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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Beim Auftauchen der ersten Streifenwagen waren die Terroristen geflüchtet, und Michael war am Leben gewesen. Aber dann war er durch den Garten hinter dem Haus verschwunden, und seither hatte ihn niemand mehr gesehen.
    Elizabeth schloß die Augen und zitterte vor Angst. Michael, dachte sie, wenn du lebst, meld dich bitte!
    Es war elf Uhr. Sie schaltete den Fernseher ein und zappte sich durch die Programme. Das Attentat auf Douglas Cannon war die Sensation des Abends - sämtliche Lokalsender und alle Kabelkanäle berichteten ausführlich darüber. Aber kein Wort über Michael. Sie zündete sich eine Zigarette an und ging nervös auf und ab, während sie rauchte.
    Eine Krankenschwester kam vorbei, klopfte an und streckte den Kopf zur Tür herein.
    »Tut mir leid, Ma'am, aber hier ist Rauchverbot.«
    Elizabeth sah sich nach etwas um, in dem sie ihre Zigarette ausdrücken konnte.
    »Die können Sie mir mitgeben, Mrs. Osbourne«, sagte die Krankenschwester freundlich. »Kann ich Ihnen irgend etwas bringen?«
    Elizabeth schüttelte den Kopf.
    Als die Krankenschwester das Wartezimmer verließ, klingelte ihr Mobiltelefon.
    Sie holte es aus ihrer Umhängetasche, schaltete es ein und meldete sich.
    »Hallo?«
    »Ich bin's, Elizabeth. Sag' kein Wort, hör nur zu.«
    »Michael«, flüsterte sie.
    »Mir geht's gut«, sagte er. »Ich bin unverletzt.«
    »Gott sei Dank!«
    »Wie geht's Douglas?« fragte er.
    »Er ist sofort operiert worden. Der Arzt meint, daß er die Operation gut überstanden hat.«
    »Wo sind die Kinder?«
    »Auch hier im Krankenhaus«, antwortete Elizabeth. »Wann sehe ich dich wieder?«

    »Vielleicht morgen. Ich muß zuerst noch etwas erledigen. Ich liebe dich.«
    »Michael, wo bist du?« fragte sie, aber die Verbindung war bereits unterbrochen.
    Rebecca Wells stellte den Volvo auf dem Flughafen-Parkplatz für Langzeitparker ab und fuhr mit einem Pendelbus zum Terminal. Dort warf sie die Autoschlüssel in einen Abfallkorb und verschwand auf der Toilette. In einer der WC-Kabinen vertauschte sie ihr strenges Kostüm gegen verwaschene Jeans, einen Pullover und Cowboystiefel aus Wildleder. Dann steckte sie ihr Haar am Kopf fest, setzte eine blonde Perücke auf und begutachtete ihre Erscheinung in einem der Spiegel über den Waschbecken. Diese Verwandlung hatte keine fünf Minuten gedauert. Sie war jetzt Sally Burke aus Los Angeles und konnte sich mit einem Reisepaß und einem kalifornischen Führerschein ausweisen.
    Sie ging durchs Terminal zum Air-Mexico-Schalter und buchte einen Flug nach Mexico City mit der letzten Maschine.
    Die nächsten drei Tage würden schwierig werden. Von Mexiko aus würde sie kreuz und quer durch Mittel-und Südamerika reisen und dabei täglich ihre Pässe und Identitäten wechseln.
    Dann würde sie von Buenos Aires nach Europa zurückfliegen.
    Sie setzte sich in den Wartebereich am Flugsteig und wartete darauf, daß ihr Flug aufgerufen werden würde. Sie versuchte die Augen zu schließen, aber wenn sie das tat, erschien vor ihrem inneren Auge immer wieder das Bild, wie der Kopf des DSS-Agenten in einem Schauer aus Blut zerplatzte.
    Der CNN Airport Channel brachte die neueste Meldung über den Attentatsversuch:
    Die Ulster Freedom Brigade hat soeben die Verantwortung für den Mordversuch an Botschafter Douglas Cannon übernommen. Die beiden Attentäter, ein Mann und eine Frau, sind weiterhin flüchtig. Nach Auskunft der Ärzte im George  Washington University Hospital ist Cannons Zustand ernst; seine Verletzungen sollen jedoch nicht lebensbedrohend sein ...
    Rebecca sah wieder weg. Wo zum Teufel steckst du, Jean-Paul? dachte sie. Dann zog sie den Brief heraus, den er ihr vor vier Stunden gegeben hatte und las ihn noch einmal. Fahre dorthin. Ich komme nach, sobald ich kann.
    Ihr Flug wurde aufgerufen. Sie warf Jean-Pauls Brief in den nächsten Papierkorb und ging zum Flugsteig.

41 
    WASHINGTON

    »Wie soll ich Sie nennen?«
    »Ich benütze viele Namen, aber da ich die meiste Zeit als Jean-Paul Delaroche gelebt habe, halte ich mich für ihn.«
    »Soll ich Sie also Delaroche nennen?«
    »Wenn Sie wollen«, antwortete Delaroche und zog mit einer sehr französischen Geste die Mundwinkel nach unten.
    Trotz der späten Stunde herrschte auf dem Capital Beltway noch reger Verkehr - die letzte Welle des abendlichen Washingtoner Berufsverkehrs. Michael bog auf die Interstate 95 ab und fuhr in Richtung Baltimore nach Norden. Der Ford, in dem sie saßen, war ein Leihwagen, den Michael auf dem

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