Der Buddha aus der Vorstadt
veranstaltet, oder »Feten«, wie Ted sie nannte. Mein Bruder Allie, Ted und ich bauten dazu ein großes Zelt auf dem Rasen auf und warteten atemlos auf die Ankunft der besseren Gesellschaft von ganz Südlondon und Kent. Die wichtigsten Bauunternehmer, Bankdirektoren, Steuerberater, lokalen Politiker und Geschäftsmänner mit ihren Frauen und Flittchen kamen. Allie und mir machte es Spaß, in dieser duftenden Meute herumzulaufen und die mit Aftershave und Parfüm geschwängerte Luft zu riechen. Wir servierten Cocktails und reichten Erdbeeren, Sahne und Törtchen oder Käse und Schokolade; manchmal kniffen uns die Frauen dafür in die Wangen, und wir versuchten, ihren Töchtern unter die Röcke zu fassen.
Mum und Dad fühlten sich auf diesen großen Veranstaltungen, bei denen die Menschen nur an ihrem Geld gemessen wurden, immer fehl am Platz und fanden, daß man sie herablassend behandelte. Sie kennenzulernen, brachte niemandem einen Gewinn, und sie wollten von keinem der Gäste etwas. Irgendwie schienen sie immer falsch angezogen zu sein und leicht schäbig auszusehen. Nach einem Eimer Bowle wollte Dad dann meistens über die wahre Bedeutung des Materialismus diskutieren, und darüber, warum man allgemein annahm, daß wir in einer materialistischen Zeit lebten. Die Wahrheit sei, sagte er, daß wir den Wert individueller Objekte oder ihre spezifische Schönheit nicht wirklich zu schätzen wüßten. Unser Materialismus feiere die Habgier, Habgier und Prestige, aber nicht das Sein und die Beschaffenheit der Dinge. Solche Gedanken hörte man auf Jeans Parties nicht gern; meine Mutter winkte meinem Dad dann verstohlen zu und machte ihm Zeichen, daß er den Mund halten solle: er wurde dann schnell depressiv. Mums Ehrgeiz war es, unbemerkt zu bleiben,
so wie alle anderen zu sein, und Dad wollte am liebsten auffallen wie ein Jongleur auf einer Beerdigung.
Ted und Jean waren damals so etwas wie ein Königspaar - reich, mächtig und einflußreich. Jean brillierte im Vermitteln von Kontakten geschäftlicher und auch romantischer Natur. Sie führte über die örtlichen Liebesgeschichten Buch, mischte sich in zahlreiche Affären ein, warnte, gab Ratschläge, umwarb und förderte bestimmte Ehen, riß unpassende Verbindungen gnadenlos auseinander. Sie wußte, was überall geschah; sie kannte die Bewegungen auf dem Konto so gut wie das Geschehen im Bett.
Jean schien unverwundbar, bis sie sich auf eine Affäre mit einem farblosen, achtundzwanzigjährigen, konservativen Ratsmitglied aus einer alten und angesehenen, bürgerlichen Familie aus Sevenoaks einließ. Er war sexuell so gut wie unberührt, naiv und unerfahren und hatte Pickel, aber er war ihr gesellschaftlich weit überlegen. Innerhalb von sechs Monaten sprachen seine Eltern ein Machtwort, und er sah sie nie wieder. Sie trauerte zwei Jahre um ihn, und von Tag zu Tag schien Ted im Vergleich mit ihrem verflossenen, konservativen Jüngling erbärmlicher abzuschneiden. Es gab keine Parties mehr, und die Leute blieben aus.
Tante Jean kam mit Onkel Ted ins Zimmer zurück. Er war der geborene Feigling und fürchterlich nervös. Vor irgendwelchen Auseinandersetzungen oder Streitereien hatte er eine Höllenangst.
»Hallo, Onkel Ted.«
»Tag, mein Sohn«, sagte er mit jämmerlicher Stimme. Tante Jean begann ohne Umschweife. »Hör zu, Karim -« »Wie sieht’s mit Fußball aus?« fragte ich, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, und lächelte Ted an.
»Was?« fragte er und schüttelte den Kopf.
»Die Spurs stehen gar nicht schlecht da, was meinst du?« Er sah mich an, als wäre ich verrückt. Tante Jean begriff nicht, was hier vor sich ging. Ich wurde deutlicher: »Höch
ste Zeit, daß wir uns mal wieder ein Spiel ansehen. Wie wär’s, Onkel Ted?«
Eigentlich eine ganz gewöhnliche Bemerkung, aber bei Onkel Ted erzielte sie die gewünschte Wirkung. Ich war mir sicher, daß er im Streit um Dad nach dieser Anspielung wenigstens neutral, wenn nicht gar auf meiner Seite sein würde. Ich war mir deshalb sicher, weil Ted üble Scheiße gebaut hatte und nicht wollte, daß Tante Jean etwas davon erfuhr; genau wie die Gartenbankgeschichte, mit der ich Daddio in den Griff gekriegt hatte, war diese Story in meinem Kopf gespeichert, um sie gegen Ted ausspielen zu können.
Ich fühlte mich schon etwas besser.
Hier ist der Mist, den Ted angestellt hatte:
Vor einiger Zeit wollte ich unbedingt der erste indische Mittelstürmer sein, der für England spielt, und die Schule schickte mich zu
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