Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
hielt ihren breitkrempigen Hut fest, als ein Windstoß eine nahe Eiche zum Rauschen brachte und andere Blätter, die bereits abgefallen waren, in einem kleinen Wirbelwind um uns herumtanzen ließ.
»Ich mag den Wind trotzdem«, sagte sie. »Komm! Lass uns einen Champagner trinken.«
Wir drängelten uns durch die Menge ihrer Freunde und Familienmitglieder, die um die Büfetttische herumstanden oder sich mit ihrem Essen und Getränken zu Grüppchen versammelt hatten. Ein paar ältere Gäste saßen auf den Campingstühlen, die der Rennstrecke zugewandt in Reihen aufgestellt worden waren. Die Leute warfen sich für diesen Anlass in Schale – Frauen trugen Kleider oder Röcke mit Jacken, an denen Juwelen glitzerten, oder Schals mit Fuchs- und Pferdemotiven darauf. Männer trugen Blazer, Button-down-Hemden und Khakihose; auf Krawatten, Manschettenknöpfen und Gürtelschnallen waren ebenfalls Pferde und Füchse zu sehen.
Mit ihrer Aufmachung aus der Rolle fiel ein junger Teenager. Das Mädchen lehnte an Amandas Auto mit dem gequälten Gesichtsausdruck von jemandem, dem man befohlen hatte, hier zu erscheinen, sonst gebe es Ärger. Schwarzes Make-up und schwarze Kleidung – Lippen, Augen, Nagellack auf abgekauten Fingernägeln und dazu enge zerrissene Jeans, zerfetzte schwarze Turnschuhe ohne Schnürsenkel und ein schäbiges Jackett. Unterlippe und Nase waren gepierct, und um den Hals trug sie ein Nietenhalsband wie für einen Hund. Es dauerte einen Moment, bis ich in ihr Amandas Tochter Kyra erkannt hatte. Als ich sie vor ein paar Jahren bei einem Landbesitzer-Fest des Goose-Creek-Jagdclubs zum letzten Mal gesehen hatte, war sie ein hübsches Mädchen mit süßem Gesicht und honiggelbem Haar gewesen. Jetzt war ihr Haar pechschwarz mit blutroten Streifen darin.
Amanda bemerkte sie ebenfalls. »Entschuldige mich bitte einen Moment«, sagte sie und ging zu ihrer Tochter. Sie sprach leise, doch Kyra, die den Eindruck machte, als wolle sie es auf die Spitze treiben und ihre Mutter in Verlegenheit bringen, dachte nicht daran, ihre Stimme zu senken.
»Ich hab dir doch gesagt, dass ich keinen Bock habe, hier zu erscheinen.« Sie verschränkte die Arme und schaute weg. »Wie ich rumlaufe, ist doch wohl meine Sache. Mir gefällt’s.«
»Kyra …«
Das Mädchen bückte sich und hob einen schmutzigen Rucksack auf. »Kann ich jetzt gehen? Ich muss jemanden treffen. Ich war da, oder etwa nicht?«
Amanda sah aus, als versuche sie, in dieser Situation zu retten, was zu retten war. »Ich möchte, dass du um Mitternacht zu Hause bist.«
Kyra warf sich den Rucksack über die Schulter und starrte ihre Mutter ungläubig und mit dem Ausdruck tiefster Verachtung an. »Ich komme, wann es mir passt.« Sie drehte sich um und ging. »Blöde Kuh!«
»Kyra!«
Amandas Tochter lief weiter, mit gesenktem Kopf, während der Rucksack auf ihrem Rücken auf und ab tanzte, doch mit einem Schwung in ihren Schritten, der ausdrückte, dass es ihr nicht leidtat, ihre Mutter gerade vor den Augen ihrer Freunde gedemütigt zu haben. Mir taten beide leid, doch ich wusste, dass das, was ich eben miterlebt hatte, wahrscheinlich nichts im Vergleich zu dem war, was bei ihnen zu Hause geschah.
Nach dem Tod meiner Mutter hatte Mia beschlossen, es Gott und der Welt für ihren Verlust heimzuzahlen, indem sie sich so schnell wie möglich in alle nur denkbaren Schwierigkeiten manövrierte. Ihre Abwärtsspirale und die lautstarken Auseinandersetzungen mit Leland über Jungen, Schule, Alkohol und Drogen waren schrecklich gewesen und hatten uns allen den letzten Nerv geraubt. Niemand wusste, ob sie sich darüber im Klaren waren, dass sie den Punkt erreichen würde, an dem es kein Zurück mehr gab, wenn sie sich nicht helfen ließ. Nachts lag ich schlaflos im Bett und fragte mich, wessen Leben zur Hölle geworden war – Mias oder das der restlichen Familie. Dann versuchte ich mir, die Vergangenheit ins Gedächtnis zurückzurufen, um zu ergründen, wann was schiefgelaufen war, bis ich schließlich eines Tages aufwachte und feststellte, dass meine kleine, süße Schwester zu einer tobenden, rebellischen Fremden geworden war. Obwohl sich Mia seitdem ein wenig beruhigt hatte, waren wir noch nicht aus dem Gröbsten heraus. Im Frühling war sie nach einem Unfall und mit in betrunkenem Zustand tödlichen Folgen beinahe ins Gefängnis gewandert.
Amanda stand mit dem Rücken zu uns und sah zu, wie Kyra verschwand. Als sie zu uns kam, leuchteten zwei flammend rote Flecken auf
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