Der Bronzehändler
Schweiß, Schminke und Duftsalben fühlte Karidon, nach Jahren, dass er glücklich war; er misstraute seinem Gefühl, suchte den Weg aus dem Inneren des weitverzweigten, stillen Palastes und blinzelte in der Sonne.
Als er auf taufeuchten Plattenwegen zum Gästehaus ging und die Schwäche in Knien und Lenden spürte, Schweiß in den Spuren der Fingernägel, lächelte er in das Gestirn des Re hinein. Die Sonne blendete; er drehte den Kopf und sah auf der Brüstung einer schrägen braunen Mauer, neben dem würfelförmigen Taubenturm, eine halbnackte Gestalt, die eine flügelschlagende Taube in der linken Hand hielt und einen drei Finger breiten Streifen von ihrem Fuß abwickelte. Ein Priester? Der magere junge Mann kletterte jenseits der Mauer die Stufen einer unsichtbaren Treppe hinunter und verschwand in den senkrechten Schatten zwischen den Tempelsäulen. Karidon gähnte; er maß dieser Beobachtung keine Bedeutung zu und schlief ungestört bis zum späten Nachmittag. In den Nachtstunden, sagte er sich, hatte er zweimal die Macht menschlicher Götter gestreift.
Tama-Hathor-Merit hatte ihre Macht ausgekostet und ihm befohlen, sie zu lieben; er hatte jede Stunde davon genossen; für einen Augenblick war ihm, als habe ihn eine Göttin berührt.
Abends, im Tor des Gästehauses, hatte Nefer-Ihat Karidon angesprochen; sie sah erstaunt, fast verwundert in seine Augen und bat ihn, im Namen Tama-Hathor-Merits, in den Palast. Sie führte ihn eine Treppe zum Palastdach hinauf und unter das Sonnensegel, von dessen Seiten Mückenvorhänge hingen. Die Prinzessin saß vor einem niedrigen Tisch, auf dem Tonröhren voller Schreibrollen, Krüge, Becher und Schalen standen. Öllampen brannten mit langen Rußfäden. Tama-Hathor stand auf und breitete die Arme aus.
»Ich hab darauf gewartet, dass du mich einlädst«, sagte Karidon lachend. »Ein unbedeutender Seemann wagt sich nicht in den Palast. Noch wohnen wir im Gästehaus, Schönste.«
»Ich weiß, Kari.« Tama-Hathor zog ihn zu einem Sessel und wartete, bis Nefer-Ihat die Schalen mit Wein gefüllt hatte. Dann sagte sie nachdenklich: »Jede Stunde wird kostbar; die Zeit rennt. Euer Schiff wird bald chant gerudert.«
»Wir haben mit Jehoumilq und Sokar-Nachtmin über alles geredet. Ein paar Fragen sind noch nicht beantwortet.« Karidon hob die Schale und betrachtete die Prinzessin; sie erschien ihm schöner als gestern Nacht. Gleichzeitig verstand er, dass Kleidung, Schmuck, Umgebung und jede Geste, wie bei Chakaura und Ikhernofret, ein Stück jener Macht zeigten, die das Große Haus von den Göttern erhalten hatte. »Ich soll nur dir berichten, was wir in Kush und Wawat ausspähen.«
»Du sollst nur mir etwas von dir berichten, Kari«, sagte sie leise und setzte sich auf seine Knie. »Gestern Nacht haben wir uns, glücklicherweise, einige Male dabei unterbrochen. Ich bin sicher, ich lass dich auch heute nicht ausreden.«
Karidon legte die Arme um sie und murmelte: »Es sind schöne, leidenschaftliche Unterbrechungen gewesen. Ich wollte dir die Grenzen meiner Fähigkeiten zeigen.«
»Ich kenne sie noch lange nicht, glaub mir.« Sie küsste ihn und hielt seine Zunge mit den Zähnen fest. »Und du kennst längst nicht alle meine Erfahrungen. Was willst du mir erzählen?«
Er schob die Finger in ihr langes Haar, bog ihren Kopf zurück und sagte: »Eine seltsame Geschichte. Mir zeigt sie, dass ich manches nicht durchschaue in der Wirrnis meines Lebens, dessen Anfang ich nicht kenne. Es geschah erst vor kurzer Zeit, in Klevs bei Kit auf Alashia, hoch über den salzigen Sümpfen, in denen Schwäne, Reiher und rote Deshera-Stelzvögel hausen. Drei Tage, bevor die Horus nach Gubla ablegte. Hör zu, Tamahat; es dauert nicht lange:
»Einen Siebentag brauchen wir zum Handeln hier in Mnis.« Jehoumilq beschattete die Augen mit der Hand und sah den Ruderern nach, die Warenproben zum Marktplatz trugen. Er musterte Karidon mit scharfen Blicken. »Du wagst dich also ins Herz deiner Vergangenheit? Du weißt genau, was du tust?«
»Ich hab jahrelang darüber nachgedacht«, sagte Karidon leise. Er lächelte. »Jetzt will ich's wissen. In die neue Zeit will ich ohne Albträume segeln. Drei, vier Tage, Jehou, dann bin ich wieder beim Schiff.«
»Willst du nicht lieber Netji mitnehmen? Ich kann auch ohne ihn mit Gewinn handeln.«
Karidon zupfte an der geflochtenen Lederschnur, die das Doppelbeil auf dem Rücken hielt, legte die Hand auf die Dolche und nickte zum Eselstreiber
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