Der Bourne Betrug
Staaten einschleusen, damit sie den Atomsprengkörper  â vorerst bestimmt noch zerlegt â dorthin bringen, wo er hochgehen soll.«
»Was du behauptest, ist ungeheuerlich!« Soraya stand fast unter Schock. »Das glaubt dir kein Mensch! Nicht mal ich kann dir noch folgen.« Sie setzte sich auf die Kante der primitiven Bettstatt. »Hör zu, du hast eine Menge Blut verloren. Du bist erschöpft, kannst nicht klar denken. Du musst erst mal ausschlafen, dann â¦Â«
»Es gibt eine sichere Methode, mit der sich feststellen lässt, ob der Martin Lindros, den ich zurückgebracht habe, echt oder ein Hochstapler ist«, fuhr Bourne fort, ohne auf sie einzugehen. »Ich muss den wahren Martin Lindros aufspüren. Beurteile ich die Sachlage richtig, lebt er noch. Der Hochstapler
braucht ihn lebend.« Er begann von seinem Bett zu rutschen. »Wir müssen â¦Â«
Ein jäher starker Schwindelanfall lieà ihn gegen die Wand zurücksinken. Soraya half nach, indem sie an seinen Beinen zog, bis er wieder auf dem Rücken lag. Seine Lider waren vor Müdigkeit bleischwer.
»Das können wir später entscheiden«, sagte sie mit neuem Nachdruck. »Du brauchst vor allem Ruhe. Wir sind beide erledigt, und du musst dich erholen.«
Im nächsten Augenblick war er eingeschlafen. Soraya glitt zu Boden und blieb, mit dem Rücken an die Bettstatt gelehnt, sitzen. Als sie die Arme ausbreitete, drängte Oleksandr sich gegen ihren Körper. Schlimme Vorahnungen erfüllten sie. Was war, wenn Bourne recht hatte? Die Konsequenzen eines solchen Plans zur Unterwanderung der CI waren unvorstellbar. Und trotzdem konnte sie an nichts anderes mehr denken.
»Oh, Oleksandr«, flüsterte sie. »Was sollen wir nur tun?«
Der Boxer hob seine Schnauze, leckte ihr das Gesicht.
Sie schloss die Augen, atmete bewusst tief und gleichmäÃig. Während sie auf das beruhigende Pochen von Oleksandrs Herzschlag horchte, glitt sie kaum merklich in erschöpften Schlaf.
KAPITEL ZWANZIG
Matthew Lerner und Jon Mueller hatten sich vor zehn Jahren durch einen glücklichen Zufall in einem Bordell in Bangkok kennengelernt. Die beiden Männer hatten nicht nur gemeinsam, dass sie gern herumhurten, tranken und mordeten. Wie Lerner war Mueller ein Einzelgänger, ein autodidaktisches Genie in Bezug auf Einsatztaktik und strategische Analysen. Die beiden hatten sich sofort zueinander hingezogen gefühlt, obwohl Lerner bei der CI und Mueller damals noch bei der NSA gewesen war.
Lerner, der auf dem Weg zu seiner Zielperson durch das Ankunftsgebäude des Flughafens Odessa ging, hatte Anlass, an Jon Mueller und alles zu denken, was er von Mueller gelernt hatte, als sein Handy klingelte. Der Anrufer war Weller von der Washingtoner Metro Police, bei der Lerner mehrere Informanten hatte.
»Was gibtâs?«, fragte Lerner, als er die Stimme des Sergeanten vom Dienst erkannte.
»Ich dachte, das würde Sie interessieren ⦠Overton ist verschwunden.«
Lerner blieb unwillkürlich stehen, während ankommende und abfliegende Passagiere an ihm vorbeiströmten. »Was?«
»Ist nicht zum Dienst gekommen. Ist nicht am Handy zu erreichen. War offenbar nicht zu Hause. Hat sich in Luft aufgelöst, Matt.«
Lerner, dessen Verstand auf Hochtouren arbeitete, beobachtete
zwei Polizeibeamte, die an ihm vorbeigingen. Sie blieben kurz stehen, um mit einem Kollegen zu sprechen, der in Gegenrichtung unterwegs war, und gingen anschlieÃend mit wachsamem Blick weiter.
Weller unterbrach die bedeutungsschwere Stille mit einer Frage: »Overton hat in Ihrem Auftrag ermittelt, nicht wahr?«
»Das ist schon länger her«, behauptete Lerner. Was Overton für ihn machte, ging Weller nichts an. »He, vielen Dank für den Hinweis.«
»Dafür bezahlen Sie mich schlieÃlich«, sagte Weller, bevor er auflegte.
Lerner griff nach seiner Reisetasche, die er abgestellt hatte, und trat an den Rand des breiten Korridors. Sein Instinkt sagte ihm, dass Overton nicht nur verschwunden war â er war tot. Daraus ergab sich die Frage: Wie hatte Anne Held ihn ermorden lassen? Denn so sicher, wie er im Ankunftsgebäude des Flughafens Odessa stand, wusste er, dass sie hinter Overtons Tod steckte.
Vielleicht hatte er das Weibsstück ernstlich unterschätzt. Sie hatte sich durch Overtons Einbruch in ihr Haus offenbar nicht einschüchtern lassen.
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