Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
erschossen hatten, trommelte ich eine Gruppe von Leuten zusammen, Kolumbianer, die Acevedo alles verdankten. Ich gab ihnen den Auftrag, diesen elenden Maceo Encarnación zu töten.«
Sie nahm einen tiefen Zug von ihrem Zigarillo, ehe sie fortfuhr: »Ich war dumm, ich unterschätzte Maceo Encarnacións Macht. Er wird von einer geradezu mystischen Macht geschützt, als würden die Götter ihre schützende Hand über ihn halten. Acevedos Gefolgsleute wurden enthauptet, und dann rächte er sich an mir.«
Sie trommelte mit der Faust auf ihre gefühllosen Beine. »Das ist das Ergebnis. Er hat mich nicht getötet. Warum? Ich weiß es bis heute nicht. Vielleicht schien es ihm die angemessene Strafe, dass ich als Krüppel weiterleben musste. Wahrscheinlich war es reine Grausamkeit.«
Sie hob eine Hand und wedelte sie hin und her, als wäre der Grund, warum sie noch lebte, belanglos. »Ich erzähle Ihnen das, um Sie zur Vorsicht zu mahnen, nicht um Ihr Mitleid zu wecken, Mr. Moore.« Sie wandte sich Rebekka zu. »Aber Sie sehen jetzt, wie das große Rad des Schicksals wirkt. Es hat Sie zu mir gebracht, oder mich zu Ihnen, und das hat einen Grund. Das Schicksal hat sich mit meinem Wunsch nach Rache vereint. Es hat mir die Waffen gebracht, die ich brauche, denn, Rebekka, ich glaube keinen Moment lang, dass Sie Mr. Moores Frau sind …« – sie lächelte – »… genauso wenig wie sein Name Moore ist.« Ihr Blick schweifte zu Bourne zurück. »Mr. Moore, Sie würden nie im Leben Ihre Frau auf eine solche Mission mitnehmen, genauso wenig wie Sie sie in einen Tigerkäfig ließen.«
Sie hob einen Zeigefinger. »Und glauben Sie mir, sich mit Maceo Encarnación anzulegen ist so, als würde man in das Territorium eines Tigers eindringen. Es gibt keine Gnade, keine zweite Chance, höchstens, wenn man Glück hat, den Tod.« Sie dämpfte ihren Zigarillo aus. » Aber wenn Sie sehr viel Glück haben und extrem schlau sind, dann könnten Sie den Tigerkäfig nicht nur lebend verlassen, sondern auch noch erreichen, was Sie und ich uns wünschen.«
17
Tulio Vistoso traf mit einer Mischung aus Angst und Zorn in Washington, D.C., ein. Er hatte sich darauf verlassen, dass Florin Popa das Geld sicher verwahrte, das er, Don Tulio, auf dem steilen, tückischen Pfad am Cañón del Sumidero, östlich von Tuxtla Gutiérrez, so clever gestohlen hatte. Nie hätte er gedacht, dass man die Geldscheine, mit denen er die dreißig Millionen ersetzt hatte, als Fälschung erkennen würde. Doch Popa hatte offenbar versagt, und sein eigenes Leben war ebenfalls verwirkt, wenn er Don Maceo und seine allmächtigen Partner nicht rasch besänftigen konnte.
Er schäumte immer noch vor Wut über dieses Desaster, als er im Jachthafen eintraf und sah, dass es auf der Cobalt auf Liegeplatz 31 nur so von Bullen wimmelte, und nicht bloß Bullen, wie er zu seinem Entsetzen erkannte, sondern Federales . Die roch er kilometerweit gegen den Wind. Geschockt sah er, dass das Boot gut bewacht und mit gelbem Absperrband gesichert war.
Herrgott im Himmel, was ist geschehen? Instinktiv blickte er sich um, als würde Popa hier irgendwo lauern. Wo zum Teufel steckte er? Hatte er sich mit den dreißig Millionen aus dem Staub gemacht? Don Tulios dreißig Millionen. Ein erschreckender Gedanke. Oder noch schlimmer, hatten die Federales sie gefunden? Hatten sie Popa festgenommen? Mit zitternder Hand schrieb er mehrere Nachrichten an seine Stellvertreter, in dem verzweifelten Bemühen, die dreißig Millionen so schnell wie möglich wieder aufzutreiben.
Der Azteke hätte sich vor Wut die Haare ausreißen können, doch er riss sich zusammen, drehte sich um und ging. Er wischte sich über die Stirn. Trotz der Kälte schwitzte er.
Vor ihm hielt ein Auto auf dem Parkplatz, ein junger Mann sprang heraus und lief an ihm vorbei auf den Landungssteg und weiter zum Liegeplatz 31. Der Azteke spürte, dass das etwas zu bedeuten hatte, und machte kehrt. Die Bullen auf dem Boot scharwenzelten sofort um den Neuankömmling herum: eindeutig El Jefe . Interessant , dachte Don Tulio und überlegte es sich anders; statt so schnell wie möglich das Weite zu suchen, blieb er möglichst unauffällig in der Nähe. Er schritt über den Landungssteg und suchte sich ein verlassenes Boot aus – nicht zu nahe, aber auch nicht zu weit von der Recursive entfernt. Er stieg an Bord und machte sich hier und da zu schaffen, während er den Neuankömmling belauschte.
Zum Glück war es sehr still im
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