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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Verabredung für 12 Uhr ...
    Sie: Es wird noch viele Karlas geben, viele andere Karlas. Sie ist nicht die einzige Karla auf der Welt!
    Er: Du hast mir selbst gesagt, ich soll sie heiraten.
    Sie: Heiraten, ja, aber deshalb brauchst du nicht so rücksichtslos zu sein. Warum dich kopfüber in etwas hineinstürzen? Brauchst du unbedingt eine Frau an deiner Seite, die dir sagt, was du tun sollst und was nicht? Wozu brauchst du das? Wie oft habe ich dich vor den Frauen gewarnt? Sie wollen einzig nur die Männer beherrschen. Ihr Egoismus, ihr selbstsüchtiger, krankhafter, pathologischer Egoismus, mit dem sie einen Mann eisern im Griff halten, was weißt du schon davon? Außerdem bist du noch immer ein junger Mann. Unterhalte dich, mach dir einen Spaß aus dem Leben.
    Er: Ich bin fast 33.
    Sie: Ich habe dich gebeten, in der Öffentlichkeit kein Alter zu erwähnen.
    Er: Ich spreche von meinem Alter.
    Sie: Wir sind verwandt!
    Er: Schon gut, es hat ja niemand gehört... Was werde ich nur Karla sagen?
    Sie: Sag ihr gar nichts! Sag ihr: »Ich bin zehn Minuten mit meiner Mutter zusammengesessen. Ich habe zehn ganze Minuten meines Lebens meiner eigenen
    Mutter geschenkt, die mir ihr ganzes Leben geopfert hat die mich gepflegt hat, wenn ich krank war, meiner Mutter, die mich durch alle die schweren Jahre geleitet hat.«
    Er: Mutter...
    Sie: Ich bringe dich um!
    Er: Entschuldige, Sabine.
    Sie: Erinnere dich, als du die Masern hattest, bin ich drei Tage und drei Nächte lang nicht von deiner Seite gewichen. Erinnerst du dich?
    Er: Nein, ich erinnere mich nicht.
    Sie: Siehst du! Und du fragst mich, was du Karla sagen sollst? Bist du ihr etwas schuldig? Was für eine Unverschämtheit! Wer ist sie denn schon?
    Er: Was hast du gegen sie?
    Sie: Ich habe sie satt!
    Er: Du hast gesagt, daß du Karla nicht einmal kennst.
    Sie: Ich sie nicht kennen? Oh, ich kenne sie sehr gut, zu gut! Ich kenne alle die billigen Tricks, die sie in petto hat, um dich einzufangen, mein armer Liebling. Hinter diesem unschuldigen Gesicht mit diesen grünen Augen und den roten Haaren ...
    Er: Das ist Doris.
    Sie: Die auch! Alle miteinander! Ich kenne sie, mit ihren Minis, ihren Sonnenbrillen, mit ihren lächerlichen Hüten. Mich können sie nicht zum Narren halten. Ein Mutterherz durchschaut alle hübschen Worte und das ganze schöne Getue. Ein Mutterherz weiß alles.
    Er: Karla hat kein Wort gesagt...
    Sie: Das hätte mir noch gefehlt! Ist es nicht genug, daß sie mir das Einzige rauben will, das ich in diesem elenden Leben noch habe? Daß sie um dich herumtanzt und sich wie eine Vogelscheuche anmalt, nur um einer Mutter den Sohn wegzunehmen, die letzte Stütze, die sie noch hat? Was liegt ihr schon daran, dieser Prostituierten, wenn sie mich zu einer Großmutter macht. Heiraten, um jeden Preis heiraten, das will sie. Und du pmnmkopf, du hast keine Ahnung, was sich abspielt.. .
    Er; Sprich nicht so, du weißt, daß das nicht wahr ist. Jfutter, ich steh' sofort auf und gehe. Die Leute hören $\i Mutter, sie können alles hören .. .
    Sie: Laß es sie ruhig hören. Für mich gibt's sowieso keine Freude mehr im Leben. Nein, nein, nein, ich habe dir noch nicht alles erzählt. Gestern sagte der Arzt zu nur: »Gnädige Frau, Sie sind eine gesunde Frau. Ihr Körper ist eisern, aber Ihr Herz blutet. Sie sind so einsam, von allem ausgeschlossen. Gibt es niemanden, gnädige Frau, keinen einzigen Menschen auf der Welt, an den sie sich um Hilfe wenden können?« (sie weint) Ich habe niemanden, Herr Doktor, niemanden...
    Er (weint auch): Nein, Mutter... bitte, ich flehe dich an... bitte.
    Sie: Nein, nein, du bist nicht mehr derselbe. Es hat eine Zeit gegeben, es ist noch gar nicht so lange her, da warst du fünf Jahre alt, wie hast du da darauf bestanden, wie hast du gebettelt, daß ich bei dir bleibe, bis du einschläfst. Wie hast du dich verändert! Gott im Himmel, wie hast du dich verändert.. .
    Er: Ich habe mich nicht verändert. Alles ist genauso, wie es war.
    Sie: O nein, Karla »wartet« auf dich.
    Er: Sie ist schon längst weggegangen.
    Sie: Geh nur, es ist nicht höflich, zu spät zu kommen. Ich bleibe hier, einfach nur mit mir allein. Keine Angst, ich gehe schon nicht verloren. Wie viele einsame, alleinstehende Menschen gibt's doch auf der Welt, ich werde eben einer von ihnen werden. Ich werde einfach nur dasitzen, in meinem kleinen Winkel, und meinen Erinnerungen leben ... Gib mir ein Taschentuch ...
    Er (gibt ihr das Taschentuch) : Nein, ich werde immer bei dir

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