Der Briefwechsel
daß die Skizze vom Verfasser stammt. Es war ja nur, damit ich vor dem Berg ruhiger würde.
Danke auch für die Zusendung Deiner Antworten auf den Fragebogen. Manches hätte ich wohl genauso beantwortet. (Man denkt bei so etwas unwillkürlich mit.) 1
Es fällt mir im Moment wieder einmal schwer, zu arbeiten. Manchmal komme ich mir tatsächlich dumm vor; wie es »begriffsstutzig« gibt, so auch »bildunfähig« – wenn die
410 schöne Mitte nicht aufzuspüren ist zwischen abstrakt und konkret, wo das ewige Gesetz lebt. Immer wieder muß ich wohl als Nichts und Niemand anfangen. Schwer, sich daran zu gewöhnen.
Herzlich,
Dein Peter
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Die Antworten von S. U. auf den Fragebogen, den Marcel Proust zweimal ausfüllte, erschienen im Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 30. Mai 1980.
[314; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
19. Juni 1980
Lieber Peter,
habe Dank für Deinen Brief vom 12. Juni. Wir wollen uns diesmal ganz besondere Mühe mit den Korrekturen geben. Ich habe jetzt auch den Text noch einmal gelesen, er nimmt sich schön, sicher und selbstverständlich aus.
Wir werden Ende der kommenden Woche den nächsten Abzug der Korrekturen bekommen; er geht Dir dann zu, auch dieser wird hier im Hause noch einmal von zwei Personen gegengelesen.
Ich freue mich sehr, daß Dir der Umschlagentwurf gefällt; wir nehmen also die rot-graue Version, und wir lassen offen, von wem die Zeichnung stammt; alle werden meinen von Cézanne.
Ich kann gut verstehen, daß Du nach Abschluß einer solchen Arbeit »bildunfähig« wirst. Kein Mensch auf der Welt könnte dauernd in dieser Konzentration arbeiten, und sicher ist jeder Anfang ein Anfang, aber als Nichts und Niemand wirst Du nicht beginnen, und wenn Du im Prozeß des Schreibens bist, wird sich jene Mitte auch einstellen.
411 Wo bist Du Freitag, 25. Juli, vormittags oder mittags? Ich würde mich sehr freuen, Dich dann zu sehen. Ich besuche abends mit Hilde einen Empfang aus Anlaß der Eröffnung der Salzburger Festspiele.
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
[315; handschriftlich]
[Salzburg]
30. Juni 1980
Lieber Siegfried,
ich schicke den Umbruch gleich an Dich zurück; Du kannst ihn ja weitergeben. Ich hätte ihn gar nicht mehr gebraucht – aber nun habe ich doch noch ein paar Winzigkeiten revidiert.
Ich werde sicher bis Anfang August in Salzburg bleiben. Und gern würde ich Euch hier oder in der Nähe sehen. Es ist möglich, daß ich um den 20./22. Juli Amina am Flughafen in Frankfurt abhole (wenn sie aus Berlin kommt). Ich rufe noch an.
Jetzt fängt ja der Sommer an, und ich denke mir Dich gern im Verlag bei der Arbeit. Vor einem Jahr waren wir in Königstein, und der Abend geht mir nach, auch einfach als ein Abend. Hier regnet es fast immer (im Moment gerade nicht), und die Schnecken kriechen. Grüß bitte Frau Zeeh wieder einmal von mir.
Herzlich,
Dein Peter
412 [316; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
2. Juli 1980
Lieber Peter,
habe Dank für Deinen Brief vom 30. Juni und für den zurückgesandten Umbruch. Herr Fellinger und der Korrektor haben noch einen Korrekturgang gemacht, Herr Fellinger wird Dich auch noch einmal wegen einer Winzigkeit anrufen, danach, hoffe ich, daß wir fehlerfrei sind.
Wenn Du am 20./22. Juli in Frankfurt bist, willst Du nicht bei mir übernachten? Ich bin allein in der Wohnung Nordendstraße 65.
Hilde ist in der Schweiz bei einem I-Ging-Kurs, aus diesem Grund wird sie auch nicht am 25./26. Juli nach Salzburg kommen. Ich werde also allein dort sein. Ich hoffe jedenfalls sehr, Dich zu sehen. 1
Hoffentlich quält Dich der Regen nicht allzu sehr, auch hier ist es regnerisch mild.
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
P. S.: Wir haben bei Gallimard die Verkaufsauflage von »La femme gauchère« erfragt: Bis November 1979 gab es 9 Auflagen. Die Gesamtauflage beträgt derzeit 33.550 Exemplare. 2
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S. U. notierte in seinem Reisebericht Salzburg, 24.-26. Juli 1980: »Peter Handke, 26. Juli 1980. Ruhig, freundlich. An sich wollten wir wegfahren, aber da das Fahren so kompliziert war, ich zudem noch fastete, blieben wir im Hause. Die Tochter Amina aß ihre Erbsensuppe, sie ist jetzt elfeinhalb Jahre alt, ein sich ausprägendes Gesicht mit einem kindlichen Körper. Auf dem Klavier Stücke ›
413 Amina‹ von Paul Lincke. Gespräche über Gott und die Welt, über die Eröffnung der Festspiele, jede auch nur leiseste Kritik an Österreichischem wies Handke zurück und begegnete
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