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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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wissen.
    „Die Kriminalpolizei, bei der Sie den Vorfall gemeldet haben, hat nun ihrerseits bei uns auf dem Revier angerufen, und wir sollen über die Sache jetzt eine Meldung schreiben“, erklärte der Jüngere mit der blassen Haut. „Nach den Feiertagen setzt sich dann bestimmt die Kripo selbst wieder mit Ihnen in Verbindung.“
    „Das ist sehr beruhigend“, stellte die Großmutter fest, „vor allem für den Dieb. Der ist dann mit dem Geld schon über alle Berge.“
    „Daran können wir im Augenblick nichts ändern“, entschuldigte sich jetzt wieder der Beamte mit der spitzen Nase. „Ich gebe zu, daß es praktischer gewesen wäre, den Diebstahl auf einen Wochentag zu legen.“
    „Leider ist die Sache nicht so lustig“, sagte jetzt Frau Schimmelpfennig. „Eintausendachthundert Mark, das ist für die Herren von der Kriminalpolizei vielleicht nur ein kleiner Fisch. Aber wenn man in der Stunde nur zwei Mark einundvierzig verdient, ist das eine ganze Menge. Für mich ist es im Augenblick alles, meine Herren.“
    Die zwei Uniformierten konnten einem jetzt ein wenig leid tun. Sie guckten eine Weile verlegen zu den Eisblumen an den Fenstern, und nur um etwas zu tun, strich der Jüngere seinen Mantel glatt.
    „Aber das alles ist ja nicht Ihre Schuld“, sagte Frau Schimmelpfennig nach dieser Pause versöhnlich. Sie holte die Flasche mit dem Kirschlikör und schlug den Polizisten vor, sich aufzuwärmen.
    „Besten Dank“, sagten die beiden und bedienten sich. Anschließend ging man in das Zimmer von Herrn Sang Ping und dann in die Küche und zum Eisschrank.
    „Das Geld war hier oben im Tiefkühlfach“, erklärte Frau Schimmelpfennig. „Es lag in einer Schachtel für Fotopapier. Und diese Schachtel hatte ich ganz hinten ins Fach gelegt und sozusagen zugedeckt und getarnt mit Packungen von eingefrorenem Gemüse. Ich komme manchmal tagelang in kein Geschäft. und dann behelfen wir uns mit Tiefgekühltem.“
    „Und Ihr Untermieter hat diesen Eisschrank auch benutzen dürfen?“ fragte der Beamte mit der spitzen Nase.
    „Er hatte sein eigenes Fach. Hier, das Joghurt und die Butter gehören ihm noch.“
    „Da ist natürlich anzunehmen, daß er das Geld irgendwann einmal entdeckt hat“, überlegte der jüngere Beamte. „Wie lange haben Sie den Eisschrank schon als Versteck benutzt?“
    „Etwa seit einem Monat“, gab Frau Schimmelpfennig zu.
    „Er mußte es gar nicht erst entdecken“, rief Peter Schimmelpfennig in diesem Augenblick.
    „Was meinst du damit?“ fragten die zwei Polizisten beinahe gleichzeitig.
    „Weil er einmal hier in der Küche dabei war und gesehen hat, wie das Geld gezählt und wieder versteckt worden ist.“
    „Hier im Eisschrank?“ fragte der ältere Beamte.
    „Ja, ich erinnere mich jetzt genau. Es muß vor etwa einer Woche gewesen sein.“ Peter machte kurz die Augen zu und versuchte, sich ganz genau vorzustellen, wie das vor einer Woche gewesen war. „Wir saßen hier am Küchentisch, und er kam herein und wollte sich seinen Tee aufbrühen. Er trank Tee zu jeder Tages- und Nachtzeit. Er setzte das Wasser auf, und während er wartete, bis es kochte...“
    „Mein Gott, du hast recht“, gab jetzt Frau Schimmelpfennig zu, „genauso war es. Er hat alles gewußt!“
    Die beiden Beamten guckten wieder einmal verlegen in die Gegend.
    „Damals konnte ich ja noch nicht wissen“, entschuldigte sich Frau Schimmelpfennig, „daß dieser Kerl ein Verbrecher ist.“
    „Beruhige dich!“ sagte die Großmutter. „Das Kind ist jetzt in den Brunnen gefallen. Es hat nur noch Sinn zu überlegen, wie wir es wieder herauskriegen.“
    „Aber, um Himmels willen, weshalb geben Sie das Geld nicht auf eine Bank oder Sparkasse?“ fragte der jüngere Beamte vorsichtig. Sein Gesicht hatte in dem gut geheizten Zimmer doch etwas Farbe bekommen.
    „Weil ich von Banken und Sparkassen...“ Frau Schimmelpfennig hatte jetzt einfach nicht mehr die Kraft, immer wieder die gleiche Frage zu beantworten. Sie ließ sich plötzlich auf einen Stuhl fallen, beugte sich über den Tisch und legte den Kopf in die Arme.
    Die Großmutter versuchte inzwischen, den beiden Polizisten Frau Schimmelpfennigs Abneigung gegen öffentliche Geldinstitute und ihre Angst vor Inflationen zu erklären.
    „Vielleicht ist das eine Krankheit, genauso wie Rheumatismus oder Angina pectoris“, ließ sich Frau Schimmelpfennig überraschend wieder hören. „Aber wenn ich irgendwo an einem Schalter mein Geld abgebe, habe ich das Gefühl,

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