Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
Nicole Martin konnte gestern Abend, nachdem sie Mick verlassen hatte, zu Jack Greenfield gefahren sein.
Ich war ihm ausgewichen, um das, was Quinn mir im Vertrauen gesagt hatte, nicht preiszugeben. Im Gegenzug hatte ich mir Micks Verachtung und Zurückweisung eingehandelt. Indirekt hatte ich auch Nicole geschützt – und damit ausgerechnet das getan, wovor ich Quinn gewarnt hatte. Sie hatte sein Vertrauen missbraucht und ihn die Schuld für etwas auf sich nehmen lassen, das sie getan hatte, und er bezahlte immer noch dafür.
Warum führten alle Wege zu Nicole? Vielleicht war es das Gefühl in meiner Magengrube – wie ein Brechreiz –, das mich befürchten ließ, sie sei noch immer genauso gefährlich, wie sie es damals gewesen war. Und dass es nicht mehr lange dauern würde, bis ihr Kartenhaus auf uns alle niederstürzen würde.
Kapitel 18
Q uinn war im Labor und mit weiteren Berechnungen beschäftigt, als ich am Montagmorgen als Erstes in den Weinkeller ging. Er hatte dunkle Augenränder, sein Blick war trüb, und seit Tagen hatte er sich nicht mehr rasiert. Wo immer er gewesen sein und was immer er gemacht haben mochte, er hatte dadurch keinen inneren Frieden gefunden, wenn man nach seinem Gesichtsausdruck urteilen wollte. Wahrscheinlich hatte er ein bisschen zu viel Zeit mit seinem Trinkkumpanen, Johnnie Walker, verbracht.
»Fühlen Sie sich gut?«, fragte ich.
Sein Blick verriet, dass er meinen feinen Sinn für Humor zu würdigen wusste. »Brix-Werte liegen bei null. Ich pumpe den Vorlaufmost ab, danach wird gepresst.«
Da wir offenbar kein Blatt vor den Mund nahmen, sagte ich: »Samstagnacht ist jemand in Jack Greenfields Weinkeller neben seinem Haus eingebrochen. Jack hat die Einbrecher bei der Arbeit gestört und wurde bewusstlos geschlagen.«
Endlich zeigte Quinn so etwas wie eine Regung. »Im Ernst? Geht es ihm gut?«
»Eine leichte Gehirnerschütterung, aber er ist zu Hause. Eli und ich waren gestern Morgen da, um Sunny zu helfen.« Ich griff nach dem Papier mit seinen Berechnungen. Ohne hochzublicken, sagte ich: »Wer das getan hat, wusste ganz genau, wonach er suchen musste. Nur die allerbesten Weine wurden gestohlen.«
Er nahm mir das Papier aus der Hand. »Sie war es nicht, Lucie.«
»Bis neun Uhr war sie bei Mick Dunne«, sagte ich. »Der Einbruch fand zwischen elf und zwölf Uhr statt.«
»Was hat sie denn bei Mick Dunne gemacht?«
»Zu Abend gegessen. Er engagiert sie als Weineinkäuferin.«
Sein leichtes Lächeln verriet, dass das neu für ihn war. »Ich war schon neugierig, wie lange es dauern würde, bis sie sich zusammentun würden. Mick Dunne ist genau Nics Typ von Klient.« Er zeigte durch das Laborfenster auf die Gärbottiche. »Solange Sie hier sind, können Sie mir mit dem Vorlaufmost helfen. Wir tun ihn vorerst in Tank Nummer sechs.«
Er verließ das Labor, bevor ich etwas sagen konnte, und schob die Pumpe zu einem der Bottiche. Für mich war das Gespräch noch nicht beendet.
Ich ging zu ihm. »Was macht Sie so sicher, dass sie nicht zu Jack gefahren ist, nachdem sie Mick verlassen hat?«
»Weil sie den Rest der Nacht mit mir verbracht hat.« Sein Ton war sachlich, aber immer noch ziemlich scharf. »Geben Sie mir mal bitte ein paar Schellen.«
Ich holte die Schellen. Das verschaffte mir einige Sekunden, um mich zu sammeln, auch wenn ich das Gefühl hatte, er hätte mir gerade den Draht einer Klaviersaite ums Herz geschlungen und würde ihn strammer ziehen, je länger wir redeten. Nicole hatte nicht mit Mick geschlafen. Sie hatte mit Quinn geschlafen.
»Wenn sie die ganze Nacht mit Ihnen verbracht hat, kann sie nicht bei Jack eingebrochen haben, schätze ich.«
Er schob einen Schlauch in den Gärbottich. »Wohl kaum.«
»Dann frage ich mich, wer es getan hat.«
»Ich bin sicher, der Sheriff wird es herausfinden.«
Er steckte einen Schlauch vom anderen Ende der Pumpe in den Edelstahltank Nummer sechs. »Sie glauben, ich würde sie schon wieder in Schutz nehmen, stimmt’s?«
»Das habe ich doch nicht gesagt.«
»Das brauchten Sie auch nicht. Kommen Sie mal mit!« Er ließ den Schlauch, wo er war, und führte mich zu dem langen Tisch. »Schauen Sie sich das an!«
Ein kunstvoll geschnitzter Kürbis mit einer Hexe, die über den Herbstmond flog, lag darauf. Er zog Streichhölzer aus seiner Jeanstasche und zündete die Kerze im Inneren des Kürbisses an. Das orangefarbene Licht warf flackernde Schatten auf ein Gestell mit Weinfässern. Er dimmte die Beleuchtung, und
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