Der Briefwechsel
vor meinem Paris-Besuch falsch informiert worden, und die drei Exemplare gingen an die › FAZ ‹ ›Spiegel‹ ›Focus‹ – nun ausgerechnet darunter die zwei Organe, die Handke immer übel verfolgt haben. Dies hat dann zum Zusammenstoß Handke-Fellinger am Samstag,
649 dem 29. Oktober, geführt, bei dem ich wirklich als Lügner beschimpft und Fellinger und die anderen im Verlag als ›Verbrecher‹ bezeichnet wurden. […] Nach eineinhalb Stunden wollte er dann das Gespräch als beendet ansehen, er habe nun gesagt, was er sagen wollte; wir gingen auf eine Stunde ins ›Block-House‹, dort war vom Jahr seines Schreibens nicht mehr die Rede. S. U. hielt sich vom 4.-20. Dezember 1994 in der Kurklinik Buchinger in Überlingen auf.
»Wohin ich in Wahrheit gehöre«. Ein Uwe-Johnson-Lesebuch . Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von S. U., erschien 1994 im Suhrkamp Verlag.
650 1995
[534; Anschrift: Chaville]
Frankfurt am Main
13. Februar 1995
Lieber Peter,
ich schicke Dir hier einen Brief von Herrn von Wehrenalp und meine Antwort. Ich füge unsere Anzeige bei, die in der »Zeit« erschienen ist. 1
Ich hoffe, es geht Dir gut!
Herzliche Grüße
[Siegfried Unseld]
1
Die Anzeige für Mein Jahr in der Niemandsbucht erschien in Die Zeit , 10. Februar 1995. Sie nahm eine Drittel-Seite ein: Neben der Abbildung des Buches wurden Stimmen aus zehn Rezensionen angeführt.
[535; handschriftlich]
[Chaville]
16. Mai 1995
Lieber Siegfried,
ja, es war schön, daß Du da warst – und Du warst wirklich da. Vielleicht ergibt sich also doch eine Art (und »Weise«) der Dauer. Was mich angeht, freut mich das Weitertun, und mehr noch das Weitersehen, mithilfe der Schreibvorhaben. In ein paar Tagen jedenfalls ziehe ich in die spanische Richtung, und um den 3. Juli kannst Du das Stück haben. 1
651 Ich habe ja schon beim Zusammensitzen von dem »Krieg im Sertão« des Euclides da Cunha geredet, und wie notwendig und erhellend ich das Lesen dieses seltsamen Epos, oder der Geschichtsschreibung, oder der Erdformenerzählung, erlebe. Es ist ein Buch, mit dem, obwohl es gar nicht sozusagen pure Literatur ist, ich wieder- und neufinde, was das Buch bedeutet, macht, schafft, ja warum nicht? »stiftet«, und wie herrlich die Bücherwelt einmal war und gegen Teufels Willen einmal wieder sein wird. Und das Allerseltenste ist die feine Pracht der Übersetzung Berthold Zillys – man spürt die andere Sprache, das Portugiesisch aus Brasilien, durch die scharfe, klare, rhythmische deutsche Sprache durch als deren Bereicherung. Und der Leser ist so froh, weil er, woher er auch kommt, aus dem kümmerlichsten kleindeutschen Winkel, dazugehört zum Hochland des Sertão und zugleich zum Licht aller großen Weltbücher, wie dieses eins ist, eins der, wie es sich wohl auch gehört, gar seltenen … 2
Und sonst grüß bitte Ulla, und Burgel Z.
vom Peter
1
S. U. traf P. H. am 13. Mai 1995 in Paris. Im Reisebericht Paris, 13./14. Mai , notierte er: »Es gab im wesentlichen folgende Punkte: 1. Handkes Enttäuschung, daß sein ›deutschestes‹ Buch doch von der deutschen Öffentlichkeit nicht entsprechend aufgenommen wurde, aber damit muß er sich abfinden. 2. Er fühlt sich nicht ausführlich genug informiert, auch nicht über Theater, sein Theater im Ausland, und wir möchten doch in Zukunft gebündelt über Frau Zeeh die Informationen zu ihm leiten. 3. Er hat ein Stück fast fertig: ›Zurüstungen für die Unsterblichkeit‹. Er geht jetzt 14 Tage nach Spanien, um die letzten Korrekturen anzubringen, dann wird er uns das Stück schicken. Er wird dann selber den Kontakt mit Claus Peymann aufnehmen, wir aber sollten den Vertrag machen, jedoch derart, daß das Zusatzhonorar an ihn direkt geht ohne irgendwelche Verlagsabzüge.«
2
Euclides da Cunha, Os Sertões. Campanha de Canudes , wurde in
652 Brasilien 1902 zuerst veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung, Krieg im Sertão , übersetzt, mit Anmerkungen, Glossar und einem Nachwort von Berthold Zilly, erschien 1994 im Hauptprogramm des Suhrkamp Verlags.
[536; Anschrift: Chaville]
Frankfurt am Main
30. Mai 1995
Lieber Peter,
Du wirst in diesen Tagen aus Spanien wieder zurücksein. Ich freue mich, daß ich nun bald Dein neues Stück lesen darf. Übrigens ist mir der Titel bei meiner Dauerlektüre der »Niemandsbucht« darin begegnet. Ich nahm damals den Titel »Not for granted«.
Ich danke Dir sehr für Deine Zeilen, wir bleiben in Verbindung.
Ich weiß
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