Der bleiche König: Roman (German Edition)
Fehlmeldungen, unter anderem in den 1040-Steuererklärungsformularen für Individuen, die seiner Meinung nach sehr wohl kurzfristig angepackt und verbessert werden konnten. Und an Kurzfristigkeit war der gegenwärtigen Regierung aus naheliegenden Gründen sehr gelegen. Daher rührt die Überschneidung von Prozesstechnik und hoher Politik, denn so kommt es auf Bundesebene zu Veränderungen, die dann zu uns in den Schützengräben durchsickern, so die Schiene, durch Umorganisierungen und veränderte Kriterien der Leistungsüberprüfung der Mitarbeiter, denn die 1040er fallen ins Ressort der Standardprüfer. Soll ich noch erklären, welche verschiedenen Bereiche und Typen der Steuerprüfung es hier gibt?«
F.
»Ganz und gar nicht. Im Grunde differenzierte Spackmans Memo die behebbaren, 1040-bezogenen Teile der Steuerlücke in drei Großbereiche oder Kategorien, so die Schiene – Hinterziehung, Meldelücken und Fehlbeträge. Hinterziehung fällt in aller Regel ins Ressort der CID . Steuerfahndung. Fehlbeträge werden von der Abt. Inkasso bearbeitet, einer sowohl von der Philosophie als auch von den operativen Abläufen her ganz anderen Einrichtung als der, womit wir hier es in der Steuerprüfung zu tun haben, so die Schiene, obwohl unsere beiden Bereiche, also Steuerprüfung und Inkasso, zusammen mit der Revisionsabteilung natürlich die Hauptlast der Initiative zu tragen haben. Was organisatorisch natürlich auch die Abt. Compliance ist. Im Grunde haben wir Steuerprüfer hier es mit Meldelücken zu tun. So die Schiene. Unterbewertete Einkünfte, unzulässige Abzüge, zu hoch angesetzte Betriebsausgaben, zu Unrecht vereinnahmte Kredite. Unstimmigkeiten, so die –«
F.
»Auf der grundsätzlichen Ebene lautete die These der Spackman-Initiative, wie sie hier bei uns genannt wird, sowohl philosophisch als auch organisatorisch, dass diese drei Elemente der Steuerlücke verbessert werden können, wenn man die Effizienz der den IRS respektierenden Willfährigkeit steigert. Warum dieses Konzept der Regierung als eine potenzielle dritte Option ins Auge fiel, merkt selbst ein Blinder mit dem Krückstock, denn damit ließen sich die zunehmend unhaltbaren Steuerausfälle minimieren, ohne die Steuern zu erhöhen oder die Staatsausgaben zu senken. So die Schiene. Das ist alles extrem vereinfacht, versteht sich. Ich versuche, die außergewöhnlichen Entwicklungen, die in der Struktur und den Betriebsabläufen des Service damals stattfanden, so zu erläutern, wie wir sie hier auf der regionalen Ebene mitbekommen haben. Es war, gelinde gesagt, ein sehr aufregendes Jahr. Und letztlich war der Grund der Aufregung, was auch Anlass zu Meinungsverschiedenheiten gab, die Spackman-Initiative. So wurde sie dann nämlich genannt. Eine umfassende, weitreichende Umorientierung im institutionellen Selbstverständnis des Service und seiner Rolle in der Politik. So die Schiene. Hören Sie – ist Ihnen nicht gut?«
F. [Pause; kurzes Rauschen]
»– die Schiene, was Tripel-Sechs sogar von Vorteil fand, vertrat die These, dass jeder Dollar, um den der Jahresetat des Service erhöht würde, unter bestimmten technischen Bedingungen mehr als sechzehn Dollar an zusätzlichen Steuereinnahmen einbringen werde. Ein Gutteil dieser Argumentation widmete sich der Betrachtung des Sonderstatus und der Funktion des IRS als Bundesbehörde. Eine Bundesbehörde ist per definitionem eine Institution. Eine Bürokratie. Nun ist der Service aber auch die einzige Behörde im Staatsapparat, die Einkünfte generieren soll. Gewinn machen soll. Nur der Service hatte das Mandat, die legale Rendite jedes einzelnen in sein Jahresbudget investierten Dollars zu maximieren. So die Schiene. Nur hier gab es, immer dem wieder ausgegrabenen Spackman zufolge, triftige Gründe, den IRS als Betrieb zu verstehen, einzurichten und zu betreiben – als operativen, gewinnorientierten Konzern und nicht nur als Verwaltungsinstitution. Im Grunde war der Spackman-Bericht hochgradig antibürokratisch. Er orientierte sich eher am freien Markt klassischen Zuschnitts. Dass das eine besondere Attraktivität für die konservativen Marktliberalen der gegenwärtigen Regierung hatte, dürfte auf der Hand liegen. Wir leben schließlich in einer Ära der wirtschaftlichen Deregulierung. Inwieweit, und wenn ja, wie am besten, der IRS – der qua Bundesbehörde schließlich als Summe rechtlicher Regulierungen und Mechanismen zu einer bestimmten Durchsetzung eingerichtet worden war und betrieben wurde –
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