Der Blut-Mythos
er war link, er sah nur seinen Vorteil, und vor allem mußte er Blut trinken, um überleben zu können.
»Hast du dich entschieden, Sinclair?«
»Ja, das habe ich.«
»Dann hol mir Chronos her. Er ist bestimmt hier in der Nähe, das weiß ich.«
»Warum suchst du ihn nicht selbst?«
»Sinclair, wie kannst du das sagen? Vor mir würde er sich nur verstecken. Ich würde nicht an ihn herankommen, dir aber vertraut er.«
»Wahrscheinlich nicht mehr. Wenn er sich tatsächlich hier in der Nähe aufhalten sollte, wird er uns auch gehört haben. Außerdem habe ich zwei seiner Vampire erlöst, und darüber wird er sich nicht freuen.«
»Was du auch tust, Sinclair, denk immer daran, daß ich deine kleine Freundin habe. In ihren Adern fließt ein wunderbares, köstliches Blut. Ich habe es bereits gerochen, und meine Gier wächst von Minute zu Minute.«
Er wußte, wie man mich reizen konnte. Noch einmal lachte er auf, dann zog er sich mit seiner Geisel zurück. Er verschwand einfach durch die offenstehende Tür in ein Haus und ließ mich allein auf der Straße zurück.
Ich stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Ich wußte nicht, was ich noch denken sollte. Dieses Vampirspiel war einfach zu verrückt, um es durchschauen zu können. Aus Jägern wurden Gejagte, aus Gejagten wurden Jäger.
Eine Lösung war für mich nicht in Sicht. Ich war verschollen in der Vergangenheit, in einem ungarischen Dorf, in dem Chronos als Vampir hauste oder gehaust hatte.
Dracula 11 war wie ein Spuk gekommen und auch wieder so verschwunden. Aber er hatte Marita mitgenommen, eine lebende Trumpfkarte, das durfte ich nie vergessen.
Wo konnte sich jemand wie Chronos verstecken? Natürlich in den Häusern.
Vielleicht in der Umgebung, aber andere Verstecke gab es nicht. Falls er sich überhaupt hier in seiner Well aufhielt. Es konnte auch sein, daß er Marita und mich auf die Reise in die Vergangenheit geschickt hatte und er einfach weggeblieben war, weil er nicht auf Dracula II treffen wollte.
Wenn das der Fall war, sah ich alt aus.
Wohin sollte ich gehen? Mallmann verfolgen? Ich wußte, in welchem Haus er sein Versteck gefunden hatte. Oder war es besser, wenn ich die anderen Hütten durchsuchte und in einer von ihnen einfach auf Chronos wartete.
Als einzige Möglichkeit blieb mir die Durchsuchung der weiteren Hütten. Ich würde auf Vampire treffen, ich würde sie wahrscheinlich auch der Reihe nach erlösen und so die Streitmacht des Chronos aus dem Weg räumen, aber ob ich ihn selbst dabei…
»Sinclair!«
Da war die Stimme. Ich hatte sie sehr deutlich vernommen, obwohl man mich leise angesprochen hatte. »Geh nur weiter, Sinclair.«
»Alles klar«, murmelte ich, denn jetzt hatte ich die Stimme erkannt. Chronos war in der Nähe, doch ich sah ihn nicht. Aber er war nah. Sein Flüstern strich an meinem rechten Ohr entlang. Er sah mich, ich konnte ihn nicht entdecken. Wahrscheinlich steckte er in einem Zeitloch.
»In das nächste Haus auf der rechten Seite wirst du gehen und dort einfach warten.«
»Gut«, gab ich zurück. »Aber du weißt auch, daß sich dein Todfeind in deiner Welt hier aufhält.«
»Ja, ich habe ihn gesehen. Ich habe auch zugehört, und ich weiß, daß du Marita retten willst.«
»Sie ist auch deine Verbündete, vergiß das nicht.«
»Sicher, sie hat mich entdeckt.«
»Wo passierte das?«
»In Ungarn. In ihrer Heimat, der sie einen Besuch abstattete. Dort fand sie die alten Geschichten über mich, und sie wußte auch, daß sie eine Uhr suchen mußte. Die hat sie gefunden, eine alte Uhr, die mit meiner Existenz verknüpft ist. Marita hat alles gewußt. Sie brachte die Uhr wieder in Ordnung. Die Zeiger laufen, und die alte Kraft ist nicht verlorengegangen. Ich kann die Zeiten überbrücken, und ich bin Marita sehr dankbar deswegen. Aber ich werde mich nicht für sie opfern. Ich habe ihr genug Chancen gegeben und auch nicht ihr Blut getrunken, sondern sie als Partnerin gesucht.«
»Klar, die dann mit mir Kontakt aufnahm.«
»So hatte es sein sollen. Du bist von deiner Aufgabe noch nicht befreit worden. Vernichte Mallmann, obwohl er verlangt hat, daß du mich vernichten sollst.«
»Ich werde mein Bestes tun!« erwiderte ich sarkastisch und war in der Stimmung, mir selbst in den Hintern zu treten.
Das tat ich nicht.
Dafür öffnete ich mit einem Ruck die Tür.
Der nächste Schritt in die Hütte hinein brachte mir den Schock. Sie war voll mit Vampiren, aber davon existierte keiner mehr. Dracula II war schneller
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