Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
Weingut zeigt.«
»Schön. Ich habe ihre Werke immer sehr gemocht.« Er schaute sich um. »Hallo, Bedienung, gibt’s hier irgendwas zu trinken? Das wird ganz schön lange dauern.«
Ich entschied mich gegen den Pinot und wählte eine Flasche Cabernet. Die nächsten zwei Stunden verglich er Flaschen mit der Liste, die ich erstellt hatte, und notierte sich zu ziemlich jeder von ihnen etwas auf seinem Block.
Schließlich ließ er den Stift fallen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, wobei er sich die Augen mit den Handflächen rieb. »Können wir hier Schluss machen? Die letzten fünf nehmen wir in die nächste Runde. Zusammen mit allem, was noch reinkommt.«
»Sie haben das Sagen.«
Er griff nach der Flasche Wein. Ich bedeckte mein Glas mit der Hand, daher goss er nur sich selbst ein.
»Sie haben da ein paar schöne Weine. Einige Flops, aber ich habe nicht einen einzigen als eindeutige Fälschung ausmachen können.«
»Können wir uns jetzt mal über die Washington-Flasche unterhalten?«
»Natürlich. Wo ist sie?«
Sie befand sich in einer anderen Nische, ganz allein. Ich holte sie und stellte sie so vor ihn hin, dass sie nicht direkt einem Lichtstrahl der Deckenbeleuchtung ausgesetzt war. Die Flasche, deren Inhalt so dunkel und dickflüssig war wie Blut, glänzte geheimnisvoll.
Er nahm sie in beide Hände, als halte er den Heiligen Gral. »Fantastisch!«
»Sind Sie sicher, dass sie echt ist?«
»Erlauben Sie mir einen kleinen historischen Abriss.« Vorsichtig setzte er die Flasche ab. »Bis spät ins siebzehnte Jahrhundert hinein gab es in Frankreich keine Weine, die von einem einzelnen Château produziert wurden. Man vermischte die Trauben, die an unterschiedlichen Orten geerntet wurden, und daher besaß das, was man daraus hervorbrachte, keinen eigentlichen Bezug zum Land.«
» Terroir «, sagte ich, und er nickte.
»Château Margaux – um das es sich hier handelt – war eines der ersten Châteaus, das seine Weine ausschließlich aus Trauben des eigenen Weinguts machte. Das brachte ihm eine Spitzenposition in der Weinproduktion ein, und die behielt es.« Er tippte sich an die Finger. »Zwei Dinge: Glas und Korken. Zu der Zeit, als dieser Wein in die Flasche abgefüllt wurde, war dickeres Glas für Lagerung, Reifung und Transport üblich geworden. Außerdem waren die Franzosen vom Verschließen ihrer Flaschen mit einer Lage Olivenöl und Wachs zum Gebrauch von Korken übergegangen.«
Er machte eine Pause, um sein Glas mit dem restlichen Cabernet zu füllen. »Wo war ich stehen geblieben?«
»Beim Gebrauch von Korken statt Olivenöl und Wachs.«
»Genau. Jetzt konnte man also Weine verschiffen. Im achtzehnten Jahrhundert hatten die Portugiesen – die wichtigsten Lieferanten von Kork – eine längliche Flasche mit kurzem Hals und einer Schulter eingeführt. Natürlich fiel ihre Form leicht unterschiedlich aus, da jede Flasche mit dem Mund geblasen wurde.« Er streichelte den Washington-Wein mit der Rückseite seines Zeigefingers vom Hals hinab bis zur sich wölbenden Schulter. »Die neue Form erlaubte es, die Flaschen der Länge nach zu stapeln – statt sie aufrecht hinstellen zu müssen –, daher trockneten die Korken nicht mehr aus, und der Wein verdarb nicht. Das war von Vorteil bei langen Transportwegen, wie der Überquerung des Atlantiks.«
Er zeigte auf den Margaux. »Diese Flasche entspricht perfekt all jenem, was den Überlieferungen zufolge im Jahre 1790 verfügbar war. Außerdem verlangte Thomas Jefferson immer, dass sein Wein – vor allem sein Bordeaux – in Flaschen geschickt wurde, nicht in Fässern.«
»Wäre es nicht günstiger gewesen, ihn in Fässern zu verschiffen?«, fragte ich.
»Natürlich, aber die Chance wäre dann denkbar gering gewesen, dass die Weine, die er bestellt hatte, und die, die er schließlich erhielt, auch wirklich ein und dieselben waren.« Ryan trank von seinem Cabernet, schob seinen Stuhl zurück und hockte sich hin, sodass er auf Augenhöhe mit der breitschultrigen Flasche war. »Selbst wenn die Franzosen – vor allem in Südfrankreich – nicht auf die Idee gekommen wären, den Wein zu panschen und Jefferson zu betrügen, und wenn sie ihm tatsächlich geliefert hätten, was er glaubte bestellt zu haben, dann hätten die Leute auf den Schiffen, in denen der Wein über den Atlantik oder die Flüsse hinauf gebracht wurde, von dem Inhalt getrunken und was fehlte danach mit Flusswasser aufgefüllt.«
Ich schnitt eine Grimasse. »Das ist ja
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