Der buddhistische Mönch
viele wissen Bescheid, nicht einmal die Mädchen. Es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen.«
»Erklär mir, wie die Sache läuft.«
»Wir nennen sie die X-Mitglieder. Genauer gesagt, sind das die Gründer. Ihr Geld finanziert den für sie privaten Club. Ihnen steht jedes Mädchen zu, jederzeit, an jedem Ort, für jede Dienstleistung. Eine der mamasans erhält die Nachricht, dass sie eine bestimmte Frau zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort schicken soll, und die tut dann, was man ihr sagt, denn sie weiß nichts über die X-Mitglieder. Das ist ihr auch egal, weil sie doppelt so viel verdient wie sonst und den nächsten Abend frei kriegt. Manchmal muss sie nur einfach rauf ins obere Stockwerk. Normalerweise hat sie keine Ahnung, zu wem. Wir kommen alle vom Land und kennen die High Society nicht.«
»Und das Ganze findet dann in einem der Zimmer statt wie gestern Abend bei uns beiden?«
»Nein. Es gibt auch echte, nur über einen speziellen Aufzug zu erreichende Privatzimmer.«
»Und wer sind die X-Mitglieder?«
»Was denkst du? Die Topleute in Thailand – hohe Militärs und Polizeibeamte, Banker, Geschäftsleute, Politiker. Ganz ähnlich wie die offiziellen Mitglieder, aber eine höhere Liga.«
»Das heißt also, dass die offiziellen Mitglieder letztlich nur Fassade sind?«
Nok zuckt mit den Achseln. »Sie kriegen schon was fürs Geld. Und weil es sich sehr oft um Geschäftspartner der geheimen Mitglieder handelt, zahlt sich der Beitritt für sie aus.«
Ich wende mich Nok zu, um ihr ins Gesicht sehen zu können. »Darf ich fragen, woher du das alles weißt?«
Sie schüttelt den Kopf. »Ich bin ziemlich beliebt bei den X-Mitgliedern und hab sie überredet, mich zur mamasan zu machen, damit ich keine normalen Mitglieder mehr bedienen muss. Besser ein großes Schwein einmal die Woche als ein kleines jede Nacht.«
»Und Damrong?«, erkundige ich mich. »Die war doch sicher auch beliebt bei den geheimen Mitgliedern, oder?«
Nok wendet den Kopf der Wand zu. »Schenk mir reinen Wein ein. Ist sie tot?«
»Ja.«
»Das hab ich mir schon gedacht. Stellst du Nachforschungen für ihre Familie an?«
»Na ja, so könnte man es nennen.«
Sie dreht den Kopf wieder zu mir. »Sie war nicht bei allen der Hit. Viele Männer durchschauten sie, und die Frauen fanden ihr Aussehen nicht außergewöhnlich.«
»Aber die anderen, besonders die X-Mitglieder?«
»Angenommen, einer war ganz scharf auf sie – was macht das jetzt noch, wenn sie tot ist?«
»Es ist meine Aufgabe, der Sache auf den Grund zu gehen.«
Schweigen, dann: »Sie war eine geniale Prostituierte. Das lag an ihrem Instinkt. Sie agierte schnell und instinktiv wie ein wildes Tier und wusste auf den ersten Blick, ob ein Mann ihr verfallen würde oder nicht. Diejenigen, die sie nicht innerhalb der ersten zehn Sekunden erreichen konnte, ignorierte sie. Das verschaffte ihr Zeit und Energie für die anderen. Sie begriff, was den meisten Mädchen, auch mir, verborgen bleibt.« Ich hebe fragend die Augenbrauen. »Je mehr Gedöns, desto tiefer der Fall. Das hab ich selbst gesehen.« Ihre linke Hand sucht die meine. »Aber sie war meine Freundin. Sie hat sich um mich gekümmert, mich beschützt.«
Nun sehen wir einander direkt an. »Wovor?«
»Vor einem Schwein. Ich hab ihr erzählt, dass ich ihn nicht mehr ertrage, weil er mir jede Selbstachtung raubt – natürlich kannte ich seinen Namen nicht. Er zahlte gut, war aber brutal. Sie verführte ihn, lenkte ihn von mir ab. Ihr schien Sadismus nichts auszumachen. Vielleicht war sie in dieser Hinsicht selber ein bisschen schräg. Oder ich bin einfach zu sensibel. Sie teilte sogar das Geld mit mir, das er ihr nach dem ersten Mal mit ihr gab. Jai dee mark mark. «Mit einem Kopfschütteln fügt sie hinzu: »Ich glaube, niemand hat ihn je so in der Tiefe seiner Seele erreicht wie sie. Mir gegenüber war er immer hart wie ein Diamant.«
»Wie sieht er aus?«
»Er ist Thai-Chinese, groß gewachsen, schlank, ungefähr fünfzig, ziemlich attraktiv, wenn man’s brutal mag.«
Erst nach einer ganzen Weile sage ich: »Du weißt, wer er ist, stimmt’s?«
»Ich hab’s rausgefunden.«
»Khun Tanakan?«
Sie nickt kurz, ohne den Namen auszusprechen.
»Aber gleichzeitig stand auch einer der normalen Kunden auf sie – der Anwalt Tom Smith. Von dem hast du mir erzählt.«
»Dieser Idiot. Er ahnt nicht, dass der Thai-Chinese ihn beinahe ins Jenseits befördert hätte. Wäre ihm klar gewesen, wer sein Rivale war,
Weitere Kostenlose Bücher