Der Blutfluch: Roman (German Edition)
büßen, Friedrich. Weder Rupert von Urach noch Aliza haben Unrecht begangen. Ich habe gesehen, wie Aliza mit gelöstem Haar deine Blicke auf sich gezogen hat … Ich war eifersüchtig und habe ihre Verhaftung ohne nachzudenken gefordert. Die Eifersucht, nicht die Empörung über Spitzeldienste, hat sie in den Kerker gebracht. Inzwischen weiß ich, dass sie nicht freiwillig in meine Dienste getreten ist.
Ich
muss gegen meine Eifersucht ankämpfen, nicht eine Unschuldige. Gib Befehl, dass man sie freilässt. Noch heute.«
»Das kann und werde ich nicht tun, Beatrix.«
Ungläubig starrte sie ihn an, als stünde sie einem völlig Fremden gegenüber.
»Erkläre mir deine Gründe«, bat sie schließlich. Dabei sah sie angestrengt an ihm vorbei auf die Jagdszenen eines Wandteppichs. Sie verströmte so viel gekränkte Würde, dass Friedrich die Maske des Kaisers fallen ließ, hinter der er seine Empfindungen für sie so oft verbarg.
»Es müssen alle zur Rechenschaft gezogen werden, darauf hast du einen Anspruch. Ihn durchzusetzen ist nicht nur meine Pflicht, ich tue es auch aus Zuneigung.«
»Ich danke dir.«
Beatrix beherrschte ihre Gefühle und blieb sachlich. »Ich glaubte, Berthold bräche unter den Vorwürfen zusammen und bekennte sich schuldig. Ich habe mich getäuscht. Er wie seine Schwester würden nie eingestehen, dass Rupert und Aliza die Wahrheit sagen. Und wenn sie auch nur der Anflug eines Gewissens plagte, würde Heinrich dafür sorgen, dass sie den Mund halten. Er duldet keinen Rost auf seinem Schwert, habe ich recht?«
»In der Tat.« Friedrich nickte bestätigend. »Ich sehe, du verstehst mich. Aber ich sehe dir auch an, dass du nicht glücklich dabei bist.«
»Wie könnte ich das sein? Du vergisst die beiden im Gefängnisturm. Du hast einen Ritter einkerkern lassen, der sich nur der Wahrheit verpflichtet sieht, und weigerst dich, eine Frau in die Freiheit zu entlassen, der man höchstens vorwerfen kann, dass sie die Ihren um jeden Preis schützen wollte. Keiner von ihnen hat verdient, was ihm angetan wurde.«
Zum Ende hin war ihre Stimme anklagend geworden.
»Dann hör mir zu und urteile nicht, ehe du nicht meine Gründe und meine Pläne kennst und geprüft hast.«
»Entschuldige. Aber ich kann nicht begreifen, warum du so unversöhnlich bist. Erklär es mir, damit …«
Er wartete vergeblich, dass sie den Satz beendete. Als dies nicht geschah, griff er nach ihren Händen und küsste sie auf die Stirn.
Ihr sprödes Zurückweichen entlockte ihm ein lautstarkes »Zum Henker, Beatrix!«.
Die Augen geweitet, bestaunte sie wortlos diesen Ausbruch ungewohnter Gereiztheit. Seit wann fluchte er in ihrer Gegenwart?
»Noch einmal zum Henker. Du hast ja recht damit, meine eigensinnige Beatrix, dass ich nur einen Mann verurteilen darf, dessen Schuld zweifelsfrei erwiesen ist. Entweder, weil er selbst seine Verfehlung zugibt oder weil es gesicherte Beweise dafür gibt. Bezichtigungen allein sind keine Beweise.«
»Insbesondere, wenn sie von einer fahrenden Tänzerin und einem abtrünnigen Lehnsmann gegen einen Fürsten erhoben werden«, nickte Beatrix einsichtig. »Das Recht ist gerne auf Seiten der Mächtigen, ich weiß. Was kannst du tun, diese blinde Überheblichkeit in sehende Gerechtigkeit zu verwandeln?«
»Was jeder kluge Jäger tut, wenn er ein besonders scheues Wild erlegen möchte. Er stellt Fallen.«
Auffordernd sah er sie an. Beatrix verstand. Sie sollte seine Gedankengänge nachvollziehen, so wie er nachvollzogen hatte, was sie bewegte.
Geistesabwesend nach der Nase greifend, kam sie mit ihren Überlegungen allerdings zu einem Schluss, der ihr wenig behagte.
»Lass mich raten. Du lässt Aliza im Kerker, weil auch du sie zum Lockvogel machen willst? Du glaubst, Berthold müsse um seiner Sicherheit willen versuchen, sie zum Schweigen zu bringen, sobald sich ihm eine Gelegenheit dafür bietet?«
»Sie hätten dich Sophia, die Weise, nennen sollen.«
»Ich bin lieber Beatrix, die Glückliche«, entgegnete sie.
»Das ist ein gefährlicher Plan, der Aliza in Lebensgefahr bringen wird.«
»Der Erzkanzler hat Befehl, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Für morgen ist eine Wildschweinjagd angesagt, an der Berthold unter den gegebenen Umständen sicher nicht teilnehmen wird. Wenn alle Fürsten und der Kaiser im Forst sind, hat er freie Bahn in der Pfalz.«
»Er könnte Aliza auch von einem Helfershelfer ermorden lassen. Dann würde er selbst erneut ungeschoren davonkommen.« Beatrix
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