Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
überall gesucht. Bei dir zu Hause antwortet niemand, und auf deinem Handy werde ich sofort zur Voicemail weitergeleitet.«
»Mein Großvater würde nicht mal aufwachen, wenn eine ganze Armee durch sein Schlafzimmer marschiert. Ich war unterwegs.«
»Geht es dir gut, Luce? Wie ich hörte, habt ihr beide Nicole gefunden.«
»Wir haben das Kreuz meiner Mutter besucht. Der Mörder hat ihre Leiche ganz in der Nähe zurückgelassen.«
»Bobby meinte, sie wäre geschlagen und erwürgt worden.«
»Ich weiß.«
»Wie hat Quinn es aufgenommen?«
»Wie zu erwarten. Er ist im Weinkeller und versucht zu arbeiten.«
»Schau, ich bin auf dem Weg zum Pressetermin des Sheriff’s Department, ich muss mich also sputen. Kann ich dich nachmittags anrufen?«
»Natürlich. Schreibst du den Artikel?«
»Die gesamte Redaktion arbeitet daran.«
»Hast du schon eine Entscheidung wegen des Moskau-Jobs getroffen?«
Sie zögerte, und des Herz rutschte mir bereits in die Hose. Sie würde ihn annehmen. »Ja«, sagte sie, »die habe ich tatsächlich getroffen. Ich habe ihn abgelehnt.«
Ich lächelte ins Handy. »Da bin ich aber froh! Was hat dich umgestimmt?«
»Vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, über Schulausschusssitzungen zu schreiben«, sagte sie. »Und Bobby hat schließlich gemeint: Baby, geh nicht.«
»Wirklich? Dann scheint es ja ernst zu werden.«
»Ja, na klar. Der Speedy Gonzales der Romanzen. Das ist, als wolltest du einem Gletscher beim Schmelzen zusehen.« Sie kicherte über ihren eigenen Scherz. »Was machst du heute?«
»Besorgungen.«
»Mach dir nicht zu viele Gedanken, ja. Und schone dich. Wir sprechen uns später, Kleine.«
»Bis dann!«
Ich legte auf, schrieb Pépé eine Notiz zum Kaffee und fügte ein PS über Thelma und das Brot hinzu – wobei ich das rote Kleid allerdings unterschlug. Es entsprach einfach der Natur meines Großvaters, sich gegenüber jeder Frau, der er begegnete, nett und galant zu zeigen, doch die einzige wahre Liebe in seinem Leben war meine Großmutter gewesen. In ihrem tiefsten Inneren wusste Thelma dies, glaube ich.
Ich legte die Morgenzeitung auf den Couchtisch in der Bibliothek, wo er gerne las, und leerte seinen Aschenbecher. Er hatte einen ordentlichen Stapel von Ausgaben der Washington Tribune hinterlassen, die Ryans Kolumnen enthielten. Ich sammelte sie auf, um sie auf dem Weg zum Auto ins Altpapier zu werfen.
Wenn Nicole Martin sich mit einer anderen Frau getroffen hatte, gab es – außer mir – noch eine andere Frau, die nicht wollte, dass sie die Stadt mit dem Washington-Wein verließ. Amanda Heyward. Hatte sie versucht, Nicole aufzuhalten? Unsere Beziehung war aufgrund des Vandalismus von Kyra und der Tatsache, dass ich diese gezwungen hatte, meine Steinsäulen zu säubern, abgekühlt. Amanda nach Nicole zu befragen, nachdem deren Leiche auf dem Weingut gefunden worden war, würde keine leichte Aufgabe sein.
Ich öffnete die Seitentür des Kutschenschuppens und stopfte die alten Tribunes in die Papiertonne. Die oberste Ausgabe war noch so gefaltet, dass Ryans Kolumne zu sehen war – der Text über den Washington-Wein. Ich nahm sie und las sie erneut.
Ryan hatte nicht nur über den Margaux geschrieben, obgleich dieser das Kernstück seines Artikels bildete. Er hatte auch den Domaine de Romanée-Conti und den Château Dorgon erwähnt. Joe Dawson hatte gesagt, Valerie sei wegen etwas erregt gewesen, das sie in Bordeaux erfahren hatte. Ich hatte immer gemutmaßt, es sei der Margaux gewesen, da sowohl Valerie als auch Thomas Jefferson dieses Weingut besucht hatten. Der Domaine de Romanée-Conti war ein Burgunder – doch dann blieb immer noch der Dorgon. Ein Weingut, das nicht mehr existierte.
Gestern Abend hatte ich das Tagebuch von Jeffersons Europareise zu Ende gelesen. Es war eine peinlich genaue Auflistung all dessen gewesen, was er gesehen hatte, bis hin zu banalen Feststellungen wie der Anordnung der Backsteine an den Häusern entlang der Garonne. Im Gegensatz zu mir war ihm kein Detail entgangen.
Ich ging wieder ins Haus und klopfte an Pépés Schlafzimmertür. Er antwortete verschlafen.
»Entschuldige bitte, dass ich dich wecke, aber es ist wichtig«, sagte ich.
» Entrez .«
An seinem blau und weiß gestreiften Schlafanzug stand der oberste Knopf offen, und ein kleines Dreieck blasser Haut war zu sehen. Graue Haare ragten heraus. Ihn so zu sehen, statt distinguiert in einem abgetragenen, jedoch eleganten Anzug, ließ ihn verletzbar wirken. Mir
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