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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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mal.«
    »Das ist kein Grund, nicht von ihm zu reden.«
    »Für mich wohl.« Sie stand auf. »Ich muß auf die Toilette.« »Eleanor«, schrie ich zum ersten-, aber nicht zum letztenmal in meinem Leben. »Eleanor, warum reden wir nicht über alles?«
    »Du weißt doch nur, wie man etwas nimmt, und nicht, wie man etwas gibt. Du kannst andere Menschen nicht verstehen. Es wäre viel zu gefährlich für mich, wenn ich mich dir anvertrauen würde.«
    Und weg war sie, ließ mich einfach stehen.
    Ich sah mich um. Schließlich war ich ja ein Detektiv im Dienste der Arbeiterklasse. Terry hatte das Ausmaß an Reichtum, mit dem wir es hier zu tun hatten, gründlich unterschätzt. Ich würde mal ein Wörtchen mit ihm über seine Schnüffler reden müssen. Pykes Haus war ein imposantes Gebäude, innen mit dunkelroten und grünen Wänden, an denen moderne Gemälde hingen - ein paar von Marlene, ein Foto von ihr, aufgenommen von Bailey - und Möbeln aus den Sechzigern: niedrige Couchtische mit Katalogen von Caulfield und Bacon und den beiden gebundenen Bänden der Biografie Nye Bevans von Michael Foot; drei Sofas in pastellfarbenen Tönen, darüber indische Friese und an der Wand eine Gipsskulptur aus Drähten und Glühbirnen, die aussah wie eine überdimensionale Möse. An einer anderen Wand lehnten drei von Pykes Auszeichnungen, eingerahmt, und auf dem Tisch standen ein Statuettenpaar und eine Schale aus geschliffenem Glas, in die Pykes Name eingraviert worden war. Von seinen Stücken waren weder Poster noch Fotografien zu sehen. Ohne die Auszeichnungen hätte kein zufälliger Besucher Pykes Beruf erraten können.
    Eleanor kam zurück, als die beiden Ms gerade mit federnden Schritten die weite Treppe herunterkamen, Pyke in schwarzen Jeans und schwarzem T-Shirt, Marlene etwas exotischer in einem kurzen weißen Kleid mit bloßen Armen und Beinen, dazu weiße Ballettschuhe. Marlene sah bezaubernd aus. Ihr Lächeln strahlte eine ursprüngliche, kompromißlose Sexualität aus, dabei war sie, wie meine Mutter sich ausgedrückt hätte, kein junger Hüpfer mehr. Das irische Dienstmädchen servierte uns Truthahnsalat, und wir setzten uns, balancierten das Essen auf unserem Schoß und tranken noch mehr Champagner. Ich war hungrig und hatte extra das Mittagessen ausfallen lassen, um das »Abendessen« besser genießen zu können, doch jetzt bekam ich kaum etwas herunter. Marlene und Matthew sahen auch nicht gerade so aus, als würde es sie interessieren, was sie aßen. Ich behielt die Tür im Auge und erwartete, daß noch mehr Leute auftauchen würden, aber niemand kam. Pyke hatte gelogen. Er wirkte heute abend sehr still und irgendwie abwesend, als wäre es ihm zuviel, das Schauspiel einer Konversation zu inszenieren. Er murmelte nur einige Klischees und schien damit die Banalität des Abends noch unterstreichen zu wollen.
    Marlene bestritt den größten Teil der Unterhaltung, und um kein Schweigen aufkommen zu lassen, stellte ich so viele Fragen, daß ich mir schon wie ein Fernsehinterviewer vorkam. Sie erzählte uns von den separaten Eingängen, durch die Prostituierte ins Unterhaus gelangten, und während wir unseren Truthahn aßen, servierte sie uns die Geschichte von dem Labour-Abgeordneten, der beim Sex gerne zusah, wie Hühner abgestochen wurden.
    Marlene hatte einige Thai-Stengel, und wir rauchten unseren Verdauungs-Joint, als Pykes Sohn Percy hereinkam, ein blasser und launisch aussehender Junge mit rasiertem Schädel, Ohrringen und dreckigen Klamotten. Er sah viel zu hart und schlampig aus, um etwas anderes sein zu können als ein Mitglied der liberalen Mittelklasse. Zitternd vor Erwartung fuhr ich meine Terry-Antenne aus.
    »Übrigens«, sagte Pyke zu dem Jungen, »weißt du, wer Karims Stiefbruder ist? Charlie Hero!«
    Der Junge war wie ausgewechselt. Er wurde ganz hektisch und stellte Fragen. Plötzlich wirkte er viel lebhafter als sein Vater. »Ich vergöttere Hero. Erzähl, was ist er für ein Typ?« Ich gab ihm eine kurze Charakterskizze. Aber ich wollte auch Terry nicht enttäuschen, und hier war meine Chance gekommen.
    »Auf welche Penne gehst du?«
    »Westminster. Absolute Scheiße.«
    »Ja? Voller Privatschultypen?«
    »Voller idiotischer Mittelklasseklugscheißer, und die Alten sind alle beim BBC. Ich wollte auf eine Gesamtschule, aber die beiden hier waren dagegen.«
    Er ging aus dem Zimmer. Und für den Rest des Abends hörten wir aus dem ersten Stock die gedämpften Klänge des ersten Albums der Condemned, »The

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