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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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brachte es kaum über die Lippen.
    »Eine Tote würde zu viele Fragen aufwerfen. Nein, er muss sie aus der Pfalz schaffen und ihre Flucht vortäuschen. Die Wachen im Gefängnisturm sind gegen meine Männer ausgetauscht worden. Sie sind erfahren genug, ihre Rollen zu spielen und im richtigen Moment zuzuschlagen. Sie werden Berthold auf frischer Tat ertappen, bevor er ihr auch nur ein Haar krümmt.«
    »Und wenn nicht alles nach Plan geht?«, forschte Beatrix immer besorgter.
    »Du vergisst, dass wir uns seit vielen Jahren kennen. Wenn Berthold nicht auf diesen Gedanken kommt, dann wird Heinrich ihn darauf bringen. Dem liegt noch mehr daran, die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren.«
    »Wegen Clementia, weil sie sich so stark ihrem Bruder verpflichtet fühlt, meinst du?«
    »Warum nimmst du eigentlich an, dass der Löwe nichts von der Hinterlist gewusst hat?«, wunderte er sich.
    »Sein Lachen verriet es. Er wollte die Situation entspannen und Zeit zum Nachdenken gewinnen. Er ist kein Kuno von Vohburg, der Vergnügen daran findet, andere zu demütigen und zu bedrohen. Im Grunde liegt ihm wie dir daran, das Gleichgewicht der Kräfte zu wahren. Es ist schwer, die wahren Schuldigen angemessen zu bestrafen. Sizma ist dir bei Kuno von Vohburg zuvorgekommen und hat mit ihrem Leben dafür bezahlt. Muss Aliza vielleicht mit ihrem Leben dafür zahlen, dass Berthold gerichtet werden kann?«
    »Die Parteinahme Clementias für ihre Vaterfamilie wird Heinrich noch teuer zu stehen kommen. Sie liefert mir den Grund, Verhandlungen über den Tausch ihres Heiratsgutes aufzunehmen. Er wird einsehen müssen, dass ich keine Allianz mit Zähringen dulden werde.«
    »Und was hast du am Ende für Berthold im Sinn? Auch ihn kannst du nicht öffentlich demütigen.«
    »Ich nehme an, ich werde ihm eine Klostergründung oder Ähnliches auferlegen. Vielleicht in deinem geliebten Burgund, was hältst du davon? Damit kann er nach außen das Gesicht wahren. Wir werden vor allem dafür sorgen, dass er seine Schatztruhen weit aufmacht. Es wird ihn hart treffen. Er ist ein sparsamer Mensch und gibt nicht gerne etwas ab. Vielleicht bitten wir ihn zusätzlich noch um einen besonders prächtigen Reliquienschrein für die Pfalzkapelle von Villa Lutra. Immerhin wurde in diesen Mauern das Komplott aufgedeckt, und Unschuldige haben ihr Blut vergossen.«
    Er verströmte solche Siegesgewissheit, dass Beatrix keinen Zweifel daran hatte, dass er seinen Willen durchsetzen würde.
    »Es macht dir Vergnügen«, erkannte sie. »Die Versöhnungsfeier vom Dreikönigstag bereitete dir nicht halb so viel Genugtuung wie dieses Intrigenspiel. Du hast auch Rupert von Urach nicht festgesetzt, um ihm Gelegenheit zur Einkehr zu geben, sondern um ihn an unbedachten Aktionen zu hindern, die deine Pläne durchkreuzen könnten.«
    »Er ist so von der Ägypterin eingenommen, dass ich ihm jede Dummheit zutraue. Dabei könnte er uns versehentlich in die Quere kommen. Ein paar Nächte voller Selbstzweifel haben noch keinem Hitzkopf je geschadet.«
    »Du hast alles geplant.«
    »Gewiss. Hattest du je Zweifel daran? Ich regiere, weil mich weder Heinrich noch Berthold ins Joch zwingen können. Schwäche würde mich die Krone kosten.«
    Aliza
Villa Lutra, 9. Januar 1157
    V erzweifelt bemüht, bei klarem Verstand zu bleiben, kauerte Aliza auf dem Stroh, das man ihr in eine Ecke des Kerkers geworfen hatte. Wenn sie dem Elend nachgab, das sie empfand, würde sie noch den Rest ihrer Menschenwürde verlieren. Kälte, Dunkelheit und Stille waren die einzigen Zeugen ihres Ringens um Standhaftigkeit.
    Gegen Hunger und Durst brachte ihr ein Kerkerknecht altes Brot und Wasser, aber er war schon seit Ewigkeiten nicht mehr erschienen.
    Im gnadenlosen Biss der Kälte hatte Gleichgültigkeit sie befallen, doch inzwischen hatte sie einen nahezu euphorischen Zustand erreicht. War dies ein neuer Anfang oder ein Ende in Dunkelheit und Schrecken? War es die gerechte Strafe für das Teufelsbalg oder der Weg durch das Fegefeuer in die Erlösung, wie es das Christentum verhieß?
    Kein noch so schwacher Lichtschimmer oder auch nur die Andeutung eines Geräusches halfen ihr, die Zeit zu messen. Das Gefühl für Tag und Nacht, das sich unter freiem Himmel so leicht einstellte, verlor sich in diesen Mauern. Bilder und Gesichter verschwammen. Sie wusste nicht mehr, ob sie die Augen offen oder geschlossen hielt. Hände, Füße starben ab.
    Als sich die Pforte quietschend in den Angeln bewegte, hielt sie es für

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