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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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wieder an die Wand, um Luft zu holen. Er war weiß wie ein Gespenst. Und er nahm alle möglichen Diuretika, musste also ständig pinkeln. Aber wenn ich ihn danach fragte, sagte er bloß, das wäre seine Privatsache, und wir würden nicht über ihn reden, weil er keine Rolle spiele, sondern eigentlich nur eine Art Spiegel für mich wäre.«
    »Du wusstest also nichts von seiner Kardiomyopathie.«
    »Er sagte nur, seine Gesundheit wäre im Eimer, aber der Vorteil davon, körperlich im Eimer zu sein, wäre, dass er genau so im Eimer aussähe, wie er auch wirklich wäre, es ließe sich nicht verstecken und er könne nicht so tun, als wäre er weniger im Eimer, als er faktisch war. Was also ein großer Unterschied zu Leuten wie mir war; er sagte, die meisten Leute könnten nur zeigen, wie sehr sie im Eimer wären, indem sie abstürzten und in irgendwas wie das Zeller eingeliefert würden, wo für einen selbst, die Angehörigen und den Rest der Welt unbestreitbar klar auf der Hand lag, dass man im Eimer war, insofern war es sogar eine gewisse Erleichterung, in die Klapse gesteckt zu werden, aber er sagte, angesichts der Sachzwänge, und damit meinte er die Krankenversicherung, das Geld und die Arbeitsweise von Institutionen wie dem Zeller, angesichts der Sachzwänge wäre es fast sicher, dass ich da nicht lange bleiben würde, und was ich wohl machen würde, wenn ich wieder in die richtige Welt rauskäme, wo es Rasiermesser, Systemklingen X-ACT und langlärmige Blusen gäbe. Langärmlige Blusen.«
    »Kann ich was fragen?«
    »Aber hallo.«
    »Wie hast du reagiert? Als er in den Raum stellte, seine Unterstützung und der intensive persönliche Austausch mit dir hätten mit deiner Attraktivität zu tun?«
    Rand lässt ihr Zigarettenetui auf- und zuschnappen. »Ich hab sinngemäß gesagt, soll das heißen, du würdest hier genauso teilnahmsvoll und interessiert mit mir zusammensitzen, wenn ich fett und verpickelt wäre, voll die alte Mampftonne? Und er sagte, dazu könne er nichts sagen, er hätte mit allen möglichen Leuten gearbeitet, die hier durchgeschleust worden wären, da gäbe es unscheinbare und bildhübsche Mädchen, und er sagte, es hätte mehr damit zu tun, wie sehr die Leute abblocken würden. Wenn sie in Bezug auf ihre wahren Probleme zu sehr abblockten – oder ganz einfach richtig durchgeknallt wären und nur eine glänzende, Furcht einflößende Statue mit vier Gesichtern oder so sähen, wenn sie ihn anschauten –, dann könnte er nichts machen. Nur wenn er das Gefühl hätte, er könnte mit einem Menschen auf der gleichen Wellenlänge sein, könnte er sie vielleicht verstehen, ihnen zwischenmenschliche Gespräche anbieten und ihnen helfen anstelle dieser unausweichlichen Arzt-und-Institutions-Kiste.«
    »Hast du das als Antwort auf deine Frage akzeptiert?«, fragt Drinion, ohne dass seine Miene für Meredith Rand etwas Ungläubiges oder Wertendes bekäme.
    »Nein, ich habe irgendein sarkastisches Blabla von mir gegeben, aber er sagte, das wäre nicht seine wahre Antwort, er wolle die Frage beantworten, weil er wisse, wie wichtig sie war, er konnte absolut nachvollziehen, dass ich ängstlich und misstrauisch war und mich fragte, ob er wirklich dieselbe Anteilnahme und Aufmerksamkeit gezeigt hätte, wenn ich nicht so schön gewesen wäre, denn er sagte, de facto wäre das ja mein Hauptproblem, das ich nicht loswürde, wenn ich aus dem Zeller rauskam, und ich müsste einen Weg finden, damit umzugehen, oder ich wäre in null Komma nichts wieder da oder Schlimmeres. Dann sagte er, gleich wäre Nachtruhe und wir müssten für heute aufhören, aber ich so, wie jetzt, du sagst, das ist mein Hauptproblem, das ich irgendwie bewältigen muss, und das war’s? Husch, husch ins Körbchen? Ich war echt stinkig. Und an den nächsten zwei oder drei Abenden war er gar nicht da, und ich drehte durch wie ein Idiot, und am Wochenende war nur so ein anderer Typ da, und die Tagschicht sagte einem sowieso gar nichts , die kriegen nur mit, dass du aufgewühlt bist, und halten im Protokoll fest, dass du unruhig bist, aber keinen juckt es, warum du unruhig bist, keiner will wissen, was eigentlich mit dir los ist; wenn du stationär behandelt wirst, bist du kein Mensch, und sie müssen dir gar nichts sagen.« Rand setzt einen frustriert-distanzierten Blick auf. »Wie sich rausstellte, war er im Krankenhaus gewesen – dem richtigen Krankenhaus; wenn sich die Entzündung verschlimmert, pumpt das Herz nicht mehr das ganze Blut durch,

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