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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dauerte eine Weile, bis Theo sich ausgehustet und -gekeucht hatte. Während er seine nasse Hemdbrust mit den Tüchern abtupfte, die Stockrose ihm reichte, ging es in seinem Kopf drunter und drüber. »Soll das heißen, daß … daß diese kriminellen Irren, die Nieswurzen und Stechäpfel… daß sie vorhaben, meine ganze Welt zu vernichten?« Er hatte sich mittlerweile damit abgefunden, daß Apfelgriebs’ Würger – die Exzisoren, wie sie sich anscheinend selber nannten – einen Haß auf die Menschen hatten und sie womöglich sogar auslöschen wollten, aber er hatte sich das in Form einer terroristischen Zelle oder dergleichen vorgestellt, die vielleicht gelegentliche Gewaltakte verübte, aber nicht die totale Ausrottung der Menschheit betrieb.
    »Die Entfesselung der Urnacht würde deine Welt weniger zerstören als sie bis zur Unkenntlichkeit verändern«, sagte Stockrose. »Aber die Folgen wären dennoch entsetzlich.«
    »Aber warum wollen sie etwas Derartiges tun?«
    »Ich vermute, es geht um Kraft. Du hast doch den Störfall gestern nacht mitbekommen, nicht wahr, oder hast du da schon geschlafen?«
    »Kraft? Im Sinne von … Elektrizität?«
    Stockrose schaute einen Moment verwundert, dann nickte er.
    »Sicher, das ist die Wissenschaft deiner Welt, nicht wahr? Hier bezeichnet das Wort einen seit gut fünfhundert Jahren überholten Aberglauben. Ja, die Kraft, die unsere Gesellschaft am Laufen hält, unsere Gebäude beleuchtet, unsere Räume heizt und unsere Fahrzeuge treibt. Diese Störfälle werden in letzter Zeit immer häufiger und schwerer. Es ist kein Zufall, Junker Vilmos, daß die fanatischsten Exzisorenfamilien auch die Werke besitzen, in denen die Kraft erzeugt wird. Aus irgendeinem Grund, vielleicht wegen unseres raschen Bevölkerungswachstums und der steigenden Nachfrage, vielleicht auch aus einem spezifischeren und weniger offensichtlichen Grund, fällt es unserer Wissenschaft und vor allem diesen Familien schwer, den Kraftbedarf unserer Zivilisation zu decken.
    Soweit wir das Problem durchschauen, besteht ein Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der sogenannten Technik in deiner Welt und den Ausfällen in unserer, dergestalt, daß wissenschaftliche Fortschritte bei euch in irgendeiner Form Rückschläge bei uns verursachen, die immer fataler werden. Viele sind der Meinung, daß deine Welt und unsere ein geschlossenes System bilden, daß wir eure Unwissenheit brauchen, um selber stark zu bleiben. Wenn das stimmt, ist das in mehr als einer Hinsicht eine schlechte Zeit für Elfien. Die Menschheit schüttelt nach und nach ihre alten Anschauungen ab, die Anschauungen, die unserer Welt Kraft zuführen, während gleichzeitig der Bedarf unserer Zivilisation an dieser Kraft exponentiell in die Höhe schnellt.«
    Die Charakterisierung der Menschen als unwissend, selbst aus dem Mund dieses ungewöhnlich aufgeschlossenen Elfs, wurmte Theo ein wenig, erinnerte ihn aber auch an das tiefere Paradox, das ihm schon den ganzen Tag zu schaffen machte. Sie reden weiter von »deiner Welt« und »deinen Leuten«, dachte er, aber da liegt genau mein Problem. Ich bin gar kein Mensch, falls mich nicht alle hier anlügen … und das muß mit ein Grund sein, weshalb ich in diesen ganzen Schlamassel geraten bin. Doch er war mit diesem Verständnis von sich selbst groß geworden, und ein lebenslanges Identitätsgefühl wurde man nicht über Nacht los – vielleicht nie. Aber wie soll ich verstehen, warum diese Exzisoren mich haben wollen, wenn ich nicht so denken kann wie sie?
    »Ich versuche, mit alledem mitzukommen«, sagte er. »Wirklich. Du glaubst, die wollen irgendwie diese Supernacht herbeiführen, damit die Welt – die Menschenwelt – ins Mittelalter und die abergläubischen Vorstellungen von damals zurückfällt? Damit ihr Elfen es leichter habt, uns Kraft abzuzapfen?«
    »Urnacht. Vielleicht ist es das, was sie wollen, ja. Ich muß gestehen, daß ich das Ganze nicht vollständig überblicke – es ist in jedem Fall ein hochkomplizierter und seit Jahren verfolgter Plan –, aber es ist die einzige Erklärung der Vorfälle, auf die ich erst einmal komme.«
    »Und dazu gehört, daß sie für irgend etwas dieses Schreckliche Kind brauchen – und mich auch?«
    »Wieder, vielleicht.« Stockrose seufzte. »Sicher weiß ich nur eines: Unsere Gegner werden sich nicht damit zufriedengeben, darüber nur auf die übliche Art im Parlament der Blüten zu streiten oder auf der heutigen Gipfelkonferenz, wie Narzisse und andere von

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