Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
sagte Bourne.
Don Fernando nickte. Doch als Bourne nach ihm greifen wollte, wurde er unter Wasser gezogen.
Nicodemo!
Bourne tauchte ins Wasser zurück. Wie ein Hai spürte er Don Fernandos Beinstöße und Nicodemos Bewegungen. Er fand Don Fernando in der Dunkelheit, durchschnitt seine Fesseln mit einer Muschel, die er vom Brückenpfeiler gerissen hatte, und zog Don Fernando zurück an die Oberfläche.
Nicodemo nutzte Bournes Manöver und versetzte ihm einen mächtigen Schlag gegen die Schläfe. Bourne kippte im Wasser zur Seite, und Nicodemo setzte nach und traf ihn am Nervenknoten im Hals. Bourne drohte das Bewusstsein zu verlieren und konnte sich kaum noch bewegen, und im nächsten Augenblick spürte er ein Seil um seinen Hals, das mit aller Kraft zusammengezogen wurde. Seine Lunge brannte, der Hals schmerzte. Nicodemo packte ihn mit beiden Händen und drückte ihm die Fingerspitzen in den Kehlkopf.
Bournes Bewusstsein schwand zusehends, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass er etwas Rundes, Scharfes in der Hand hielt, doch er fragte sich, ob er noch die Kraft besaß, es einzusetzen. Der Druck an seinem Hals wurde unerträglich. Jeden Moment würden ihm Nicodemos Finger den Kehlkopf eindrücken, und das schwarze Wasser würde in seine Kehle strömen, in den Magen und die Lunge, und er würde auf den Grund des Flusses sinken.
Mit ungeheurer Anstrengung hob er den Arm. Seine Bewegungen erschienen ihm unendlich langsam, obwohl ihm vage bewusst war, dass ihm die Zeit davonlief. Er schwang den Arm nach innen, hielt seine biologische Waffe so fest er konnte und zog sie seinem Feind zuerst über das eine Auge, dann über das andere.
Ein Blutschwall schoss hervor, Nicodemo zuckte zusammen, doch gleichzeitig drückte er noch einmal mit schier übermenschlicher Kraft zu. Verzweifelt setzte Bourne die Muschel noch einmal ein und schnitt Nicodemo damit die Kehle durch.
Ein Blutschleier, schwärzer als das Flusswasser, strömte hervor. Nicodemos Mund ging auf und zu, dann lösten sich seine Hände von Bournes Kehle, und er sank mit ausgestreckten Armen in die dunklen Tiefen des Flusses hinab.
27
Als die geschmeidige Flugbegleiterin den Kopf hob, um ein leises Stöhnen auszustoßen, drückte Maceo Encarnación ihren Kopf wieder zwischen ihre nackten Schultern hinunter. Ihre Uniformjacke lag auf dem Boden, ihr Rock war bis zur Hüfte hochgeschoben und die perlweiße Bluse bis zur Taille heruntergezogen, sodass ihre Brüste entblößt waren.
Während Maceo Encarnación immer wieder von hinten zustieß, rief seine Lust Bilder der alten aztekischen Götter von Tenochtitlán in ihm hervor, unter anderem von Tlazolteotl, der Göttin der Wollust und der verbotenen Liebe. Tlazolteotl wurde geliebt und gleichzeitig gefürchtet. Gefürchtet, weil sie mit Menschenopfern verbunden wurde, geliebt, weil sie die Menschen von ihren Sünden reinigte.
Wenn Maceo Encarnación an Tlazolteotl dachte, sah er sie nicht als Statue aus Stein oder Jade, wie man sie im Nationalmuseum bewundern konnte, sondern in Gestalt von Constanza Camargo. Nur Constanza besaß die Gabe, seine vielen Sünden auszulöschen und ihn wieder heil zu machen. Doch sie hatte ihm wiederholt zu verstehen gegeben, dass sie ihn nicht freisprechen würde. Die Sünde, die er an ihr begangen hatte, war so groß, dass selbst die mächtige Tlazolteotl sie nicht hätte tilgen können.
Maceo Encarnación stieß ein letztes Mal zu, ehe er zitternd und schwitzend auf den nackten Rücken der Flugbegleiterin niedersank. Sein Herz hämmerte, und er spürte eine gähnende Leere in sich hochsteigen, unerbittlich und beängstigend. Das Einzige, was Maceo Encarnación Angst machte, war die Leere, das Nichts, das vielleicht eine Ewigkeit andauerte. Er glaubte keinen Augenblick an den »göttlichen Plan«, von dem die Priester in ihren wöchentlichen Predigten erzählten. Gott hatte keinen Plan; es gab keinen Gott. Es gab nur die tiefe Angst des Menschen vor dem Unbekannten, dem Unergründlichen.
In diesen unerträglich langen, unerträglich leeren Momenten nach dem Sex sehnte sich Maceo Encarnación nach Constanza Camargo, wie er sich noch nie im Leben nach jemandem gesehnt hatte. Dass sie ihn verstoßen hatte, war wie eine Wunde in ihm, die niemals verheilte. Dass es eine verdiente Strafe war, machte es nicht erträglicher. Im Gegenteil, es machte ihn wütend. Bei ihr half ihm auch sein ganzer unermesslicher Reichtum nicht, nicht seine ganze dunkle Macht. Gegenüber
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