Der Brand der Cheopspyramide
nahm den Kampf mit dieser Glut auf.
Weiß wurde die Wolke, die eben noch schwarz über Warnum stand. Immer weiter breitete sich der milchige Nebel aus, immer stärker verhüllte er den schimmernden Glanz der glühenden Insel. Einem riesenhaften Bergkegel vergleichbar stand die Nebelbank über Warnum. Man sah es deutlich von Baltrum, wie der Orkan die Nebelmengen von allen Seiten her zusammenfegte, sie wie die weißen Haarsträhnen eines mächtigen Hauptes kämmte und in unendliche Höhen emportrug.
Weiß schimmerte von innen her der Lichtschein der glühenden Insel durch diese Dampf- und Nebelbank.
Die Stunden verrannen. Da begann das Wasser allmählich des Feuers Herr zu werden. Da endlich machte sich die kühlende, löschende Wirkung der von allen Seiten her auf das Eiland stürzenden Meeresfluten bemerkbar.
Schwächer wurde das Leuchten der Nebelmassen. Gelblicher und schließlich rötlich der Schein.
Blutrot jetzt die ganze Masse, als ginge dort im Westen die Sonne schon unter. Schwächer und schwächer der Schein. Schwächer auch der Orkan. Jetzt nur noch ein Sturm, jetzt nur noch ein Wind.
Jetzt wagten sie sich aus dem festen Schalthause heraus. Über den zerrissenen, zerwaschenen Strand hin gingen sie bis ans Meer. Zagend noch und vorsichtig schöpfte da einer eine Handvoll Wasser und fühlte, das Meer war lauwarm. Das unendliche Meer hatte den Atombrand gelöscht, hatte diese unendlichen, als Wärme freiwerdenden Energiemengen in sich aufgenommen und war auf meilenweite Entfernung hin dadurch erwärmt worden.
Der letzte Schimmer dort drüben verglomm, und die Nacht zog herauf. Ein neuer Tag kam mit hellem Sonnenglanz. Da lag es noch, Warnum, dort drüben an der Westkimme, aber es war nicht wie sonst. Kleiner, viel flacher war die Silhouette der Insel geworden. Wie abgeplättet, wie abgeschmolzen sah das Eiland von hier aus.
Ruhig wie ein Spiegel lag die See. Kaum ein Lüftchen regte sich. Da wagten sie es. Im schnellen Motorgleitboot fuhren sie hinüber. Kamen näher… immer näher, und ihre Mienen versteinerten, ihre Blicke erstarrten.
Nichts mehr von dem, was gestern noch auf Warnum stand. Kein Turm, kein Haus, kein Baum, kein Strauch. Verschwunden alles, geschmolzen… gefressen von der entfesselten Energie. In hartes, klares Glas verwandelt der weiße Dünensand. Glasiger Fels der ganze Strand. Eine schimmernde, flache Lavakuppe, wo früher Warnum lag, wo gestern noch das Riggers-Werk stand.
Weithin war der Donner der Katastrophe gehört worden. Bis an die Küste des Festlandes war die riesige Flutwelle gelaufen, Zerstörung… Vernichtung mit sich tragend. Von weither hatten Schiffer und Flugschifführer die Fackel des Brandes leuchten sehen. Von allen Seiten her schwirrte es durch den Äther. Fragen… Gerüchte… Vermutungen.
Sie jagten sich, überschlugen sich, stürzten die Welt in Verwirrung.
Bis die erste Depesche von Baltrum an die Riggers-Werke kam:
5,2 Millionen. Atomenergie frei. Warnum verbrannt.
*
Jolanthe und die Fürstin Iraklis saßen am Teetisch. Jolanthe rührte mechanisch mit dem Löffelchen in der Schale. Nur mit Mühe bewahrte sie äußerlich den Gleichmut.
»Fürst Murad muß jeden Augenblick kommen. Er ist seit gestern unaufhörlich in Bewegung. Ständig in Verbindung mit der politischen Polizei.«
Jolanthe nickte mechanisch.
»Und wann fuhren sie zur Jagd? Abdurrhaman und Ahmed Fuad?«
»Heute morgen. Sagte ich dir das nicht schon?« erwiderte die Fürstin.
Der Löffel entfiel Jolanthes Hand und klirrte zur Seite.
»Mag sein. Ich überhörte dich wohl. Zur Jagd, sagst du? Vielleicht, daß doch etwas anderes, Wichtigeres…«
»Ich glaube nicht, Jolanthe. Sie fuhren allein, nur in Begleitung des Jagdpersonals. Prinz Ahmed war heute morgen hier. Es war ihm sichtlich nicht angenehm, heute zur Jagd mitfahren zu müssen. Er schien Wert darauf zu legen, dich zu sprechen.«
Jolanthe zwang sich zu einem Lächeln.
»Ah! Er wollte gute Botschaft von mir hören.« Sie wiegte den Kopf. »Ich habe zwar in der letzten Zeit die Angelegenheit mit Modeste wenig betrieben. Ich habe da überhaupt nicht allzu große Hoffnung mehr.«
»Oh, Jolanthe! Das wäre aber…« unterbrach sie die Fürstin.
»Das Ganze müßte, wie ich Modeste kenne, anders angefaßt werden«, fuhr Jolanthe fort. »Ihr kühles Blut vermag sich nur schwer zu entzünden. Prinz Ahmed… wie ein Feuerbrand müßte er über sie kommen, daß sich an seiner Glut ihr Herz entflammt. Die Maske sollte er fallen
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