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Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Tee darauf, fast aggressiv, wie Sanders fand.
    »Na los, junge Frau, erzählen Sie Ihrem Chef et was über Jasper Tydmers«, herrschte sie Wencke an, als sie gerade bei ihrer Tasse angelangt war. Sie goss die braune Flüssigkeit bis knapp unter den Rand, was völlig unüblich und in Sanders’ Augen ein Zeichen von Missbilligung war.
    »Wer ist Jasper Tydmers?«, fragte Meint Britzke, der bislang völlig still, nahezu unsichtbar in der Sofaecke gesessen hatte. Nun beugte er sich vor.
    Wencke wollte gerade etwas sagen, es hätte Sanders brennend interessiert, was es gewesen wäre, doch Frau Konstantin kochte über. »Jasper Tydmers, unser Inselrevoluzzer, der mit seiner schreienden Rockmusik die Ruhe hier stört und meint, zu allem seinen Senf dazugeben zu müssen. Er hat unserer armen Leefke den Kopf verdreht, wenn Sie mich fragen, sie war richtig vernarrt in diesen Kerl, der ihr Vater hätte sein können.
    Pfui Teufel, mehr will ich dazu nicht sagen, pfui Teufel. Und ich werde mich beschweren, jawohl, bei Ihrer Dienstaufsichtsbehörde oder wie immer es bei Ihnen heißt.«
    »Aber warum denn?«, versuchte es Sanders in seinem beruhigendsten Tonfall.
    »Weil Sie ausgerechnet die Schwester dieses Kerls in die Ermittlungen eingeschaltet haben, deswegen. Das kann doch wohl nicht sein! Da muss es doch irgendeine Bestimmung geben, die so etwas verbietet wegen Befangenheit …«
    Sanders hatte falsch gelegen, sogar völlig falsch, als er dachte, die Sache hier ginge schnell und glatt über die Bühne, denn nun hatte er komplett den Faden verloren. Der einzige Lichtblick: So wie es jetzt aussah, konnte es schlimmer gar nicht kommen.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür, und ein kleiner, untersetzter Mann in einem sichtlich teuren schwarzen Anzug unterbrach Frau Konstantins Schimpftirade. Zielstrebig ging er auf Meint Britzke zu und reichte ihm die Hand. »Guten Tag, Veit Konstantin, wir hatten noch nicht die Ehre …«
    Das war noch nie passiert, dass jemand Meint Britzke für den Chef gehalten hatte, eigentlich stürmten immer alle auf Sanders zu, er sah schließlich viel distinguierter aus als Meint in seinem fleckigen, hellen Mantel mit Kapuze. Schließlich war Sanders an der Reihe und empfing einen fast schmerzhaften Händedruck, den er den kleinen, wurstigen Fingern gar nicht zugetraut hätte. Sanders wollte sich vorstellen, doch er wurde von Konstantin unterbrochen, dessen schwammiges Gesicht sich bereits gefährlich gerötet hatte.
    »Ich bin vorhin nicht dazu gekommen, es einmal klipp und klar und in aller Deutlichkeit zu sagen: Wenn eine Schwester von Jasper Tydmers an den Ermittlungen beteiligt ist, dann werden Sie von uns kein Wort erfahren. Punkt und Schluss.«
    Wieder holte Sanders Luft, doch keine Chance.
    »Nicht dass wir etwas zu verbergen hätten, doch wir haben für heute bereits genug Leid erfahren. Es kann mir und meiner Frau nicht zugemutet werden, dass wir unsere Aussagen an jemanden weitergeben, der Herrn Tydmers gegenüber voreingenommen ist. Schon allein, dass Sie einen billigen Vorwand genutzt haben, um sich in unser Haus zu schleichen, ist eine Unverschämtheit, Frau Tydmers.«
    Dieses Mal beobachtete er Wencke, die den Mund öffnete, um sich zu rechtfertigen, es jedoch aufgab. Sanders konnte sich keinen Reim machen auf dieses Possentheater, er kannte nur seine Kollegin und ihre manchmal nicht ganz korrekten Wege der Informationsbeschaffung. Er wünschte, in diesem Fall wäre es anders. Er wünschte es sich wirklich, aber er glaubte nicht daran.
    »Wenn es nicht solche Männer gäbe, die um die vierzig sind und blutjungen Mädchen schöne Augen machen und das Blaue vom Himmel erzählen und so weiter, dann gäbe es auch nicht solche tragischen Selbstmorde wie den meiner Ziehtochter. Wer weiß, was dieser Möchtegernmessias mit dem armen Kind angestellt hat, als er ihr Vertrauen erschlichen hatte. Das werden wir nie erfahren, nie, dieses Geheimnis hat Leefke mit in den Tod genommen. Aber wenn ich diesen ›Brombeerpiraten‹ in die Finger bekomme, bei Gott, dann werde ich jedes Wort eigenhändig aus ihm herausquetschen.«
    Sanders hatte Wencke Tydmers noch niemals so bleich und still wie in diesem Augenblick gesehen. Was hatte sie um Himmel willen nur hier verloren? Warum war sie nicht in der kanarischen Sonne und genoss ihren zweifelsohne wohlverdienten Urlaub? Stattdessen tauchte sie auf Norderney auf, mitten in seiner Ermittlungsarbeit, und ließ sich beschimpfen wegen eines Bruders, von

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