Der Bourne Betrug
mir das Leben gerettet«, murmelte Zaim.
»Und er mir.« Bourne glitt vom Pferd. »Wir sind auf dem Weg hierher überfallen worden.«
Falls der negus überrascht war, dass Bourne Amharisch sprach, lieà er sich das nicht anmerken. »Wie alle westlichen Ausländer bringst du deine eigenen Feinde mit.«
Bourne schüttelte den Kopf. »Du hast nur zur Hälfte recht. Wir sind von drei Amhara angegriffen worden.«
»In wessen Sold sie stehen, weiÃt du«, ergänzte Zaim mit schwacher Stimme.
Der negus nickte. »Bringt sie in meine Hütte, damit sie sich aufwärmen können.«
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Abbud ibn Aziz sah mit zusammengekniffenen Augen in den wolkenverhangenen Himmel über der Nordflanke des Ras Dejen auf und horchte auf das Knattern von Rotorblättern in der dünnen Luft.
Wo blieb Fadi? Sein Hubschrauber hatte sich verspätet. Abbud ibn Aziz hatte das Wetter den ganzen Vormittag lang beobachtet. Weil es sich zunehmend verschlechterte, blieb dem Piloten nicht mehr viel Zeit für seine Landung im Hochgebirge.
In Wirklichkeit, das wusste er, war es nicht die Kälte oder die dünne Luft, gegen die er stumm rebellierte. Es war die Tatsache, dass Fadi und er überhaupt hier waren. Weil der Plan es verlangte. Und er wusste, wer dahintersteckte. Nur ein Mann konnte sich ein so riskantes, von vielen Zufällen abhängiges Unternehmen ausdenken: Karim al-Jamil, Fadis Bruder. Fadi mochte das Aufrührerische der Dujja verkörpern, aber Abbud ibn Aziz wusste als einziger von Fadis zahlreichen Anhängern, dass Karim al-Jamil das eigentliche Herz ihres Kaders war. Er war der SchachgroÃmeister, die geduldige Spinne, deren Netze weit in die Zukunft reichten. Schon bei dem Gedanken daran, was Karim al-Jamil alles planen mochte, fühlte Abbud ibn Aziz sich leicht schwindlig. Wie Fadi und Karim al-Jamil hatte auch er im Westen studiert. Er kannte sich in Geschichte, Politik und Wirtschaft der nichtarabischen Welt aus â in Fadis und Karim al-Jamils Augen eine unabdingbare Voraussetzung für die Beförderung auf höhere Kommandoposten.
Abbud ibn Aziz hatte nur das Problem, dass er Karim al-Jamil nicht recht traute. Zum einen war Karim al-Jamil sehr zurückhaltend, fast einsiedlerisch; zum anderen sprach er anscheinend nur mit Fadi. Dass auch das nicht zu stimmen brauchte â dass Abbud ibn Aziz vielleicht viel weniger über Karim al-Jamil wusste, als er dachte â, steigerte sein Unbehagen noch mehr.
Vor allem verübelte er Karim al-Jamil, dass er â Fadis Stellvertreter, sein engster Vertrauter â aus dem Führungszirkel der Dujja ausgeschlossen blieb. Das erschien ihm äuÃerst ungerecht, und obwohl er Fadi treu ergeben war, empfand er seinen Ausschluss als absichtliche Kränkung. Natürlich verstand er, dass Blut dicker als Wasser war â welcher Beduine hätte das nicht gewusst? Fadi und Karim al-Jamil waren jedoch nur halbe Araber. Ihre Mutter war Engländerin. Die beiden waren in London zur Welt gekommen, nachdem ihr Vater den Sitz seiner Firma aus Saudi-Arabien dorthin verlegt hatte.
Abbud ibn Aziz machten mehrere Fragen zu schaffen, die ein Teil seines Ichs lieber nicht beantwortet haben wollte. Weshalb war Abu Sarif Hamid ibn Aschaf al-Wahhib aus Saudi-Arabien weggezogen? Wieso hatte er sich mit einer Ungläubigen eingelassen? Warum hatte er seinen Fehler noch verschlimmert, indem er sie geheiratet hatte? Abbud ibn Aziz fiel kein schlüssiger Grund ein, weshalb ein Saudi-Araber so was tun sollte. Tatsächlich kamen Fadi und Karim al-Jamil nicht wie er aus der Wüste. Sie waren im Westen aufgewachsen, in der unaufhörlich betriebsamen Metropole London zur Schule gegangen. Was wussten sie von der tiefen Stille, der strengen Schönheit und den reinen Düften der Wüste? Von der Wüste, in der die Gnade und Weisheit Allahs in allen Dingen sichtbar war?
Wie es einem älteren Bruder zustand, fühlte Fadi sich verpflichtet, Karim al-Jamil zu beschützen. Das war zumindest
etwas, das Abbud ibn Aziz verstehen konnte. Ãhnliches empfand er gegenüber seinen jüngeren Brüdern. Aber in diesem Fall fragte er sich schon länger, in welche dunklen Wasser Karim die Dujja führte. Zu einem Ort, an den Abbud ihm folgen wollte? Bis zu diesem Tag hatte er mitgemacht, ohne jemals zu protestieren, weil er Fadi treu ergeben war. Es war Fadi gewesen, der ihn von der
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