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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Übrigens wurden am Nachmittag auch die Fensterläden entfernt, die bei Wind quietschten. Der Schlosser sagte, wir brauchten neue Fensterangeln, weil die alten verbogen waren, und ich sollte neue bei Fuhrmanns Metall- und Eisenwarenhandlung in Jaffa kaufen. Da ich von einem so beschäftigten Mann, wie ein Schlosser es ist, wirklich nicht verlangen konnte, das selbst zu erledigen, fuhr ich nach Jaffa, um Fensterangeln zu kaufen. Montag . Kam gegen Mittag von Fuhrmanns Metall- und Eisenwarenhandlung zurück. Hatte original-belgische Fensterangeln gekauft. »Die belgischen halten ein ganzes Leben«, versicherte Fuhrmann mir. »Und wenn Sie gut aufpassen, sogar fünf Jahre.«
    Das murmelnde Bächlein war mittlerweile zum reißenden Wildbach geworden. Das Haustor war unpassierbar, weil der Tapezierer sämtliche Stühle und Sessel aus dem ganzen Haus im Vorraum gestapelt hatte. Die Möbel aus dem Vorraum befanden sich in der Küche, die Küchengeräte im Badezimmer und das Badezimmer auf der Terrasse. Ich sprang durchs Fenster ins Haus und fiel in einen Bottich mit ungelöschtem Kalk.
    Mein Eheweib sprach: »Ich dachte, daß wir bei dieser Gelegenheit auch die Wände neu weißein sollten, denn sie sehen abscheulich aus.«
    Meine Zustimmung vorausschickend, machte sie mich mit dem Maler bekannt, damit ich mit ihm den Preis vereinbare, und beauftragte mich, mit ihm zu unterhandeln. Schließlich bin ich ja der Herr im Haus. Wir einigten uns auf ein Vermögen, einschließlich Türen.
    Der Schlosser hatte inzwischen Fuhrmanns Fensterangeln geprüft und gefunden, daß sie nur zwei Zoll lang waren. Ob ich denn nicht wüßte, daß wir drei Zoll lange brauchten? Er schickte mich zu Fuhrmann zurück.
    Die beste Ehefrau von allen schlief im Büchergestell, zu Füßen der Encyclopedia Britannica. Ich schlief in einer alten Wiege. Ein verirrter Schuhspanner hielt mich viele Stunden lang wach. Zum Nachtmahl hatten wir Rühreier mit Salz gehabt.
    Dienstag . Fuhrmann behauptete, daß die Fensterangeln doch drei Zoll messen, und schickte mich wieder heim. Im Garten trat ich in frische Lackiererfarbe und reinigte mich mühsam im Vorraum, wo sich gerade das Badezimmer befand, denn im Badezimmer wurden die Kacheln gerade auf türkisblau geändert. Meine Gattin meinte nicht zu Unrecht, daß man solche Kleinigkeiten ein für allemal in Ordnung bringen sollte. Der Elektriker, den wir zur Behebung eines Kurzschlusses geholt hatten, meinte, daß wir die BergmannSchalter, die Fleischmann-Kontakte und die Gottlieb-Sicherungen auswechseln müßten. Der Schlosser gab zu, daß die belgischen Fensterangeln tatsächlich drei Zoll maßen, aber britische Zoll, nicht deutsche. Er hatte deutsche Zoll gemeint. Schickte mich zu Fuhrmann zurück.
    Als der Maler in der Mitte der Küchendecke angelangt war, erhöhte er sprunghaft seinen Preis und begründete das überzeugend.
    »In den Wochen vor Pessach bin ich immer etwas teurer, weil niemand bis Pessach warten will, denn zu Pessach will dann ein jeder, und dadurch wird alles teurer. Deshalb kommen sie jetzt immer schon ein paar Wochen vor Pessach, und deshalb bin ich auch in den Wochen vor Pessach etwas teurer.«
    Außerdem verlangte er von mir eine besondere Sorte Furniere, die nur in Taberias erzeugt werden. Er verlangte auch einen ganz bestimmten Vorkriegslack, zwei Päckchen Zigaretten und einen italienischen Strohhut. Das Ensemble seiner Gehilfen war mittlerweile auf vier angewachsen und stimmte bei der Arbeit ein fröhliches Quartett an.
    Das Schlafproblem löste sich problemlos. Ich raffte alle Kleider aus unserem großen Schrank zusammen und stopfte sie in den Kühlschrank, legte den leeren Schrank rücklings auf den Balkon und versank in einen tiefen, naphtalinumwÖlkten Schaf. Mir träumte, ich sei gestorben. Der Beerdigungszug wurde von einer Handwerkerdelegation angeführt, die einen überirdisch langen Pinsel trug.
    Die beste Ehefrau von allen zeigte sich von ihrer lebenstüchtigsten Seite. Sie schlief im Wäschekorb und erwachte frisch und rosig. Weiche Eier.
    Mittwoch . Fuhrmann erklärte mir, daß es bei Fensterangeln keinen Unterschied zwischen britischem und deutschem Zollmaß gäbe, und warf mich hinaus. Als ich das dem Schlosser berichtete, wurde er nachdenklich. Dann fragte er mich, wozu wir die Fensterangeln überhaupt brauchten. Eine Antwort erübrigte sich, da wir ohnedies nicht mehr in die Wohnung hineinkonnten. Im Lauf der Nacht war ein Mann erschienen und hatte die Fußböden

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