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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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auf dessen Brust.
    »Ihr solltet antworten, Pflupfennig«, empfahl er ihm. »Ich habe keinen Grund, Rücksicht auf Euch, auf Eure Frau oder Eure Tochter zu nehmen. Ihr habt lange Jahre mit mir zusammengearbeitet. Ebenso wie Wilham von Cronen. Wir haben glänzende Geschäfte miteinander gemacht. Aber dann wurde mein Sperberhof überfallen. Der bronzene Ritter war dabei, der Henker des von Euch geleiteten Femegerichts. Ich kann mir denken, wer ihm den Auftrag gegeben hat.«
    Die Lippen des Grafen zuckten. Er fuhr mit der Zunge darüber und schloss und öffnete seine Augen in rascher Folge.
    »Ich höre!« Hinrik trat wieder näher an das Bett heran. »Wieso ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt?«
    »In der Hölle sollt Ihr ewig brennen!«
    |442| »Was hat Euch dazu veranlasst, gegen mich vorzugehen?«
    »Es hat mit meinem Bruder Albrecht zu tun«, erwiderte der Graf, wobei er sichtlich mit sich kämpfte. »Ihr habt widerliche Lügen über ihn verbreitet.«
    »Ich?« Hinrik schüttelte den Kopf. »Das ist ein Irrtum.«
    »Es ist ungeheuerlich. Ihr habt während der Beichte gelogen«, warf der Graf ihm vor. »Das ist Gotteslästerung!«
    »Unsinn«, wies Hinrik den Vorwurf zurück.
    »Bruder Franz hat Euch die Beichte abgenommen«, fuhr Pflupfennig heftig atmend fort. »Ihr habt ihm gegenüber behauptet, Bruder Albrecht habe sich im Wald an dem Knappen Felix vergangen.«
    »Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Das ist viele Jahre her.«
    »Bruder Franz hat all die Jahre geschwiegen. Er hat das Beichtgeheimnis gewahrt. Doch dann wurde ein Junge im Kloster aufgenommen, dem er sehr viel Sympathie entgegenbrachte und der ihm schnell ans Herz wuchs. Bruder Albrecht war freundlich und zuvorkommend zu dem Jungen. Das hat Franz falsch ausgelegt. Er ermahnte Albrecht, den Jungen in Ruhe zu lassen und ihm aus dem Weg zu gehen, drohte, den Bischof zu informieren und dafür zu sorgen, dass Albrecht nach Rom geschickt würde, wo er Buße zu tun hätte.«
    »Und das alles hat Euch Euer Bruder Albrecht erzählt«, erkannte Hinrik. »Anstatt den Kinderschänder Albrecht in die Schranken zu verweisen, hat sich Eure Wut gegen mich gerichtet. Ihr habt Wilham von Cronen informiert, und gemeinsam habt Ihr beschlossen, mich zu vernichten. Erstaunlich, dass Ihr Bruder Franz nicht getötet habt.«
    »Das war nicht nötig. Er ist mittlerweile eines natürlichen Todes gestorben.«
    |443| »Also bin ich der Einzige, der weiß, dass Bruder Albrecht ein Kinderschänder ist.« Er verschwieg wohlweislich, dass Greetje von der Tat des Mönchs wusste. Auch in seiner Beichte hatte er sie nicht erwähnt.
    »Das alles genügt nicht«, fuhr Störtebeker ungeduldig dazwischen. Hart packte er den Grafen an der Schulter. »Ich will endlich wissen, wer der bronzene Ritter ist. »Heraus damit, oder ich zünde Euch Haus und Hof an. Ihr werdet bei lebendigem Leibe geröstet. Und Eure Frau und Eure Tochter . . .«
    Eilige Schritte näherten sich. Die Tür flog auf, und Gödeke Michels stürzte herein. »Wir müssen sofort weg«, rief er. »Ein Trupp Landsknechte hat den Hof schon fast erreicht. Es sind mindestens fünfzig Mann!«
    »Einen Moment noch«, forderte Störtebeker. »Ich muss wissen, wer der Bronzene ist.«
    Graf Pflupfennig verzog die Lippen zu einem höhnischen Lachen.
    »Fahrt zur Hölle! Alle zusammen.«
    »Claas! Hinrik, wir müssen sofort weg«, drängte der Bärtige. »Beeilt Euch. Die ersten Landsknechte sind an der Brücke.«

|444| Im Namen Christi
    Mit schlurfenden Schritten zog der Nachtwächter, ein alter Mann, vorbei. Thore Hansen verachtete ihn. In seinen Augen verrichtete der Mann eine Arbeit, auf die man in der Stadt auch gut und gerne verzichten konnte. Für Sicherheit sorgte er jedenfalls nicht. Das flackernde Licht seiner Laterne zeigte an, wo er sich gerade aufhielt. Und er ging so langsam, dass genügend Zeit blieb, sich vor ihm zu verstecken, wenn man nicht gesehen werden wollte.
    Lautlos öffnete der Däne die Haustür des Fachwerkhauses und trat ein. Der Geruch von zahlreichen Kräutern schlug ihm entgegen. Da der Nachtwächter bereits vorbeigegangen war, zündete er eine Öllampe an und sah sich im Reich des verstorbenen Arztes Hans Barg um. Er ging systematisch vor und ließ keinen Winkel aus. Dabei stieß er auf eine ganze Reihe von beschrifteten Papieren. Da er nicht lesen und schreiben konnte, wusste er nicht, was für Wilham von Cronen wichtig oder unwichtig war. Er legte alles auf eine Bank, die neben der Eingangstür stand,

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