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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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geheftet, mit dem Kopf nach unten über seinem Schreibtisch schwebt. Drinion selbst kann sich seines Levitierens nicht bewusst werden, denn es tritt nur auf, wenn seine Aufmerksamkeit hundertprozentig von etwas anderem gefesselt ist.
    »Was zum Gefühl beiträgt, in einer Schublade zu stecken«, fährt Meredith Rand fort. »Du hast das Gefühl, was bei Teenagern ja sowieso übel ausgeprägt ist, dass niemand dich je wirklich kennen und um deiner selbst willen lieben wird, weil dich niemand so sieht, wie du wirklich bist, und aus irgendeinem Grund lässt du sie auch nicht, obwohl du eigentlich möchtest. Aber gleichzeitig hast du auch so eine Ahnung, dass das langweilig und unreif ist, so ein übles Filmproblem: ›Buhuhu, niemand liebt mich so, wie ich bin‹, also ist dir immer bewusst, dass deine Einsamkeit bescheuert und banal ist, auch während du dich einsam fühlst, sodass du nicht einmal Selbstmitleid aufbringst. Und darüber haben wir uns unterhalten, das hat er mir erklärt, das wusste er, ohne dass ich es ihm erzählt hätte: wie einsam ich war und dass das Ritzen mit der Schönheit und dem Gefühl zusammenhing, ich hätte kein Recht, mich zu beklagen, obwohl ich trotzdem die ganze Zeit unglücklich war und glaubte, wenn ich nicht hübsch wäre, wäre das das Ende der Welt, weil ich dann nur noch ein Stück Fleisch wäre, das niemand wollte, und nicht mal Frischfleisch, das alle wollten. Als säße ich mitten in der Falle, und trotzdem hätte ich kein Recht, mich zu beklagen, weil ich mir ja bloß all die anderen Mädchen anschauen musste, die eifersüchtig waren und glaubten, ein schönes Mädchen könne niemals einsam sein oder Probleme haben, und selbst wenn ich mich beklagte, wäre das total banal, er brachte mir banal und Tête-à-Tête bei und dass das Teil der ganzen Einsamkeit werden könne – dass die Wahrheit der Aussage ›Ich bin bloß Frischfleisch, die Leute sehen in mir nur die Schönheit, niemand interessiert sich dafür, wie ich wirklich bin, ich bin einsam‹ total langweilig und banal ist, abgedroschen wie die Weisheiten im Kummerkasten einer Frauenzeitschrift und nicht schön, einzigartig oder was Besonderes. Und da konnte ich das erste Mal sehen, dass die Narben und das Ritzen ein Ventil waren, durch das die unschöne innere Wahrheit herauskommen konnte, an die Oberfläche kommen konnte, auch wenn ich sie unter langen Ärmeln versteckte – wobei das eigene Blut ja ganz schön ist, wenn man es sich mal näher anschaut, ich meine, wenn es da so herausquillt, aber der Ritzer muss dann sorgfältig und fein ausgeführt werden und darf nicht zu tief gehen, damit das Blut als Linie erscheint, die nur langsam dicker wird und die man erst nach dreißig Sekunden oder mehr abwischen muss, weil sie verläuft.«
    »Tut das weh?«, fragt Shane Drinion.
    Meredith Rand atmet heftig aus und sieht ihn durchdringend an. »Was soll das heißen, tut das weh? Ich mach das nicht mehr. Seit ich ihn kennengelernt habe, habe ich mich nie mehr geritzt. Mehr oder weniger, weil er mir das alles erklärt und mir die Wahrheit gesagt hat und dass es letztlich keine Rolle spielt, warum ich das mache oder wofür es quasi steht oder was sich eigentlich dahinter verbirgt.« Ihr Blick ist gleichmütig und sachlich. »Eine Rolle spielt nur, dass ich es gemacht habe und damit aufgehört habe. Damit hatte es sich. Anders als bei den Ärzten und Gruppentherapien, die sich immer um Gefühle und Gründe drehten, als würde man quasi durch Zauberhand aufhören können, wenn man bloß wüsste, warum man es macht. Was seiner Meinung nach die große Lüge war, die alle schluckten, und deswegen wären die Ärzte und die Standardtherapien für Leute wie uns so eine Zeitverschwendung – sie glaubten, die Diagnose wäre schon die Heilung. Wenn man wüsste, warum, könnte man aufhören. Was Scheißdreck ist«, sagt Meredith Rand. »Du hörst nur auf, wenn du aufhörst. Nicht wenn du auf jemanden wartest, der es dir auf magische Weise erklärt, und du hörst schlagartig auf.« Sie vollführt mit der Zigarettenhand einen sardonischen Schnörkel, als sie schlagartig sagt.
    Drinion sagt: »Das klingt, als hätte er dir echt geholfen.«
    »Er war unverblümt«, sagt sie. »Wie sich herausstellte, ist er auf seine Unverblümtheit stolz – es gehört zu seiner Show, dass es keine Show gibt. Nur hab ich das erst später durchschaut.«
    »...«
    »Du verstehst bestimmt, dass jemand, der so viel Achtsamkeit und Verständnis für das aufbringt,

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