Der Botschafter
und langsam fahrenden Autos aus - genau wie beim Training über der Merdiasbucht - und brachte das Fahrzeug vor der Moschee mit quietschenden Reifen schleudernd zum Stehen. Husseins Leibwächter, die Gefahr witterten, bemühten sich, ihren Mann so gut wie möglich abzuschirmen.
Delaroche griff in seine Jacke und zog die Beretta.
Er zielte mit der Waffe auf Hussein, hatte erst sein Gesicht im Visier, senkte den Lauf etwas und gab rasch nacheinander drei Schüsse ab. Alle drei trafen Achmed Husseins Brust.
Zwei der vier Leibwächter waren dabei, Pistolen aus ihren Gewändern zu ziehen. Delaroche schoß den einen durchs Herz, den anderen durch die Kehle. Die beiden Überlebenden warfen sich neben den Leichen ihrer Kameraden zu Boden. Delaroche gab Vollgas und raste davon.
Er tauchte in den von Menschen wimmelnden Slums von Südkairo unter, ließ den Motorroller in einer Gasse stehen und warf die Beretta in den nächsten Gully. Zwei Stunden später ging er an Bord einer Alitalia-Maschine nach Rom.
9
LONDON
»Wie lange bleiben Sie in Großbritannien?« fragte der Beamte an der Paßkontrolle gelangweilt.
»Nur einen Tag.«
Michael Osbourne reichte seinen Paß durchs Fenster. Dieser Reisepaß war auf seinen richtigen Namen ausgestellt, denn bei seinem Ausscheiden hatte die Agency seine falschen Pässe eingezogen - zumindest die, von denen sie wußte. Im Lauf der Jahre hatten mehrere befreundete Geheimdienste ihm aus kollegialer Gefälligkeit ebenfalls Pässe ausgestellt. Damit konnte er als Spanier, Italiener, Israeli oder Franzose reisen. Ein CIA-Agent, den er im ägyptischen Geheimdienst geführt hatte, hatte ihm sogar einen ägyptischen Reisepaß beschafft, mit dem er in manche Nahoststaaten als arabischer Bruder statt als mißtrauisch beäugter Ausländer einreisen konnte. Nach Michaels Abschied aus der Geheimdienstwelt war keiner dieser Reisepässe von den Ausstellern zurückgefordert worden. Sie lagen sicher in Douglas Cannons Safe auf Shelter Island.
Die Paßinspektion dauerte länger als üblich. Offenbar hatten die britischen Sicherheitsdienste seinen Namen auf ihre Überwachungsliste gesetzt. Beim letzten Englandbesuch war Michael mitten in den Terroranschlag des Schwerts von Gaza auf den Flughafen Heathrow geraten. Und er hatte sich unerlaubt mit einem gewissen Iwan Drosdow getroffen - einem KGB-Überläufer, für den der MI6 zuständig war -, der nur wenig später ermordet worden war.
»Wo halten Sie sich in Großbritannien auf?« Das fragte der Uniformierte ausdruckslos, als lese er die Frage von seinem kleinen Monitor ab.
»In London«, sagte Michael.
Der Beamte sah auf. »Wo in London, Mr. Osbourne?«
Michael gab ihm die Adresse seines Hotels in Knightsbridge, die er sich pflichtbewußt aufschrieb. Michael wußte, daß er die Adresse seinem Vorgesetzten geben würde, der sie an den britischen Sicherheitsdienst MI5 weitergeben würde.
»Haben Sie dort ein Zimmer reserviert, Mr. Osbourne?«
»Ja, das habe ich.«
»Auf Ihren Namen?«
»Ja.«
Der Uniformierte gab ihm seinen Paß zurück. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.«
Michael griff nach seinem schmalen Kleidersack, ging durch die Zollkontrolle und betrat die Ankunftshalle. Vom Flugzeug aus hatte er die Londoner Firma angerufen, von der er früher oft einen Wagen mit Chauffeur gemietet hatte. Er suchte die Reihen der Wartenden nach seinem Fahrer ab und achtete dabei instinktiv auf Anzeichen für eine Überwachung: ein bekanntes Gesicht, eine Gestalt, die durch irgend etwas aus dem Rahmen fiel, ein Augenpaar, das ihn beobachtete.
Er sah einen kleinen Mann, der einen dunklen Anzug trug und ein Pappschild mit der Aufschrift MR. STAFFORD hochhielt.
Michael durchquerte die Halle und sagte: »Also, dann los.«
»Soll ich Ihr Gepäck nehmen, Sir?«
»Nein, danke.«
Michael lehnte entspannt auf dem Rücksitz des Rovers, als die Limousine im starken Morgenverkehr in Richtung West End kroch. Sie waren nicht mehr auf der Stadtautobahn, sondern zwischen den um die Jahrhundertwende erbauten Hotels an der Cromwell Road unterwegs. Michael kannte London nur allzu gut, denn als CIA-Agent im Außendienst hatte er über zehn Jahre in Chelsea gewohnt. Im Ausland arbeiten CIA-Offiziere meistens von US-Botschaften aus und haben zur Tarnung einen Diplomatenjob. Aber Michael war auf Terrorismusbekämpfung spezialisiert gewesen und hatte in Europa und dem Nahen Osten Agenten angeworben und geführt. Weil das für einen »Diplomaten«
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