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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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Donaustauf geboten wurde, tat ihr von Herzen leid. Der Langweiler war Clementias Kaplan, Bruder Diebold. Beatrix hätte gerne gewusst, warum sie ausgerechnet ihn für dieses Amt gewählt hatte. Seine Vorlesekunst konnte wohl kaum den Ausschlag gegeben haben.
    Erstaunt hatte sie feststellen müssen, dass am Hofe des Kaisers nur wenige Menschen des Lesens und Schreibens kundig waren. Sogar Friedrich selbst konnte gerade seinen Namen unter wichtige Dokumente setzen. Im Alltag benötigte er einen Ministerialen, der ihm Botschaften und Akten vorlas.
    »Eure Majestät!« Clementia spürte endlich die Zugluft, die die halb offene Tür verursachte und entdeckte Beatrix. Sie erhob sich eiliger als der Mönch und die übrigen Damen. »Niemand hat Euer Erscheinen angekündigt. Verzeiht, ist es klug, das Krankenlager schon wieder zu verlassen? Fühlt Ihr Euch schon kräftig genug?«
    »Es geht mir gut«, wehrte Beatrix ab. »Was mir fehlt, sind Zerstreuung und frische Luft. Zu gerne würde ich ein paar Schritte im Freien gehen. Wie schade, dass es hier keinen Kreuzgang und keinen Garten gibt.«
    »Einen Garten können wir Euch nicht bieten, Majestät«, meldete sich der Benediktiner zu Wort und verneigte sich. »Aber eine Promenade auf den Wehrgängen der Burg bietet Euch möglicherweise, was ihr sucht. Der Blick schweift von dort oben so weit über das Land, dass es Euch vorkommen wird, als würdet Ihr auf Vogelschwingen darübergleiten.«
    »Die Treppen dort hinauf sind steil und hoch. Viel zu hoch …« Clementia wollte nicht näher auf die Krankheit der Königin eingehen. Mit einer Handbewegung deutete sie an, dass sie abriet.
    Beatrix hatte sich schon gegen den Widerstand der Kammerfrau und der Wehmutter aus dem Bett erhoben, weil sie nicht länger tatenlos den eigenen Gedanken nachhängen wollte. Außerdem gab sie wenig auf ihr Unwohlsein. Man hatte ihr von allen Seiten versichert, ihre Fehlgeburt sei normal und nur ihrer Jugend zuzuschreiben. Wozu sich dann lange mit den Folgen aufhalten?
    »Gehen wir«, sagte sie deswegen energisch und lächelte den Benediktiner an. »Wollt Ihr uns nicht den Weg zeigen, Bruder?«
    »Wenn Ihr mir bitte folgen wollt, Majestät.«
    »Gerne. Wenn Euch die Stiegen zu steil sind, Herzogin, seid Ihr natürlich entschuldigt,« lächelte Beatrix.
    Psalter und Stickzeug wurden zurückgelassen. Die Gruppe machte sich plaudernd auf den Weg.
    Beatrix trat im selben Moment unter dem Doppeltor des Palas auf die Freitreppe, als ein Reitertrupp davor die Pferde zügelte. Der Kaiser an seiner Spitze war sichtlich angetan davon, sie auf den Beinen zu sehen. Er warf sich geschmeidig vom Pferd und war bei ihr, ehe sie den Fuß auf die erste Stufe gesetzt hatte. Prüfend sah er ihr in die Augen.
    »Es geht mir wieder gut. Wirklich!« beschwichtigte sie seine Sorge. »Bruder Diebold will uns auf die Wehrgänge führen. Man soll von dort einen ganz besonderen Ausblick auf den Fluss und das Regensburger Land haben. Hat er recht?«
    »Wenn ich von dort ins Tal blicke, sehe ich das Land vor allem im Hinblick darauf, wie es verteidigt werden kann, mit seinen Straßen, die weithin eingesehen werden können«, antwortete der Kaiser lächelnd. »Es bedarf wohl eines liebenswürdigen Gemüts wie des deinen oder das des frommen Paters Diebold, um von dort Gottes wunderbare Schöpfung wahrzunehmen. Willst du, dass ich dich begleite?«
    »Wenn es deine Zeit erlaubt.«
    »Ich habe mich von den Vorbereitungen des Reichstages losgerissen, um dich aufzusuchen, meine Liebe. Ich bin erfreut, dich bei so guter Gesundheit zu finden. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
    Er bot ihr den Arm, und Beatrix stützte sich erleichtert auf ihn, während sie am Palas vorbei zum nächsten Aufgang schritten.
    Sie freute sich auf den gemeinsamen Gang. Die Möglichkeiten, sich genauer kennenzulernen, waren bislang beschränkt geblieben. Seit den Tagen ihrer Hochzeitsfeier hatten sie nur wenige echte Mußestunden zusammen gehabt.
    »Wie lange kannst du in Donaustauf bleiben?«, fragte sie, während sie am Brunnenhaus innehielten, damit seine Begleiter zu den Ställen reiten konnten, um den Hof zu räumen. Allenthalben war der Platz für die vielen Menschen zu klein, und man musste sich zusammendrängen.
    »Das hängt von Heinrich Jasomirgott ab. Er besteht darauf, den Ort unseres Zusammentreffens zu bestimmen«, antwortete Friedrich. »Er will die Stadt nicht betreten. Stattdessen hat er sein Lager auf den Barbinger Wiesen vor Regensburg

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