab, oder?«
    Shaper zuckte mit den Schultern. Lass dich einfach treiben. »Na gut.«
    »Ich hab ihn geschlagen, das hab ich getan. Und er ist gestorben.«
    Shaper blinzelte. »Äh …«
    »Woher sollte ich es denn wissen? Der Pisser hat angefangen, sich aufzuspielen. ›Was glotzt du so? Komm ruhig her.‹ All so was. Mitten in Soho … Jetzt mal ehrlich, was für ein Vollidiot zettelt mit einem Loch im Herzen Streit an?«
    »Das … das ist eigentlich nicht der Grund, weshalb ich …«
    »Ging wie ein Mehlsack zu Boden. War überhaupt nicht schwer.«
    »Hören Sie, Karl, ich …«
    »Dann sind da plötzlich Bullen, Zellen, Psychiater und Scheißschreiberlinge wie Sie, die für Bücher recherchieren. Und das Gehirn sagte einem: ›Du bist jetzt ein Mörder, gewöhn dich dran.‹ Haben Sie eine Ahnung, wie das ist? Und alles nur wegen eines läppischen rechten Hakens.« Mit finsterer Miene schwenkte der Mann die Faust. »Kann mich nicht mal mehr besonders gut dran erinnern.« Er seufzte wie ein Blasebalg und starrte ins Leere.
    Völlig meschugge .
    Shaper hüstelte und überlegte, ob er den Irren aufklären sollte – deshalb bin ich nicht hier . Dann verengte er die Augen zu Schlitzen, wagte sich ohne Rücksicht auf Verluste vor und streckte die ersten dünnen Fühler der Neugier aus.
    »Und … wie lange sind Sie schon draußen?«
    »Draußen?«
    »Aus dem Knast.«
    »Ha.« Keine Spur von Humor. »Ich war nicht im Bau, Kumpel. Bin freigesprochen worden. ›Unfall mit Todesfolge.‹ Das System funktioniert!« Er täuschte verbitterten Applaus an und rückte mit blutunterlaufenen Augen näher. Sein Mund verzog sich plötzlich zu einem Grinsen. »Wissen Sie, was komisch ist?«
    Shaper schüttelte den Kopf.
    »Die Wahrheit ist, dass ich’s wahrscheinlich so oder so getan hätte, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätte. Ihn totgeprügelt, meine ich.«
    Etwas Kaltes regte sich in Shapers Wirbelsäule.
    »Schließlich hatte er es verdient, oder? Oh, ich hab gemerkt, dass er es auf mich abgesehen hatte. Konnte förmlich sehen, was er vorhatte.« Wieder tippte der Mann auf seine Lider und nickte ins Leere. »Ja, er hatte es verdient. Nur … hätte ich es nicht so schnell gemacht. Ich hatte damals eine Flasche in der Hand. Damit hätte ich ihn fertiggemacht. Ihm vielleicht die Kehle aufgeschlitzt.« Leise seufzend schwelgte er in dem Bild, dann zuckte er mit den Schultern und begegnete Shapers Blick. »Nur hat er mir das nicht gegönnt, oder? Ein kleiner Klaps, und schon gingen seine Lichter aus.« Er lehnte sich auf die Fersen zurück und wirkte mit einem Schlag geradezu umgänglich. »Völlig mit LSD zugedröhnt, hat man gemeint. Ich hab die ganze Zeit nur gekichert. War schwer zu sagen, was ich zu tun dachte.«
    Shaper starrte ihn nur an, obwohl er vor Neugier beinah platzte.
    »Also – nein. Kein Knast. Nichts dergleichen.«
    »Verstehe.«
    »Nein, für mich hieß es erst Thailand, dann Indien und Brasilien. Weiße Einrichtungen mit Fesselgurten an den Betten. ›Läuterung des Geistes, Läuterung des Körpers!‹ Alles sehr diskret. ›Entzug‹ hat sie es genannt, meine liebe alte Ma.« Seine Züge verfinsterten sich. »Das Miststück .«
    Shaper schauderte tief in seinem Innersten.
    »Na jedenfalls – einen Monat.«
    »Wie bitte?«
    »Das wollten Sie doch wissen. Wie lange ich schon raus bin. Nur müsste es eigentlich nicht ›raus‹, sondern ›zurück‹ heißen. Hab immer noch Bräunungsstreifen, wollen Sie mal sehen?«
    Der Spinner lehnte sich widerlich nah zu Shaper und entblößte die Zähne. »Soldaten sind gekommen«, flüsterte er. »Haben alles dichtgemacht. ›Illegal‹, haben sie gesagt. Alle Ausländer wurden zurück in die Heimat

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