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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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gleichzeitig krass. Er hat mich echt angewidert«, sagt sie. »Und dass ich so tief in meinem Problem steckte, dass ich wahres, echtes, nicht sexuelles oder nicht romantisches oder nicht schönheitsfixiertes Interesse an mir selbst dann nicht annehmen konnte, wenn es mir angeboten wurde – er redete über sich selbst, das wusste ich ja, auch wenn er es nicht ausbuchstabierte; das Thema hatten wir ja schon tagelang durchgeackert und wussten beide, dass uns die Zeit davonlief. Man würde mich entlassen, und ich würde ihn nie wiedersehen. Aber ich hab ein paar ziemlich scheußliche Sachen gesagt.«
    »Du beziehst dich auf das Treppenhaus«, sagt Shane Drinion.
    »Denn tief in mir drin, sagte er, sähe ich mich nur unter dem Aspekt der Schönheit. Tief in mir drin hielt ich mich für so mittelmäßig und banal, dass ich mir nicht vorstellen könne, irgend jemand außer meinen Eltern könne sich für mich interessieren, außer weil ich eben wie eine Sahneschnitte aussähe. Ich wäre so sauer, sagte er, weil alle nur die Schönheit mochten oder ihr Aufmerksamkeit schenkten, aber das wären nur Ausflüchte, ein Theater des menschlichen Gehirns, und in Wahrheit beschäftigte mich, dass ich mich genauso fühlte; Jungen und Männer behandelten mich auf ganz dieselbe Weise wie ich mich selbst, und in Wahrheit war ich auf mich selbst sauer, nur konnte ich das nicht sehen – ich projizierte es auf jeden Perversling, der mir auf der Straße nachpfiff, auf die verschwitzten Jungen, die mich nageln wollten, und auf die anderen Mädchen, die mich wegen der Schönheit für eine hochnäsige Schlampe hielten.«
    Einen Augenblick lang herrscht Stille, d. h. außer dem Flipperautomaten, dem Baseballspiel und den Geräuschen der anderen Leute beim Entspannen.
    »Ist das langweilig?«, fragt sie Drinion plötzlich. Sie merkt nicht, wie sie Drinion ansieht, als sie ihn das fragt. Einen Augenblick lang scheint sie fast schon ein anderer Mensch zu sein. Ihr ist plötzlich durch den Kopf gegangen, Shane Drinion könne zu den schmeichlerischen, letztlich aber seichten Leuten gehören, die einem scheinbar Aufmerksamkeit schenken, diese Aufmerksamkeit in Wirklichkeit aber über Stock und Stein wandern lassen und sich u. a. vielleicht auch fragen, warum sie bloß dasitzen, höflich nicken und sich dieses unglaublich langweilige Gefasel anhören, dieses narzisstische Gefasel, bloß weil sie dadurch die Gelegenheit haben, Meredith Rand in die unergründlichen grünen Augen zu schauen und ihre klassisch proportionierten Wangenknochen zu bewundern sowie einen Spalt vom Dekolleté, weil sie mit dem Schichtschlusssummen um Punkt 17.00 Uhr das Halstuch abgenommen und den obersten Blusenknopf geöffnet hat.
    »Ist es das? Ist es langweilig?«
    Drinion erwidert: »Der größte Teil nicht, nein.«
    »Welcher Teil ist langweilig?«
    » Langweilig ist kein guter Ausdruck. Du neigst dazu, bestimmte Dinge zu wiederholen oder nur ganz leicht verändert zu formulieren. Diese Aussagen beinhalten keine neuen Informationen, erfordern also mehr Aufmerksamkeit, obwohl –«
    »Und welche Teile? Was erzähle ich deiner Meinung nach wieder und wieder?«
    »Aber auch das würde ich nicht langweilig nennen. Es ist eher anstrengend, diesen Passagen zu folgen, aber es wäre nicht fair, diese Anstrengung unangenehm zu nennen. Eher umgekehrt: Die Passagen, die neue Informationen oder Einsichten beisteuern, fesseln die Aufmerksamkeit auf eine Weise, die keine Anstrengung erfordert.«
    »Was jetzt, geht es darum, dass ich ständig erwähne, wie schön ich angeblich bin?«
    »Nein«, sagt Drinion. Er legt den Kopf schief. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben, in den Passagen, in denen du einen springenden Punkt wiederholst oder eine Information ansatzweise reformulierst, das zugrunde liegende Motiv, das meiner unmaßgeblichen Meinung nach die Sorge ist, das, was du mitzuteilen hast, könne unklar oder uninteressant sein und müsse auf verschiedenste Weisen umgestaltet und umformuliert werden, damit du sicher sein kannst, dass dich dein Gesprächspartner auch wirklich versteht – diese Passagen also sind interessant sowie emotional geprägt und bilden auf interessante Weise eine Einheit mit dem vorrangigen Thema dessen, was Ed dir in der Geschichte erklärt, die du mir erzählst, insofern verlangen einem auch die repetitiven oder redundanten Elemente Aufmerksamkeit ab, und man muss sich nicht sonderlich anstrengen, dir Aufmerksamkeit zu schenken, oder zumindest gilt das für

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