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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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andere Leute. Ich habe nur als Waffe gedient. Ich bin für ihren Tod genausowenig verantwortlich wie Sie für den Tod von Astrid Vogel.«
    »Wer hat Sie angeheuert?« fragte Michael heiser.
    »Das ist nicht weiter wichtig.«
    »Für mich schon! Wer hat Sie angeheuert?«
    Aber Michaels Griff wurde merklich schwächer.
    Delaroche war niedergekniet und umklammerte seinen linken Arm mit beiden Händen.
    Michael griff mit der rechten Hand unter seine Jacke, zog die Pistole und zielte auf Delaroches Kopf. Delaroche, der Michaels Handgelenk umklammert hielt, starrte die Waffe an. Dann lächelte er plötzlich und fragte: »Sie kennen die Fabel von dem Frosch und dem Skorpion, die den Nil überqueren?«
    Natürlich kannte Michael diese Fabel; wer jemals im Nahen Osten gelebt oder gearbeitet hat, kannte sie. Ein Frosch und ein Skorpion begegnen sich am Nilufer, und der Skorpion bittet den Frosch, ihn schwimmend ans andere Ufer zu bringen. Der Frosch weigert sich, weil er fürchtet, der Skorpion könnte ihn stechen. Der Skorpion verspricht ihm, er werde ihn nicht stechen, weil das töricht wäre und sie dann beide ertrinken würden. Der Frosch sieht die Logik dieser Aussage ein und erklärt sich bereit, den Skorpion über den Nil zu bringen. Mitten im Fluß sticht der Skorpion den Frosch. »Jetzt ertrinken wir beide!« ruft der Frosch, während das Skorpiongift ihn zu lahmen beginnt. »Warum hast du das getan?« Daraufhin antwortet der Skorpion lächelnd: »Weil dies der Nahe Osten ist.«
    »Ich kenne die Fabel«, sagte Michael.
    »Wir bekämpfen uns seit zu vielen Jahren. Vielleicht können wir einander helfen. Rache ist nur etwas für Wilde. Wie ich gehört habe, sind Sie erst vor kurzem in Nordirla nd gewesen.
    Sehen Sie sich an, was durch Racheakte aus diesem Land geworden ist.«
    »Was wollen Sie?«

    »Ich erzähle Ihnen, was Sie so brennend interessiert - wer mich angeheuert hat, Douglas Cannon zu ermorden, wer mich angeheuert hat, damit ich die Spuren im Fall des Abschusses der Trans-Atlantic-Maschine verwische, wer mich angeheuert hat, Sie zu liquidieren, weil Sie zuviel wußten.« Er machte eine Pause. »Außerdem sage ich Ihnen, wer aus der Führung der Agency mit diesen Leuten zusammenarbeitet. Im Gegenzug garantieren Sie mir meine persönliche Sicherheit und freien Zugang zu meinen Bankkonten.«
    »Ich bin nicht befugt, einen Deal dieser Art abzuschließen.«
    »Vielleicht nicht befugt, aber befähigt.«
    Michael gab keine Antwort.
    »Sie wollen nicht sterben, ohne die Wahrheit erfahren zu haben, nicht wahr, Michael?«
    »Fuck you!«
    »Sind wir uns also einig?«
    »Woher wissen Sie, daß ich Sie nicht verhaften lasse, sobald Sie mich raufgezogen haben?«
    »Weil Sie ein Ehrenmann sind.« Delaroche schüttelte Michael und fragte: »Sind wir uns also einig?«
    »Okay, Scheißkerl, wir sind uns einig.«
    »Also gut. Lassen Sie die Pistole in den Fluß fallen und greifen Sie nach meiner Hand, bevor Sie uns noch beide in den Tod reißen.«

40 
    WASHINGTON • DULLES INTERNATIONAL AIRPORT
     
    »Das Geschoß hat Botschafter Cannon mehrere Rippen gebrochen und den linken Lungenflügel kollabieren lassen«, sagte der Arzt im George Washington University Hospital, ein absurd jung aussehender Chirurg namens Carlisle. »Aber falls keine ernstlichen Komplikationen auftreten, ist er bald wieder auf den Beinen, glaube ich.«
    »Kann ich zu ihm?« fragte Elizabeth.
    Carlisle schüttelte den Kopf. »Er ist jetzt im Aufwachraum, und er sieht ehrlich gesagt nicht besonders aus. Am besten versuchen Sie, es sich hier gemütlich zu machen. Wir holen Sie, sobald er ansprechbar ist.«
    Der Arzt ging hinaus. Elizabeth setzte sich, aber schon nach wenigen Minuten ging sie wieder ruhelos in dem kleinen privaten Wartezimmer auf und ab. Auf dem Gang vor der Tür hielten zwei Beamte der Metropolitan Police Wache. Elizabeth trug einen hellblauen OP-Kittel, weil ihr Kleid durch Blutflecken, die von ihrem Vater und dem DSS-Agenten stammten, verdorben war. Maggie und die Kinder waren in einem anderen Raum. Maggie hielt sich bemerkenswert, fand Elizabeth. Obwohl sie von einem Attentäter bedroht und mit Paketband gefesselt worden war, weigerte sie sich, Liza und Jake von Kinderschwestern des Krankenhauses betreuen zu lassen. Jetzt brauchte Elizabeth nur noch eines: Sie mußte die Stimme ihres Mannes hören.
    Seit ihrer alptraumhaften Flucht aus der N Street war über eine Stunde vergangen. Die Polizeibeamten hatten ihr gesagt, was sie wußten.

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