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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Korrespondent für Ostasien, und er sitzt vielleicht gerade in der Gegend von Tokio herum. Wenn ich ihn finde, soll er dich ein Stück begleiten.“
    „Mayer mit Ypsilon“, wiederholte Peter Schimmelpfennig. Und dann sagte er noch: „Also bis Sonntag, und an alle bis dahin herzliche Grüße.“
    „Dabei wäre der Flug über den Pol so praktisch gewesen“, bemerkte Herr Nagase nach einer Weile, „nur eine einzige technische Zwischenlandung in Anchorage.“ Hinterher sagte er noch: „Das liegt in Alaska.“
    „Aber für eine Zeitung ist das natürlich die bessere Geschichte“, gab Mister Chandler zu und stakste dabei pfeiferauchend durch das Büro. „Das leuchtet mir ein. Einmal um die ganze Welt herum bedeutet mehr als nur einmal Tokio hin und zurück. Auch wenn einige Umwege dabei sind.“
    „Ja“, sagte Direktor Suzuki und machte eine lange Pause. „Das heißt dann, daß wir Abschied feiern müssen.“ Er stellte sein Whiskyglas auf den Schreibtisch und verbeugte sich. „Ich möchte Sie alle bitten, heute abend meine Gäste zu sein.“ Man bedankte sich und ging ein paar Minuten später auseinander.
    Herr Nagase fuhr noch zum Reisebüro, um den Flug zu buchen, und anschließend zu Hiroshis Familie, um Bescheid zu sagen, daß der Erstgeborene zum Abendessen und Übernachten im Palace-Hotel eingeladen sei. Mister Chandler verschwand, weil er sich umziehen wollte. „Ich bin ja direkt vom Bahnhof und vom Golfplatz zu Ihnen gekommen“, lachte er und zitterte los. Währenddessen tat Reklamechef Matsumoto sehr beschäftigt und behauptete, daß er noch mindestens dreißig Telefonate zu erledigen hätte, um das Fernsehen und die Presse über Peter Schimmelpfennigs Abflug zu informieren.
    Inzwischen rollte die schwarze Limousine mit Direktor Suzuki und den beiden Jungen wieder über die Ginza. Aber dieses Mal in die Richtung zu den kaiserlichen Gärten. Hausdetektiv Watanabe saß auf dem Vordersitz neben dem Chauffeur und hatte ein Paket unter dem Arm. das in gelbes Papier eingepackt war.
    Kurz bevor sie zum Palace-Hotel kamen, setzte sich Peter Schimmelpfennig wieder seine schwarze Perücke und die Hornbrille auf. Als er dann sein Zimmer aufschloß und das Licht anknipste, traute er zuerst seinen Augen nicht. Auf dem Bett, auf dem Tisch und über den Sesseln lagen nämlich überall nagelneue Hemden, Strümpfe und Unterhosen. Ein hellgrauer Anzug hing über einem Kleiderbügel, und ein blauer Regenmantel lag quer über dem Sofa. Schließlich stand noch ein nagelneuer Lederkoffer mitten auf dem Teppich. An seinem Handgriff baumelte das Etikett des Warenhauses DAIMARU.
    Direktor Suzuki schloß leise die Tür hinter sich und lächelte: „Eine kleine Aufmerksamkeit unseres Hauses.“
    „Das ist wie Weihnachten und Ostern auf einmal“, sagte Peter Schimmelpfennig und blickte sich um. Dann probierte er als erstes das Jackett des nagelneuen hellgrauen Anzugs. Aber als er damit vor den Spiegel spazierte, sah er plötzlich den schwarzhaarigen Hiroshi, der immer noch neben der Tür stand und ihm zuschaute. Plötzlich war die Freude nicht mehr ganz so groß. Er zog das Jackett wieder aus und hängte es auf den Kleiderbügel zurück.
    „Dein Freund ist nicht vergessen“, sagte in diesem Augenblick Direktor Suzuki. Er hatte den blauen Regenmantel ein wenig zur Seite geschoben und sich auf das Sofa gesetzt. „Das Warenhaus DAIMARU möchte sich auch bei dir bedanken. Hiroshi Uchida.“ Der Japanerjunge verbeugte sich und blickte zu dem Sofa hinüber.
    „Du kannst dir heute nacht in aller Ruhe überlegen, was du haben möchtest“, lächelte Direktor Suzuki, „oder du wanderst morgen einfach durch unsere fünfundzwanzig Stockwerke und suchst dir aus, was dir Spaß macht.“
    „Besten Dank“, sagten jetzt die beiden Jungen beinahe gleichzeitig. Hiroshi sagte es allerdings auf japanisch.
    Und dann legte Herr Watanabe noch das gelbe Paket, das er bisher immer unter dem Arm getragen hatte, neben Direktor Suzuki auf das Sofa. „Das hätte ich beinahe vergessen“, sagte der Warenhausdirektor. „Hier sind noch drei Kimonos. Für dich, für deine Mutter und für deine Großmutter. Es gehört sich doch, daß man von einer Reise etwas mitbringt, oder nicht?“

    Das Abschiedsessen wurde sehr feierlich.
    Man traf sich im Hotel und fuhr mit verschiedenen Wagen in ein altes japanisches Restaurant. Es lag mitten in der Altstadt und in einem Keller. Am Eingang wurden ihnen die Schuhe abgenommen, und man saß wieder auf dem

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