Der Bourne Betrug
Urlaubssperre. Gewöhnt euch an diese Wände, Leute. Ihr werdet sie oft genug sehen, wenn wir Tag und Nacht nach einem Notfalldienstplan arbeiten.«
Als er sich davon überzeugt hatte, dass seine Befehle zu seiner Zufriedenheit ausgeführt wurden, verlieà er sein Büro, um zu Soraya Moore zu fahren und wieder in Ordnung zu bringen, was auch immer Matthew Lerner bei ihr verbockt hatte. Hinter seinem Steuer sitzend klappte er sein Quad-Band-Mobiltelefon auf und rief eine Nummer in Odessa an.
Eine vertraute Männerstimme meldete sich, und Lindros sagte: »Es hat geklappt. Bourne kommt morgen Nachmittag um 16.40 Uhr aus München an.« Er überfuhr eine rote Ampel, bog nach rechts ab. Bis zu Sorayas Apartmentgebäude waren es nur noch drei StraÃenblocks. »Du hältst ihn wie besprochen an der kurzen Leine ⦠Nein, ich will nur sichergehen, dass du nicht auf die Idee kommst, den Plan auf eigene Faust abzuändern ⦠Also gut, wir sind uns einig. Er kommt irgendwann zu dem Kiosk, weil er glauben wird, Lemontow sei dort anzutreffen. Aber bevor er die Wahrheit herausbekommt, liquidierst du ihn.«
BUCH ZWEI
KAPITEL ZWÃLF
In Odessa steht ein Erfrischungskiosk, einer von vielen am Schwarzmeerstrand. Er ist verwittert, grau wie das Wasser, das sich in kleinen Wellen am Strand bricht. Bourne sperrt die Seitentür des Kiosks mit einem Dietrich auf, schlüpft lautlos hinein. Wo ist die Frau, die er getragen hat?
Das weià er nicht, aber er sieht, dass seine Hände voller Blut sind. Er riecht gewaltsamen Tod an sich. Was ist passiert?, fragt er sich. Keine Zeit, keine Zeit! Irgendwo tickt eine Uhr; er muss weiter.
Der Kiosk, der voller Leben sein sollte, ist still wie ein Friedhof. Nach hinten hinaus liegt eine von Neonröhren grell beleuchtete Küche mit einer verglasten Durchreiche zum Lokal hin. Er sieht durchs Glas eine Bewegung und schlängelt sich geduckt zwischen Bier- und Limonadenkästen hindurch, die zu fast deckenhohen Säulen aufgestapelt sind. Er sieht die Silhouette des Mannes, den er hier in Odessa liquidieren soll, der alles darangesetzt hat, um ihn zu verwirren und ihm zu entkommen.
Vergeblich.
Er will sich gerade zum letzten Mal an die Zielperson anschleichen, als ihn eine Bewegung links von ihm herumfahren lässt. Aus den Schatten tritt eine Frau auf ihn zu â Marie! Was tut sie in Odessa? Woher hat sie gewusst, wo er ist?
»Liebling«, sagt sie. »Komm mit mir, geh mit mir fort von hier.«
»Marie.« Er spürt, wie Panik ihm den Atem abschnürt. »Du darfst nicht hier sein. Das ist zu gefährlich.«
»Dich zu heiraten war gefährlich, Liebling. Trotzdem habe ichâs getan.«
Eine hohe Totenklage setzt ein, hallt durch die Leere in seinem Inneren. »Aber jetzt bist du tot.«
»Tot? Ja, das bin ich wohl.« Einen Augenblick lang beeinträchtigt ein Stirnrunzeln ihre Schönheit. »Warum warst du nicht da, Liebling? Wieso hast du mich und die Kinder nicht beschützt? Ich würde noch leben, wärst du nicht auf der anderen Seite der Welt, wärst du nicht mit ihr zusammen gewesen.«
»Mit ihr?« Bournes Herz hämmert, und seine Panik steigert sich exponentiell.
»Du kannst alle Leute belügen, nur mich nicht.«
»Wie meinst du das?«
»Sieh dir deine Hände an.«
Er starrt das Blut an, das in den Linien seiner Handflächen antrocknet. »Wessen Blut ist das?«
Weil er eine Antwort erwartet â sie braucht â, sieht er auf. Aber Marie ist fort. Wo sie gestanden hat, ist nichts als dieses gespenstische Licht, das auf den Boden fällt wie Blut aus einer Wunde.
»Marie«, ruft er halblaut. »Marie, verlass mich nicht!«
Â
Martin Lindros und seine Bewachergruppe waren nun schon längere Zeit unterwegs. Er war mit einem Hubschrauber geflogen und nach kurzer Wartezeit mit einem kleinen Jet, der mindestens einmal zum Tanken zwischengelandet war. Das wusste er nicht sicher, weil er vor Erschöpfung geschlafen hatte oder weil sie ihm ein Schlafmittel gegeben hatten. Das spielte jedoch keine Rolle. Er wusste, dass er nicht mehr auf dem Ras Dejen, nicht mehr im Nordwesten Ãthiopiens, wahrscheinlich nicht einmal mehr in Afrika war.
Jason Bourne. Was war Jason zugestoÃen? War er tot oder
lebendig? Jedenfalls hatte Jason ihn nicht rechtzeitig aufgespürt. Er mochte sich nicht vorstellen, dass Jason tot war. Das
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