Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
betrat. Seine Pferde führten ein reglementiertes Leben – vor allem jene, die noch ausgebildet wurden. Dennoch entschieden letzten Endes die Tiere, was sie zu tun bereit waren, und die Trainer waren klug genug, sie nicht zu irgendetwas zu zwingen. Micks Zucht umfasste Vollblüter, die er bei Rennen starten lassen wollte, einige Pferde für die Fuchsjagd und zwei Koppeln mit Poloponys. Für ihre Pflege hatte er einen Mitarbeiterstab von sechs Stalljungen und Trainern, die Tommy Flaherty, dem irischen Cheftrainer, unterstellt waren. Mick und Tommy hatten den gesamten Frühling und Sommer damit verbracht, die Renovierung von Scheunen, Ställen, Koppeln, Offenställen und Weiden zu überwachen, daneben das Anstreichen kilometerlanger Gatter, die das Land wie ein gigantisches Schachbrett unterteilten. Nachdem die Arbeiten jetzt beendet waren, sah das Ganze überwältigend aus.
Während ich zum Hauptstall ging, schaute ich auf die Uhr. Kurz nach halb fünf. Fütterungszeit. Für die Monate, in denen die Vollblüter trainiert wurden, hatte Tommy bestimmt, dass die Scheunen erst nach vier Uhr betreten werden durften.
»Diese Pferde sind Athleten«, hatte er mir einmal mit seiner melodischen Stimme erklärt. »Sie trainieren hart, Schätzchen, und sie brauchen ihr Nickerchen. Ich lasse nicht zu, dass sie irgendjemand dabei stört.«
Als Erstes besuchte ich mein Lieblingspferd – Black Jack –, einen Vollblüter, dessen glänzendes Fell seinem Namen alle Ehre machte. Sein Futterkübel sah noch voll aus, dennoch kam er zum Stallfenster, schnüffelte an meiner Hand und wartete auf einen Leckerbissen, als ich ihn rief. Einer der Stalljungen holte eine Mohrrübe aus der Tasche und gab sie mir.
»Haben Sie auch Äpfel?«, fragte ich. »Er liebt Äpfel.«
»Wenn Sie ihm einen Apfel geben, sabbert er sich voll. Er ist gerade erst gestriegelt worden.«
»Tut mir leid, Kumpel«, sagte ich zu Black Jack. »Du hast gehört, was der Mann gesagt hat.«
»Und was war das?«
Ich wirbelte herum. Da stand Mick und schien sich zu amüsieren.
»Dass Äpfel für Black Jack verboten sind.« Ich spürte die Hitze in meinem Gesicht. Ich hätte die Hausangestellte bitten sollen, ihm auszurichten, dass ich nach dem Treffen mit Amanda zum Weingut zurückkehren musste. Ich hätte nicht hierherkommen sollen.
»Für die hübsche junge Dame machen wir eine Ausnahme, nicht wahr, Jackie-Boy?« Mick nickte dem Stalljungen zu, der abzog, um einen Apfel zu holen. »Nach diesem schmutzigen Apfel werden wir dich wieder schön machen, was?« Er rieb Jack die Nase, während mir der Stalljunge den Apfel gab.
»Wie war dein Treffen mit Amanda? Sie zieht diese Auktion wie eine blutige militärische Operation durch«, sagte er.
Ich hielt Black Jack den Apfel hin. Ganz Gentleman, der er war, vermied er es, an meinen Fingern zu knabbern, während er seinen Leckerbissen mit entblößten Zähnen und einem Funkeln seiner hübschen feucht-braunen Augen genoss.
»Jack Greenfield hat heute Nachmittag beschlossen, die Washington-Flasche zurückzuziehen. Er will sie behalten«, sagte ich.
Mick fuhr dem Pferd mit der Hand den Hals hinunter und begutachtete es. »Tut mir leid, das zu hören, aber es macht Sinn. Der wahre Wert dieser Flasche ist außerirdisch. Ich bin sicher, Jack hat das erst so richtig begriffen, seit sie dermaßen viel Aufsehen erregt.«
»Für mich macht das überhaupt keinen Sinn. Und auch nicht für die behinderten und obdachlosen Kinder, die dabei den Kürzeren ziehen.«
Er hörte auf, Black Jack den Hals zu tätscheln, und sah mich an. »Tut mir wirklich leid, dass du so wütend bist, aber du denkst mit dem Herzen, Lucie. Jack ist Geschäftsmann. Ich hätte es genauso gemacht.«
»Dann seid ihr eben beide Zyniker.« Ich ging zur Sattelkammer, stützte mich auf meine Krücke und suchte nach einem Tuch, mit dem ich mir den Saft des Apfels von der Hand wischen konnte.
Als ich zurückkam, zog mich Mick an sich und strich mir eine Locke aus den Augen. »Ich bin kein Zyniker, ich bin Realist. Iss heute mit mir zu Abend. Ich koche für uns. Du wirst geblendet sein von meinen kulinarischen Künsten.«
»Nein.« Ich wollte nicht, dass er mit mir flirtete, während ich wütend war. »Nein, danke!«
»Hast du schon anderweitige Pläne fürs Abendessen?« Er hielt mein Kinn mit beiden Händen fest, sodass ich nicht wegschauen konnte. »Ich denke nicht. Also abgemacht! Du isst bei mir. Neulich Abend habe ich mich scheußlich benommen, und ich
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