Der Brennende Salamander
Nachmittag zu Rocco, Daniele und mir in das Atelier kam, hatte sie Angst.
Sie war allein, da Messer Orelli zu einer seiner längeren Reisen aufgebrochen war, und sie wußte, sollte Brigida etwas zustoßen, würde sie ein Großteil der Schuld zu tragen haben, da sie diejenige gewesen war, die nun schon über Monate diese Hochzeit und die Verbindung zur Familie Noldani vorantrieb. Und um der Sache noch die Krone aufzusetzen, hatte sie bereits in einem Kloster angefragt, ob man dort bereit sei, ihre Tochter aufzunehmen. Wir waren ganz sicher, daß Brigidas Vater von diesem Schritt nichts wußte. Und da seine Tochter offenbar lieber zwei Zimmer in Prato bewohnte und ihrer Schwägerin beim Backen der biscotti half, als hinter Klostermauern ihr Leben zu Ende zu bringen, war sie hingefahren.
So kam es, daß wir Mona Orelli zum erstenmal um etwas bitten sahen, und dabei mußte ihr klar sein, was sie von uns forderte: ihre Tochter aus einer dem Untergang geweihten Stadt herauszuholen, in der bereits die Soldateska wütete. Sie stand unter unserer Tür, ihre stets korrekte Haube saß schräg, ihr Gesicht war seltsam verändert.
Er wird mich aus dem Haus weisen, wenn ihr etwas geschieht, flüsterte sie. Diesmal wird er es wahrmachen.
Auf diese Art und Weise erfuhren wir erstmals etwas über die Hintergründe dieser Ehe, vor allem, daß Messer Orelli offenbar nicht so ganz ohne Macht war, wie es uns ständig geschienen hatte.
Würdet ihr versuchen, sie zu retten?
Keiner von uns sagte etwas. Wir nickten nur stumm, und jeder wußte, was dieses Kopfnicken bedeutete: Es konnte unser Tod sein, wenn alles stimmte, was aus Prato zu uns in die Stadt drang.
Waffen liegen im Schrank von Messer Orelli, flüsterte Mona Orelli, als sei sie ihrer normalen Sprache nicht mehr mächtig. Ich hoffe, ihr könnt mit einem Gewehr umgehen.
Wir schauten uns an – ich konnte es nicht. Ich konnte Posaune blasen, aber davon würden sich die Soldaten wohl keinesfalls in die Flucht schlagen lassen. Rocco hatte sich zwar schon immer für Waffen interessiert, doch im Umgang mit ihnen dürfte er wenig geübt gewesen sein. Und Daniele war ganz gewiß zu schwach, um eine Schuß- oder andere Waffe zu handhaben, und auf sein intensives Gottvertrauen, mit dem er gewöhnlich sämtliche Probleme zu bewältigen versuchte, konnte er sich in diesem Fall wohl kaum verlassen. Also entschied er sich bleichen Gesichts für ein langes Messer und einen schartigen Dolch, als wir kurz darauf vor dem Waffenschrank unseres Wohltäters standen. Rocco und ich nahmen uns Gewehre und dazu ebenfalls je einen Dolch.
Ihr könnt seine Pferde nehmen. Wieder flüsterte Mona Orelli und führte uns in den Stall, in dem auch unsere Stute stand. Mit diesem Klepper kommt ihr nicht einmal bis zum Stadtrand.
Und wo, meint Ihr, daß wir sie suchen sollen? fragte Daniele.
Rocco lachte bissig auf. Wir finden sie ganz gewiß beim Bummeln über die große Piazza, oder?
Laß ihn in Frieden! sagte ich zornig. Er war nie zuvor in einer solchen Situation. Und wenn ich dich fragen würde, wohin du in solch einer Situation gehen würdest, würdest du die Kirche wohl auch vergessen, oder?
Da dürftest du recht haben, antwortete Rocco, aber wenigstens sollten wir irgendeinen Anhaltspunkt haben, wo wir sie suchen können.
Mona Orelli zuckte mit den Achseln. Sie kann überall sein. Aber sicher findet ihr sie am ehesten in der pasticceria des Bruders ihres Bräutigams. Aber sie könnte sich auch bei irgendwelchen Freunden verstecken oder vielleicht in der Bankfiliale des Messer Noldani. Auf jeden Fall, die pasticceria ist in der Nähe des Castello dell' imperatore.
Wir nahmen zunächst den Pfad entlang des Arno, da die Stadt bereits mit allen möglichen Menschen vollgestopft war: Reste von Machiavellis Miliz, Flüchtlinge aus Prato, Kaufleute, die mit ihren Warenladungen vom Krieg überrascht worden waren, Anhänger der Medici, die nunmehr in aller Öffentlichkeit beisammenstanden, bereit, möglichst bald in den Palazzo Pitti einziehen zu können.
Während des Ritts versuchte Rocco, mir die Handhabung eines Gewehrs beizubringen, aber nach einer Weile gab er es auf und meinte, er sei schon froh, wenn ich das Gewehr nicht verkehrt herum halte und mich in die Brust schieße.
Im Ospedale haben sie uns andere Dinge beigebracht, als mit Gewehren umzugehen, sagte ich verärgert. Da halte ich es lieber mit Daniele …
Ja, versuch es einfach mit Beten! unterbrach mich Daniele zuversichtlich. Das ist
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