Der Blumenkrieg
Käferkampf gegangen.«
»Wuschel hat kein Geld bei sich, da dürfte das ungefährlich sein.« Theo wußte nicht so recht, was er sagen sollte. »Danke noch mal, daß du mir deinen Mantel geliehen hast.«
Der Goblin zuckte die Achseln. »Werd ihn vor dem Winter nicht brauchen. Nimm ihn. Bist ja Knopfs Freund.«
Theo setzte sich ihm gegenüber ans Feuer. Der Goblin bewegte sich sehr langsam, machte aber den Eindruck, daß er sehr viel schneller sein konnte, wenn er wollte – und diese Augen! Theo fiel sein kurzer Halbtraum über das Wolfshaus im Zoo ein. Er betrachtete den dunklen, schweigenden Kleiderhaken. Konnte ein Goblin ein Werwolf sein? Das kam ihm übertrieben vor. Mamsell Zwick, die Puck, hatte gemeint, er wäre halb wild. Was konnte wild bei einem Goblin bedeuten? War er einer von diesen Grimbolden, die Theo vom Zug aus gesehen hatte? Sie waren, erinnerte er sich, imposante Erscheinungen gewesen.
»Kannst du mir ein wenig von diesem Lager hier erzählen?« fragte er. »Weißt du, ich bin nur deswegen hier gelandet, weil Knopf mir zufällig einen Zettel mit dem Namen der Brücke drauf gegeben hat. Alle scheinen zu denken, daß wir Freunde von ihm sind, aber im Grunde kennen wir ihn gar nicht.«
»Er kennt dich.« Kleiderhaken begutachtete wieder seinen Stock, prüfte die Spitze mit einem Finger. »Er lädt nur Leute ein, von denen er weiß, daß sie taugen. Uns übrige läßt er andere neue Leute anwerben.« Nach dieser für seine Verhältnisse außergewöhnlich langen Rede hielt der Goblin wieder den Stock ins Feuer.
»Demnach ist er … was, der Anführer?«
Kleiderhaken zuckte die Achseln. »Er ist der Gescheite. Der mit den Ideen. Er … weiß Bescheid.«
Theo schüttelte den Kopf. »Ich kapier das nicht. Heißt das, Knopf ist irgendwie der Bürgermeister von … dieser Zeltstadt hier? Hat er sie ursprünglich ins Leben gerufen?«
Kleiderhaken grinste. Seine Zähne waren ebenfalls gelb und ziemlich spitz. »Es hat schon immer Leute hier gegeben, seit der Flußlauf geändert wurde. Arme Leute. Hungrige Leute. Knopf hat ihnen geholfen. Aber der … Bürgermeister?« Ein Lachen erscholl, das sich anhörte wie ein pfeifendes Husten.
»Vielleicht benutze ich das falsche Wort …«
»Nein, ich kenne das Wort. Elfen, die Vorsteher von Dörfern und Siedlungen sind. Dicke Männer, die wichtig klingende Reden halten. Nein, so einer ist Knopf nicht. Er ist kein Bürgermeister. Ich denke, er ist ein General.«
Es dauerte etwas, bis Theo begriff. »Du meinst, das hier ist … eine Armee?«
»Noch nicht. Vielleicht bald.« Kleiderhaken zog den Stock heraus und prüfte erneut die Spitze.
Unschlüssig, was er von alledem halten sollte, starrte Theo das schwarz gebrannte Stück Holz an, das durch das Schleifen am Stein nadelspitz geworden war. »Was willst du damit machen? Überhaupt irgendwas?«
Der Goblin nickte nachdrücklich. »O ja. Wenn wir nicht bald die Gelegenheit bekommen, ein paar von diesen Blumenschweinen abzustechen, werde ich damit durchs Lager gehen und das Ding einem Brownie namens Flechter ins Ohr rammen, bis tief in seine Denkorgane.« Wieder ließ er das pfeifende Lachen hören, doch diesmal hatte er ein unangenehmes Funkeln in den Augen. »Das wird ihn lehren, mich beim Steinehaschen zu betrügen.«
»Mit Sicherheit wird er es danach nicht noch mal machen«, erklärte Theo ernst. »Habe ich dir eigentlich gesagt, wie dankbar ich bin, daß ich diesen Mantel benutzen darf?«
N icht ohne eine gewisse Erleichterung ließ er den Goblin sitzen und machte sich auf die Suche nach etwas zu essen. Er hatte seit dem späten Nachmittag, als er sich den letzten Brotrest mit Segge geteilt hatte, nichts mehr gegessen, und es war ein langer Tagesmarsch gewesen. Kleiderhaken hatte ihm noch erzählt, daß es nach Knopfs Rede oder Geschichte ein großes Mahl geben würde, aber Theo wollte nicht so lange warten, zumal er sich nicht sicher war, daß er die ganze Nacht wachbleiben wollte, bloß um sich anzuhören, wie irgend so ein Goblinmullah Gleichnisse verzapfte oder Hetzreden schwang oder was der Kerl sonst tun mochte.
Das Lager war bei Nacht, wenn die Vögel weg waren und überall Feuer brannten, noch merkwürdiger als am Tag. Unheimliche Gestalten tauchten vor ihm auf, jede beklemmender und erschreckender als die davor. Theo mußte sich immer wieder sagen, daß die Leute um ihn herum keine Halloweenmasken trugen und keine Schauspieler hinter der Bühne eines Kindertheaters waren: Sie sahen
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