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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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des Kraftwagenmotors’...“
    „Ich bin ganz sicher, daß er es gewesen ist“, sagte jetzt Peter Schimmelpfennig und starrte dabei ein Loch in die Glühbirne, die von der Decke baumelte. „Ich bin ganz sicher.“
    „Da wäre noch ,Kolben’ möglich oder ,Benzinleitung 1 oder ,Kupplung’. Aber das stimmt alles nicht“, überlegte Herr Mayer mit Ypsilon. „Der erste Buchstabe muß nämlich ein V sein.“ Er paffte wieder eine Ladung Zigarettenrauch in die Gegend. „Wer ist wer gewesen?“ fragte er dann.
    „Dieser Prinz oder König in seiner weißen Uniform“, explodierte jetzt Peter Schimmelpfennig, „heißt nämlich gar nicht Namburi oder so ähnlich. Er heißt in Wirklichkeit Sang Ping und hat als Untermieter eintausendachthundert Mark aus unserem Eisschrank geklaut. Und zwar aus dem Tiefkühlfach.“
    „Moment mal“, bemerkte Herr Mayer mit Ypsilon, „das begreife ich beim ersten Mal noch nicht.“

    Die Großmutter spazierte an den Rotationsmaschinen vorbei wie an Gardesoldaten, die nur ihretwegen zu einer Parade angetreten waren. Neben ihr ging Frau Schimmelpfennig und zwei Schritte voraus der Chefredakteur des Abendblattes.
    Neben der letzten Maschine blieb die Großmutter stehen. „Das wollte ich einmal sehen“, sagte sie, „wie das so alles funktioniert.“
    Die riesigen Walzen aus Metall drehten sich beinahe so schnell wie die Propeller an einem Flugzeug, und die druckfeuchten Zeitungen wanderten über die Fließbänder wie frisch gebackene Brötchen.
    „Das ist wirklich imponierend“, stellte die Großmutter fest. Dann bemerkte sie etwas leiser: „Hoffentlich stimmt das auch.“ Und damit meinte sie die Schlagzeile der neuesten Ausgabe des Abendblattes: „der blinde Passagier kommt zurück“
    „Es kann eigentlich nichts mehr schiefgehen“, meinte Herr Dr. Liesegang, als er den beiden Damen am Fahrstuhl den Vortritt ließ.
    „Es waren zwei nagelneue Tausendmarkscheine“, erklärte Frau Schimmelpfennig zwischen dem dritten und vierten Stockwerk.
    „Sie sagten es am Telefon“, bemerkte der Chef des Abendblattes.
    „Der Herr machte einen höflichen Eindruck und war wirklich adrett angezogen“, stellte die Großmutter fest. „Er sagte nur: ,1m Auftrag von Herrn Sang Ping, und er läßt noch persönlich von sich hören/ Dann zog er seinen Hut und war wieder verschwunden. Er wollte nicht einmal eine Quittung.“
    „Sehr merkwürdig“, meinte Dr. Liesegang und öffnete den
    Privateingangzu seinem Chefbüro. „Bitte nehmen Sie Platz.“ Er ging zu seinem Schreibtisch und drückte den Knopf an seinem Sprechgerät: „Bitte jetzt keine Gespräche und keine Besuche mehr, Fräulein Bertelsmann.“ Dann holte er einen ganzen Stapel Fotos aus einer Schublade und ein paar engbeschriebene Briefe.
    „Jetzt die Überraschung, die ich Ihnen versprochen habe.“ Die Damen Schimmelpfennig saßen in ihren Sesseln wie im Kino, bevor ein Kriminalfilm anfängt.
    „Das alles kam heute morgen per Luftpost aus Tokio“, bemerkte der Chef des Abendblattes, „das heißt, die Fotos hat unser Labor von den Filmen im Eiltempo vergrößert.“
    „Sie sollten eine alte Frau nicht so aufregen“, warnte die Großmutter.
    „Am besten ist es vielleicht, ich lese Ihnen die Berichte vor, und Sie sehen sich dazu immer die passenden Bilder an. Ich habe sie sortiert“, schlug Dr. Liesegang vor.
    „Besten Dank“, sagte Frau Schimmelpfennig, strich über ihren Rock und setzte sich zurecht.
    „Das ist ja unser Weihnachtsabend“, kicherte die Großmutter, als sie das erste Foto sah “ , und da sitzt dieser Schurke Sang Ping auf dem Sofa.“
    „Stimmt, die ersten Bilder sind noch vor dem Abflug geknipst“, bemerkte der Chef des Abendblattes. „Aber dann kommen schon die ersten Bilder vom Flug nach Dakar und...“

Ein Untermieter verteilt Orden

    Die beiden lagen lang ausgestreckt auf den schmalen Pritschen. Die Sonne brannte in den viereckigen Gefängnishof, und die Luft in der Zelle war feucht und warm wie in einem Gewächshaus für Kakteen.
    Herr Mayer hatte sein Kreuzworträtselheft vor sich auf der Brust stehen wie ein Sänger sein Notenblatt. „ ,Pelikan’ stimmt“, sagte er und malte ein paar Buchstaben in die vorgedruckten Felder. „Und jetzt eine Insel im Indischen Ozean.“
    Peter Schimmelpfennig hatte die Hände hinter dem Kopf und guckte einer großen Fliege zu. die immer im gleichen Kreis herumflog. „Wie spät ist es jetzt?“
    Der Ostasienkorrespondent des abendblaites holte seine alte

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